VW-Chef im Kreuzfeuer

Wer ist Martin Winterkorn? - Ein Qualitätsfanatiker will bei Volkswagen ganz nach oben

24.04.15 17:00 Uhr

Wer ist Martin Winterkorn? - Ein Qualitätsfanatiker will bei Volkswagen ganz nach oben | finanzen.net

Protegiert von Firmenpatriarch Ferdinand Piëch, verzeichnete Martin Winterkorn bei Volkswagen einen kometenhaften Aufstieg. 2014 war er der am besten bezahlte Manager eines DAX-Konzerns. Seine Rundgänge auf Automessen sind berühmt und berüchtigt. Das ist Martin Winterkorn.

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Wer Martin Winterkorn auf einer Automesse trifft, erlebt den amtierenden VW-Vorstandschef als regelrechten Qualitätsfanatiker. Gerne rüttelt er an Fahrzeugen der konkurrierenden Firmen, vergleicht die Lacke der Wagen und schnuppert an den Materialien der Fahrzeuginnenräume. Findet der gebürtige Schwabe einen Mangel, können sich die VW-Mitarbeiter warm anziehen - seine Änderungsansagen sind konzernweit berüchtigt. Auch bei den firmeneigenen Prototypen verlässt sich Winterkorn nur auf sein eigenes Gespür. Alle VW-Prototypen prüft er persönlich auf Herz und Nieren. Zweifellos - das Qualitätsmanagement ist sein Gebiet. Als Qualitätsmanager schaffte Winterkorn auch den hohen Aufstieg zum potenziellen Nachfolger von VW-Patriarch Ferdinand Piëch.

Martin Winterkorns Weg an die VW-Vorstandsspitze

Dass Winterkorn im Jahr 2014 ein Jahresgehalt von fast 16 Millionen Euro einstreichen würde - damit hätte er 1966, als er sein Studium der Metallphysik begann, wohl kaum gerechnet. Als Sohn eines Arbeiters und einer Hausfrau wurde Winterkorn 1947 in Leonberg bei Stuttgart in das solide Umfeld des deutschen Mittelstandes hineingeboren. Sein Studium absolvierte Winterkorn ohne Pausen und promovierte 1977 zum Metallphysiker und Manager. Seine Karriere begann er im gleichen Jahr bei der Robert Bosch GmbH in Stuttgart als Fachreferent für Verfahrenstechnik. Den Sprung in den VW-Konzern vollzog Winterkorn vier Jahre später, als er als Assistent des Vorstandes für Qualitätssicherung bei der Volkswagen-Tochter Audi einstieg. Bereits hier nahm Ferdinand Piëch Winterkorn unter seine Fittiche und ebnete ihm Schritt für Schritt den Weg nach oben. 1990 hatte Winterkorn den Aufstieg zum Leiter der Qualitätssicherung bei Audi vollzogen. 1993, dem Jahr, in dem Piëch VW-Konzernchef wurde, wurde Winterkorn die Verantwortung für die Konzern-Qualitätssicherung übertragen. Von hier an erklomm der "Piëch-Ziehsohn" nahezu jedes Jahr eine weitere Stufe nach oben. 1994 wurde er zum "Generalbevollmächtigten der Volkswagen AG", 1995 Verantwortlicher für das Produktmanagement des gesamten Volkswagen-Konzerns. Ein Jahr später wurde er zum Markenvorstand für die technische Entwicklung bei der Volkswagen AG befördert.
2000 erfolgte dann der Sprung in den Vorstand: Martin Winterkorn wurde Mitglied des VW-Konzernvorstandes für den Geschäftsbereich Forschung und Entwicklung. Nur zwei Jahre später saß Winterkorn schließlich im Chefsessel des Vorstandes der Audi AG in Ingolstadt.
Im Jahr 2007 schaffte Winterkorn schließlich einen weiteren großen Sprung, als er nach der Zustimmung des Aufsichtsrats und mit einflussreicher Hilfe von Firmenpatriarch Ferdinand Piëch an die Spitze des VW-Vorstands gehoben wurde und dort Bernd Pischetsrieder beerbte.

Pischetsrieder, Wiedeking - Winterkorn? - Der gefährliche Stand als Piëch-Protegé

Dass man sich mit Piëch als Patron auf dünnem Eis bewegt, hatten seine Vorgänger bereits am eigenen Leib erfahren, als Winterkorn 2007 zum VW-Vorstandsvorsitzenden aufstieg. Sowohl Bernd Pischetsrieder, als auch der frühere Porsche-Chef Wendelin Wiedeking mussten ihren Hut nehmen, nachdem sie das Missfallen ihres Gönners Ferdinand Piëch erregt hatten. Als Piëch 2009 in einem Interview gefragt wurde, ob Wiedeking sein Vertrauen genieße, antwortete der Firmenpatriarch: "Zurzeit noch. Das ‚noch‘ können Sie streichen." Auch Pischetsrieder fiel Piëchs öffentlicher Demontage zum Opfer. "Zu spät" habe er erkannt, "den Falschen gewählt zu haben", sagte Piëch, nachdem er Pischetsrieder zugunsten von Winterkorn aus dem Amt des VW-Vorstandsvorsitzenden gedrängt hatte. "Nur mit Mühe" habe er den Fehler korrigiert.
Ähnliches schien sich im Jahr 2015 auch für Winterkorn anzukündigen. Vor kurzem sorgte ein SPIEGEL-Interview, in dem Piëch verkündete, er sei auf "Distanz zu Winterkorn", für Furore. Bereits 2014 hatte sich der VW-Patriarch unzufrieden über die Konzernentwicklung geäußert. Auf die Frage, ob er den Konzern auf einem guten Weg sehe, antwortete Piëch knapp: "Nicht wirklich." Er sehe mehrere Baustellen: Das schwächelnde US-Geschäft, die niedrige Rendite der Kernmarke VW und Lücken in der Modellpalette. Diese Schwächen lastet Piëch offenbar Winterkorn an.

Winterkorns Anspruch: "Ganz nah am Produkt sein"

Ob es Piëch jedoch ein drittes Mal gelingen wird, einen Vorstandsvorsitzenden, den er selbst groß gemacht hat, wieder zu entthronen, scheint jedoch zurzeit fraglich. Im aktuellen Fall hat sich der VW-Aufsichtsrat geschlossen hinter Martin Winterkorn gestellt. Nach dem Willen einflussreicher Aufsichtsratsmitglieder, soll Martin Winterkorn sogar über das Jahr 2016 hinaus Volkswagen-Chef bleiben. Das Präsidium erklärte, Winterkorn sei "der bestmögliche Vorsitzende des Vorstands" und antwortete damit in gewisser Weise auf einen früheren Ausspruch Piëchs, demzufolge er anstrebe "dass an die Spitze des Aufsichtsrats und des Vorstands die Richtigen kommen." Es ist somit offensichtlich nicht allein der Wille Piëchs, der Winterkorn bislang im Sattel hält. Im Gegenteil - Winterkorns Führungsstil zeigt deutlich, dass die Interessen VWs zu einem sehr großen Teil auch die seinen sind. "Wenn ich nicht mehr weiß, wie ein Passat in den USA aussieht, ein Golf in Brasilien oder ein Polo in Südafrika, dann läuft etwas falsch", sagte Winterkorn erst im Februar 2015 dem "Stern". Diese Produktnähe zeichnet den VW-Chef aus und macht ihn, zumindest in den Augen der meisten Aufsichtsratsmitglieder zu "dem Richtigen" für sein Amt.
Ein weiterer Indikator für Winterkorns erfolgreiche Führung ist sein Gehalt. Neben dem stolzen Fixgehalt von 1,9 Millionen Euro, konnte Winterkorn 2014 zusätzlich Nebenleistungen und Erfolgsprämien von 13,9 Millionen Euro für sich einstreichen. Mit einem Jahresgehalt von insgesamt fast 16 Millionen Euro setzte sich Winterkorn damit an die Spitze der Top-Verdiener unter den DAX-Managern. Dies wäre, aufgrund des speziellen Prämiensystems von VW, nicht möglich gewesen, hätte Winterkorn nicht doch eine ganze Reihe von Erfolgen für Volkswagen verbuchen können.
Dieser Umstand hat nun offenbar sogar den für seine Beharrlichkeit bekannten Aufsichtsratschef Piëch dazu gebracht, fürs erste die Waffen zu strecken. Am 23. April widersprach der Patriarch öffentlich Berichten, denen zufolge er an einer Absetzung des VW-Chefs arbeite und sagte in einem Interview: "Ich betreibe die Ablösung von Martin Winterkorn nicht." Darüber hinaus war die Rede von einer Aussprache zwischen Piëch und seinem "Ziehsohn" Winterkorn, in der beide sich auf eine Zusammenarbeit geeinigt hätten.

Christina Fischer/Redaktion finanzen.net

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