SAP-Aktie knickt deutlich ein: SAP dampft Ziele etwas ein - Quartalsumsatz unter Erwartungen
Europas größter Softwarehersteller SAP hat auch im zweiten Quartal Schwächen in seinem erklärten Zukunftsgeschäft gezeigt.
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Zwar übertraf das DAX 40-Schwergewicht beim operativen Ergebnis die Erwartungen der Analysten. Allerdings korrigierte SAP seine Jahresziele, weil die Cloud-Erlöse schwächer ausfielen als erwartet. Einige große Kunden aus dem öffentlichen Sektor hätten sich wegen anhaltender ökonomischer Unsicherheiten für eine Lizenz- statt für eine Cloudlösung entschieden, sagte Konzernchef Christian Klein. "Ein Trend weg von der Cloud ist das aber nicht."
In seiner neuen Prognose geht SAP für das laufende Jahr von einer währungsbereinigten Steigerung des Cloud-Umsatzes von 23 bis 24 Prozent aus, wie der Konzern am Donnerstag nach Börsenschluss mitteilte. Zuvor hatte SAP ein Wachstum von 23 bis 26 Prozent auf dem Zettel. Die Angaben beziehen sich auf das fortgeführte Geschäft, klammern die verkaufte US-Tochter Qualtrics also aus.
Die Cloud ist das erklärte Zukunftsgeschäft der Walldorfer. Kunden, die SAP-Software so nutzen, zahlen einen geringeren Betrag über eine Laufzeit von in der Regel drei Jahren - bleiben aber dann oft länger Kunde, weil sie ohne Vertrag die Software nicht mehr nutzen können. Der Umsatz ist für SAP somit besser planbar als im Lizenzgeschäft, in dem die Software für eine höhere Einmalzahlung verkauft wird. Und auf Dauer soll der Cloud-Umsatz auch rentabler sein.
Etwas zuversichtlicher wird SAP hingegen mit Blick auf das operative Ergebnis im Gesamtjahr. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) soll auf Jahressicht währungsbereinigt um 8 bis 12 Prozent zulegen. Hier hatte der Vorstand zuvor 8 bis 11 Prozent auf dem Zettel.
Im abgelaufenen zweiten Quartal fielen die Cloud-Erlöse schwächer aus als erwartet. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zogen sie zwar im fortgeführten Geschäft um 19 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro an. Analysten hatten im Schnitt allerdings mit mehr gerechnet. Insgesamt kletterten die Erlöse um fünf Prozent auf 7,6 Milliarden Euro. Als bereinigtes Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) blieben 2,06 Milliarden Euro hängen und damit 23 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Hier übertraf der Konzern die Erwartungen der Analysten, weil das Lizenzgeschäft besser abschnitt als befürchtet.
Für die Delle im Cloud-Geschäft machte der Vorstand vor allem die schwache Konjunktur verantwortlich. Das Geschäft kranke temporär daran, dass sich etwa Kunden aus dem öffentlichen Sektor nicht für eine Cloud- und damit für eine langfristige Lösung entscheiden wollten, sagte Klein. "Sie entscheiden sich aber nicht gegen die Cloud, sie verschieben den Einstieg nur auf später." Der Auftragsbestand sei nach wie vor hervorragend, auch für das zweite Halbjahr.
Das zeigt sich auch mit Blick auf den Current Cloud Backlog (CCB), also die vertraglich gesicherten Cloud-Erlöse der kommenden zwölf Monate. Wie bereits im Vorquartal legte er währungsbereinigt um ein Viertel zu auf 11,5 Milliarden Euro. Für SAPs Kernsoftware S/4 Hana kletterte der CCB währungsbereinigt um 70 Prozent auf 3,7 Milliarden Euro.
Das allein zeige, dass SAPs Kerngeschäft weiter intakt sei, schrieb Analyst Mohammed Moawalla von Goldman Sachs. Mit Ausnahme des Cloud-Umsatzes habe SAP die erhöhten Erwartungen meist erfüllt oder sogar übertroffen. Dass es bei der Cloud holpere, sei der Konjunktur geschuldet. Anlass zur Sorge bestehe nicht.
Die schwächelnde Konjunktur setze das Cloud-Geschäft auch von anderer Stelle unter Druck, sagte SAP-Finanzchef Dominik Asam. Weil die Nachfrage nach Zeitarbeitern schrumpfe, gingen auch die Transaktionen auf der Vermittlungsplattform Fieldglass zurück. Je mehr Zeitarbeiter über die SAP-Tochter vermittelt werden, desto höher liegen die Einnahmen auch des Mutterkonzerns.
Trotz alldem sprudelten bei SAP unter dem Strich die Gewinne - allerdings nicht wegen des Tagesgeschäfts. Mit dem Verkauf des US-Marktforschers Qualtrics kommt den Walldorfern ein Sonderertrag von rund 3,2 Milliarden Euro zugute. Insgesamt streicht SAP damit einen Gewinn von 3,4 Milliarden Euro ein und damit fast 17 Mal so viel wie noch ein Jahr zuvor.
Bei der Zahlenvorlage betonte Konzernchef Klein auch die Wachstumschancen durch Künstliche Intelligenz (KI). SAP sei mit seinen Daten aus der Geschäftswelt exzellent positioniert, um aus dem Trend Kapital zu schlagen. Produkte mit integrierten KI-Lösungen würden rund 30 Prozent teurer sein als ohne und damit den Umsatz antreiben, sagte Klein. Der mögliche Gesamtmarkt für SAP-Produkte dürfte sich bis 2028 auf eine Billion US-Dollar verdoppeln.
Der Trend zur KI komme SAP aber noch aus einem weiteren Grund zugute, schrieb Berenberg-Analyst Nay Soe Naing. SAP wolle seine KI-Anwendungen ausweiten - allerdings nur für cloudbasierte Produkte. "Das wird für die Kunden ein weiterer Anreiz sein, auf die Cloud umzusteigen."
SAP-CFO: Cloudgeschäft zeigt sich widerstandsfähig - KI-Umsätze ab 2024 sichtbar
Mit einer am oberen Ende gesenkten Prognosespanne für den Cloudumsatz im Gesamtjahr und einem aus Analystensicht wohl eher solide als überzeugend eingeschätzten Wachstum der Erlöse im zweiten Quartal hat SAP die Cloudeuphorie etwas gedämpft. Doch Finanzvorstand Dominik Asam sieht dennoch positive Signale, wie er im Gespräch mit Dow Jones Newswires sagte.
Gerade der Blick nach vorne, auf den Auftragsbestand (Current Cloud Backlog), zeige ein anhaltend hohes Niveau. Dieser Wert, der die gesicherten Aufträge auf Sicht eines Jahres beziffert, kletterte um ein Viertel auf 11,54 Milliarden Euro. Das Umsatzwachstum im Quartal habe sich auf dem Niveau des ersten Quartals gehalten, was zusammen mit der deutlich gestiegenen Rentabilität zeige, wie widerstandsfähig das Geschäftsmodell sei, sagte Asam.
Neues Umsatzpotenzial sieht er durch die Künstliche Intelligenz, die SAP zunehmend in seine Applikationen integrieren wird. Derzeit werden Pakete an Premiumangeboten mit KI-Funktionen geschnürt, die dann sukzessive in den Vertrieb kommen. Erste Volumina werden daher ab dem kommenden Jahr sichtbar werden. Aber bereits jetzt seien erste "Vorläufer in der Welle" erkennbar: Denn Kunden sehen das Rise-Programm von SAP als Einstieg in die Zukunft. Dieses Programm, mit dem Kunden in die Cloud gehen, soll nun in einer Premium-Version mit Künstlicher Intelligenz aufgerüstet werden. Mit dem frühzeitigen Umstieg in die Cloud ergäben sich somit bessere Möglichkeiten für die Unternehmen, zügig auf KI-Elemente zuzugreifen.
Regional zeigte das Cloud-Geschäft im zweiten Quartal zwei Seiten. In den Regionen Europa, Naher Osten und Afrika (EMEA) sowie Asien-Pazifik Japan (APJ) waren die Zuwächse mit 26 bzw 25 Prozent überdurchschnittlich, während die Region Amerika mit 17 Prozent dahinter zurückblieb. Ein Grund sei dort das sogenannte transaktionale Geschäft gewesen, z.B. bei Fieldglass, einer Plattform für Zeitarbeit. Dieses sei zum einen weniger vorhersehbar, zum anderen habe es in den USA konjunkturell bedingte Rückgänge in der Nachfrage gegeben. Bei diesen Plattformen, zu denen auch Concur und Ariba gehören, erhält SAP Gebühren für abgewickelte Transaktionen.
Beim Reisebuchungs- und -Abrechnungsportal Concur zeichnet sich nach den Worten von Asam eine Belebung ab. Nach der Corona-Phase mit arg begrenztem Geschäftsreiseverkehr und der ersten Erholung sei "der nachhaltige Trend auf unserer Seite", sagte er mit Hinweis auf den Wunsch nach mehr persönlichen Begegnungen.
Gesenkte Jahresziele machen SAP-Aktie zu schaffen
Schleppendes Wachstum im zukunftsträchtigen Cloud-Geschäft und niedrigere Jahresziele der Walldorfer haben den Anlegern von SAP am Freitag gar nicht geschmeckt. Auf der Plattform XETRA fielen die Papiere zeitweise um 4,19 Prozent auf 121,08 Euro. Die Aktien von Europas größtem Softwarehersteller sackten teilweise gogar mit 119,34 Euro auf das tiefste Niveau seit Mitte Mai ab, leicht unter ihre 100-Tage-Linie. Sie gilt als Barometer für den längerfristigen Trend. Hier fanden sich dann wieder erste Käufer, die den SAP-Aktien zurück über die für das Chartbild wichtige Marke von 120 Euro verhalfen. Mit einem Kursgewinn von 31 Prozent im laufenden Jahr gehörten die Anteilsscheine bislang aber zu den Top-Werten im DAX.
Auch Experten übten in ersten Reaktion durchaus Kritik an den Resultaten von SAP. Gleichwohl sparten sie auch nicht an Lob und sehen ihre langfristigen Anlagestorys immer noch intakt. Die verfehlten Erwartungen im Cloudbereich seien direkte Folge unter Druck stehender Investitionen der Firmen im IT-Bereich, erklärte Nay Soe Naing von Berenberg. Dies sei kurzfristig belastend für die Aktien, biete wohl aber eine gute Einstiegschance in den längeren Cloud-Wandel. Der Experte erinnerte an jüngste Investitionen in Start-ups im Bereich Künstliche Intelligenz (KI), denen er einigen Rückenwind zutraut.
Auch Toby Ogg von JPMorgan erwartet keine Gefahr für die allenfalls kurzfristig etwas behinderte Wachstumsstory. Er sieht den wieder gestiegenen Zuspruch im klassischen Softwaregeschäft S4 Hana sogar als Bonus, der mittelfristig den Ausschlag für eine gute Umsatzentwicklung geben könnte. Ogg hebt ebenfalls den KI-Bereich als langfristigen Kick heraus.
Mohammed Moawalla von Goldman Sachs erinnerte seine Leser daran, dass die meisten Bereiche die ambitionierten Erwartungen ja mindestens erfüllt hätten - außer eben der Cloud.
Der Softwarekonzern sei offenbar kein so "sicherer Hafen" wie von Anlegern gedacht, schrieb Jefferies-Analyst Charles Brennan.
WALLDORF/FRANKFURT (dpa-AFX / Dow Jones)
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