Vermögensverwalter-Kolumne

Jahresendrallye (noch) nicht in Sicht

20.11.18 07:39 Uhr

Jahresendrallye (noch) nicht in Sicht | finanzen.net

"Auf und Nieder - immer wieder", so könnte man die Börse der letzten Wochen zusammenfassen.

Nach einem grusligen Oktober mit neuen Jahrestiefs arbeiten die internationalen Aktienindizes zur Zeit an einer Stabilisierung. Eigentlich beginnt nun die beste Jahreszeit für Aktien, denn statistisch gesehen starten die Aktienmärkte ab November in eine Jahresendrallye. Nur bisher ist davon nichts zu sehen. Die Kurse zucken wild auf und ab, im Dow Jones auch schon mal 1000 Punkte an einem Tag, aber ein nachhaltiger Trend konnte sich noch nicht ausbilden.

Für Europa und Deutschland gibt es eine plausible Erklärung, warum sich die Märkte schwer tun: Einerseits sind unsere Exportwerte von der US-Handelspolitik, den drohenden US-Importzöllen und den Auswirkungen auf die internationalen Handelsströme belastet. Viele produzierenden Unternehmen blicken nur noch mit Vorsicht in die Zukunft oder haben Ihre Umsatz- oder Gewinnziele bereits zurückgenommen. Das Statistische Bundesamt hat sogar eine Gewinnwarnung für Deutschland herausgegeben, denn die deutsche Wirtschaft schrumpft erstmals seit 2015. Das Bruttoinlandsprodukt ist im dritten Quartal 2018 um 0,20 Prozent gegenüber dem Vorquartal zurückgegangen.

Andererseits geht die europäische Gemeinschaft seit Monaten mit ihren hauseigenen Problemen schwanger, allen voran mit dem zähen Verhandlungsmarathon um den britischen BREXIT sowie mit dem Konfrontationskurs der italienischen Regierung in der Haushaltspolitik. Solange diese beiden offenen Flanken nicht endlich gesichert ad acta gelegt werden können, bleiben die hiesigen Märkte wohl in ihrer Wagenburg gefangen. Die Aussichten für eine Jahresendrallye in Europa sind mittlerweile genauso nebulös wie das November-Wetter. Die Hoffnung, dass sich der bleierne Nebel hebt, ruht mal wieder auf den US-Märkten, denn der Wind weht wenn dann von dort. Allerdings liegen die US-Märkte zur Zeit selbst im Gegenwind der Technologiewerte, die ordentlich Luft ablassen. "Überfällig" würde man sagen, denn die Bewertung manch üblicher Verdächtiger hat mittlerweile Dimensionen erreicht, dass einem schwindelig wird.

Mögen die Zukunftsaussichten auch noch so groß sein, die Verhältnismäßigkeiten sind etwas aus den Fugen geraten: So hat zum Beispiel der Elektroauto-Pionier Tesla jüngst BMW in der Marktkapitalisierung überholt. Während BMW seit Jahren ordentliche Gewinne schreibt und über zwei Millionen Fahrzeuge pro Jahr ausliefert, kumuliert Tesla weiter eifrig Verluste und schafft gerade mal 360.000 Einheiten pro Jahr. Ähnliches bei dem Online-Händler Amazon, der nach Apple als zweite Firma der Welt eine Marktkapitalisierung von einer Billion US-Dollar erreichte, eine Größenordnung, die an das Bruttoinlandsprodukt von Kanada, immerhin ein G7-Staat, heranreicht. Vielleicht macht Amazon in Zukunft nicht nur den Handel, sondern sogar ganze Länder platt! Wird Sie das davon abhalten, Ihre Weihnachtsgeschenke trotzdem online zu kaufen!? Wohl kaum...

von Dr. Marc-Oliver Lux von Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München

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