Studienergebnisse

EY-Analyse: Starker Rückgang ausländischer Investitionen in Europa

09.08.21 23:54 Uhr

EY-Analyse: Starker Rückgang ausländischer Investitionen in Europa | finanzen.net

Während Europa im Jahr 2020 insgesamt viele ausländische Investoren verlor, kann sich der Standort Deutschland trotz Coronakrise und Lockdowns im vergangenen Jahr weiterhin behaupten.

• Die Zahl der ausländischen Investitionsprojekte in Europa sank 2020
• Deutschland kann viele Investoren halten
• Chinesische Unternehmen stellen zweitwichtigste Investoren in Deutschland dar

Leichte Rückgänge im Vergleich zum Vorjahr

Deutschland konnte sich im vergangenen Jahr trotz der Coronakrise und mehrfachen Lockdowns als Investitionsstandort behaupten und viele ausländische Investoren halten oder neue für sich gewinnen. Das zeigen die Ergebnisse einer aktuellen Analyse des britischen Beratungsdienstleisters Ernst & Young, kurz EY. Demnach sank die Zahl der von ausländischen Unternehmen in Deutschland mit 930 angekündigten Investitionsprojekten im Vergleich zum Vorjahr nur um vier Prozent. Andere europäische Länder verbuchten hingegen deutlich stärkere Rückgänge, wie der Studie zu entnehmen ist. So sank in Frankreich die Zahl der ausländischen Investitionen um 18 Prozent auf 985, während in Großbritannien mit 975 angekündigten Investitionsprojekten die Anzahl im Vergleich zum Vorjahr um zwölf Prozent sank. Damit ist jedoch die Projektanzahl weiterhin deutlich höher als in Deutschland, was den beiden Ländern im europäischen Standortranking die beiden vordersten Plätze einbringt.

Weniger ausländische Investitionsprojekte angekündigt

Mit insgesamt 5.578 Investitionsprojekten ausländischer Investoren wurden europaweit 13 Prozent weniger Projekte geplant als noch im Vorjahr. Der aktuellen Analyse des britischen Beratungsdienstleisters Ernst & Young zufolge ist die Anzahl besonders vor dem Hintergrund der erheblichen Einschränkungen des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens zurückgegangen. Es wird jedoch vermerkt, dass die Experten anfänglich von einem noch stärkeren Rückgang der Investitionstätigkeit ausgegangen waren. Dabei ist es einigen Ländern, wie Polen, der Türkei, Österreich und der Schweiz sogar gelungen mehr Investitionsprojekte ausländischer Unternehmen für sich zu gewinnen als noch im Vorjahr. Deutsche Unternehmen führten insgesamt 603 Investitionen im europäischen Ausland durch und zeigen sich mit einem Rückgang von elf Prozent damit deutlich weniger investitionsfreudig als noch im Jahr zuvor. Dennoch belegen deutsche Unternehmen damit hinter US-amerikanischen und weit vor britischen Unternehmen den zweiten Platz im Investorenranking.

Ein Zeichen großen Vertrauens

Die Gesamtauswertung der Studie zeigt, dass trotz negativer Erwartungshaltung der Rückgang bei der Zahl der angekündigten Investitionsprojekten in einem überschaubaren Rahmen blieb. Nicht nur Deutschland, auch viele weitere europäische Länder konnten trotz Krisenzeiten viele ausländische Investoren überzeugen und für sich gewinnen. Henrik Ahlers, Vorsitzender der Geschäftsführung von EY Deutschland, wertet die Ergebnisse der Studie größtenteils als ein Zeichen großen Vertrauens in die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaften in Europa: "Die Corona-Krise führte zwar im Frühjahr zu einer Art Schockstarre in ganz Europa, zu massiven Sparmaßnahmen und zu einem vorübergehenden Stopp vieler Investitionsprojekte. Aber schon in der zweiten Jahreshälfte kam die Wirtschaft vielerorts wieder in Gang und das Investitionsumfeld verbesserte sich erheblich. Unterm Strich fiel der Rückgang erheblich geringer aus als zunächst befürchtet."

Diese Länder investierten am meisten Geld in Europa

Zwar ermittelte EY in seiner Studie einen Rückgang von 18 Prozent, dennoch bleiben die Vereinigten Staaten mit 1.213 Projekten auch während der Pandemie der mit Abstand größte Investor in Europa. Damit liefern die USA auf dem ersten Platz doppelt so viele Investoren wie deutsche Unternehmen auf Platz zwei. "Auch deutsche Konzerne - traditionell die zweitgrößte Investorengruppe in Europa - waren zurückhaltender als 2019 und reduzierten ihr Engagement um elf Prozent", lautet es in der EY-Studie. Demnach gab es mit 603 Projekten 72 weniger als noch im Vorjahr. "Die wichtigsten Investitionsziele deutscher Unternehmen in Europa waren: Frankreich (159 Projekte, plus elf Prozent), Großbritannien (64 Projekte, minus 15 Prozent) und Spanien (60 Projekte; minus zehn Prozent)", heißt es in dem Bericht. Während sich die USA und Deutschland weiterhin investitionsfreudig präsentierten, drosselte das Vereinigte Königreich hingegen sein Engagement in Europa 2020 stark. Demnach wurde laut EY aus dem leichten Zuwachs in Höhe von drei Prozent aus dem Vorjahr am Ende ein Absturz um 24 Prozent. Die Zahl der Investitionen fiel von 493 auf 375. Französische Investoren fuhren ihr Engagement laut dem Bericht in Europa um 15 Prozent zurück und investierten in nur noch 307 Projekte. Während China 2019 die Investitionen noch um 23 Prozent gesteigert hatte, nahm das Interesse chinesischer Geldgeber an Firmen in Europa während der Corona-Pandemie stark ab. Die Analysten meldeten 261 Projekte und damit einen Rückgang um stolze 16 Prozent.

Für die Studie wurden Investitionsprojekte erfasst, die zur Schaffung neuer Standorte und neuer Arbeitsplätze führen, während Portfolio- und M&A-Investitionen hingegen nicht berücksichtigt wurden.

Isabell Tonnius / Redaktion finanzen.net

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