Vermögensverwalter-Kolumne

Mythos Rationale Marktteilnehmer

12.03.18 09:57 Uhr

Mythos Rationale Marktteilnehmer | finanzen.net

Kein Anleger würde von sich behaupten, dass er irrational handelt. Jeder Kauf oder Verkauf hat eine plausible Begründung. Doch der Aktienmarkt ist ein Nullsummenspiel: Für jeden Käufer gibt es einen Verkäufer. Folglich kann nur eine der beiden Seiten der Transaktion richtigliegen.

Von Dr. Patrick Cettier, Geschäftsführender Partner der Prio Partners GmbH in Zürich/ Schweiz

rational, optimistisch oder von der Herde getrieben?

Die häufigste rationale Begründung für den Kauf von Aktien ist das niedrige Zinsniveau und die Alternativlosigkeit im Anlagespektrum (wer "investiert" heute schon freiwillig in Anleihen). Ein weiterer Teil der Marktteilnehmer muss Berufsoptimismus ausstrahlen - denn wer seinen Kunden rät eine höhere Cash Quote zu halten, sägt am eigenen Ast: denn die Bank verdient keine Handelskommission.

Schön zeigt sich der Berufsoptimismus auch bei der von Brokern und Research Abteilungen von Banken ausgegebenen Quote von Kauf- zu Verkaufsempfehlungen: In schöner Beständigkeit liegt die Quote von Kaufempfehlungen bei 40 Prozent, die von Verkaufsempfehlungen bei mageren 20 Prozent. Der Rest sind Halteempfehlungen. So weit so vorhersagbar.

Wie kommt es nun aber, dass auch durchaus als rational einzuschätzende Marktteilnehmer der Herde folgen? Heute sind selbst konservative und grundsätzlich risikoaverse Anleger mit hohen Aktienquoten im Markt engagiert. Der Herdentrieb ist einfach zu stark.

The Big Short 2

So lange der Markt steigt, haben diejenigen Recht, die mit viel Optimismus und teils aggressiv gekauft haben. Die Gewinne sprudeln und wer die geforderten Renditen erzielt hat recht. Doch wann kommt der Umkehrpunkt? Oder wird es ihn in diesem Bullenmarkt nicht geben? So wie niemand mehr daran glaubte, dass der US Immobilienmarkt jemals implodieren könnte, glaubt heute niemand mehr daran, dass Aktien tatsächlich massiv fallen könnten.

Auch wenn niemand die Entwicklungen vorhersehen kann, lässt sich Folgendes festhalten: In einem seit Jahren steigenden Markt mit immer höheren Bewertungsniveaus hat sich die Zusammensetzung der Marktteilnehmer verändert: Mit zunehmend hohen Marktständen haben vor allem diejenigen verkauft, die auf Fundamentaldaten und historische Bewertungs-niveaus achten.

Auf der Käuferseite sind entsprechend vermehrt Marktteilnehmer zu beobachten, die relativ preisinsensitiv sind. Potentiell ist auch der stark gestiegene Anteil an passiven Anlagevehikeln (ETFs) am Gesamtmarkt ein Ausdruck dieser Gleichgültigkeit.

Fazit: Je länger der Markt steigt, desto schwieriger haben es Marktteilnehmer, die das Marktniveau kritisch sehen. Gleichzeitig nimmt bei weiter steigenden Märkten die Wahrscheinlichkeit zu, dass sie richtigliegen. Antizyklisches Marktverhalten bedingt eben auch, dass man bei steigenden Märkten (zu) früh aussteigt. Perfektes Markttiming ist schlicht Zufall oder ein Ding der Unmöglichkeit. Allen sei der Film The Big Short empfohlen, um diese Dynamik in gelungener Ausgestaltung nachzuempfinden.

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