Stagflation voraus?

"Dr. Doom" Nouriel Roubini warnt vor nahender Rezession - Aktienmarkt könnte um 50 Prozent einbrechen

30.06.22 23:55 Uhr

"Dr. Doom" Nouriel Roubini warnt vor nahender Rezession - Aktienmarkt könnte um 50 Prozent einbrechen | finanzen.net

Immer mehr Markbeobachter rechnen mittlerweile mit einer wirtschaftlichen Rezession als Folge der deutlichen Zinserhöhungen von Fed, EZB & Co. Dazu gehört auch der Ökonom Nouriel Roubini, der auch als "Dr. Doom" bekannt ist.

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• Furcht vor Rezession wächst
• Abschwung laut Roubini "schon sehr nahe"
• Geopolitische Risiken belasten den Markt



JPMorgan-Analysten sagen Rezession mit 35-prozentiger Wahrscheinlichkeit voraus

Für Verunsicherung am Markt sorgt derzeit vor allem die hohe Inflation und das Gegenlenken der Notenbanken. Um dem starken Preisdruck Herr zu werden, ziehen die Währungshüter weltweit die Zinsen an. Mit den neuen Maßnahmen wächst am Kapitalmarkt jedoch die Angst vor einem wirtschaftlichen Abschwung. Experten der US-Großbank JPMorgan erklärten kürzlich, dass das Risiko für eine Rezession bei 35 Prozent liege, wie Dow Jones Newswires berichtete. So werde die konjunkturelle Leistung zwar zunächst weiter zunehmen können, das Wachstum dürfte mit weiteren Zinserhöhungen der Fed aber immer weiter gedrosselt werden. "Unsere Prognose geht davon aus, dass die Fed zumindest bis Ende nächsten Jahres eine weiche Landung erreichen wird", lautet die Prognose der Strategen.

Furcht vor Rezession erreicht auch Konzerne wie Tesla

Auch bei den Unternehmen selbst ist die Rezessions-Angst mittlerweile angekommen. Tesla-Chef Elon Musk kündigte kürzlich etwa zahlreiche Entlassungen bei dem E-Autobauer an, weil er in Bezug auf die Wirtschaft ein "super schlechtes Gefühl" habe, wie die Nachrichtenagentur "Reuters" unter Berufung auf eine interne Mail des Unternehmers berichtete. "Eine Rezession ist irgendwann unvermeidlich. Ob es in nächster Zeit eine Rezession gibt, ist eher wahrscheinlich als unwahrscheinlich", bestätigte der Dogecoin-Fan kürzlich im Rahmen des "Qatar Economic Forum" in Doha gegenüber der Agentur "Bloomberg". "Es ist keine Gewissheit, aber es scheint wahrscheinlicher als nicht."

Nouriel Roubini warnt vor drohender Rezession

Ebendort war auch der Ökonom Nouriel Roubini geladen, der aufgrund seiner pessimistischen Prognosen den Spitznamen "Dr. Doom" trägt. Wie der Marktbeobachter gegenüber der Nachrichtenagentur erklärte, befinde sich die Wirtschaft derzeit nicht in einer Rezession - noch nicht. "Wir sind noch nicht in der Rezession, aber wir kommen ihr schon sehr nahe", lautete das Urteil des Experten. "Wenn man sich die Einzelhandelsumsätze anschaut, wenn man sich die Messwerte für das verarbeitende Gewerbe anschaut, wenn man sich den Wohnungsbau anschaut, dann verlangsamen sich alle sehr stark und die Inflation ist immer noch sehr hoch. Das ist die Stagflation. Es ist nicht nur eine Rezession." Als Grund für die wirtschaftliche Flaute macht Roubini eine Folge negativer Impulse aus, darunter Lieferkettenprobleme durch die COVID-Pandemie, den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine sowie ansteigende Rohstoffpreise. "Das sind alles Schocks, die das Wirtschaftswachstum verringern", so der Wirtschaftswissenschaftler. Eine Rezession bis zum Jahresende sei daher der wahrscheinlichste Fall.

Aktienmarkt könnte um bis zu 50 Prozent einbrechen

Doch welche Folgen dürfte die Stagflation für die Aktien- und Anleihenmärkte haben? Typischerweise falle der US-Aktienmarkt in einer Rezession um bis zu 35 Prozent, im Umfeld einer Stagflation könne das Minus aber bis zu 50 Prozent tragen, so Roubini. Die sei mit der doppelten Belastung durch die Rezession einerseits, andererseits aber durch die nach wie vor hohe Inflation zu erklären. Normalerweise profitiere der Anleihenmarkt auch von sinkenden Aktienkursen, und umgekehrt, bei einer Stagflation seien jedoch beide Anlageklassen gleichermaßen belastet.

Auf die Frage, was das kleinere Übel sei, ein Pausieren der Zinspolitik der Fed oder ein Vorantreiben der Zinserhöhungen, ungeachtet der Wirtschaftslage, gab der Experte eine klare Antwort. Sollten die Zinserhöhungen gestoppt werden, würden die Inflationserwartungen deutlich ansteigen. Daher seien die Währungshüter gezwungen, an ihrer Strategie festzuhalten. "Die Fed hat also keine andere Wahl, als die Straffung fortzusetzen, auch wenn das eine harte Landung sein wird."

Bank of Japan hält an Niedrigzinsstrategie fest - noch

Für Unsicherheit am Markt sorgt derzeit auch der starke US-Dollar, der durch Zinserhöhungen angetrieben wird, aber auf die Kurse anderer Währungen drückt. Zuletzt stand daher auch der japanische Yen deutlich unter Druck. Darüber hinaus hält die Bank of Japan, im Gegensatz zu den meistens anderen Notenbanken, weiterhin an ihrer Niedrigszinspolitik fest. "Nun, wenn der Yen weiter fällt, und er wird angesichts der Divergenz zwischen der BoJ-Politik und der anderer Zentralbanken noch weiter fallen, wird die Inflation irgendwann zu einem Problem für die BoJ, und sie wird den Nullzinssatz aufgeben und versuchen, die Rendite der 10-jährigen Staatsanleihen zu kontrollieren", gab Roubini zu bedenken. Zur Zinswende könnte daher ein Stand von 140 Yen je US-Dollar führen.

Marktexperte Jim O'Neill hatte gegenüber Bloomberg zuletzt erklärt, dass eine asiatische Finanzkrise ausgelöst werden könne, sollte der Dollar-Yen-Kurs die 150er-Marke erreichen.

"Dr. Doom" senkt den Daumen für Bitcoin & Co.

Auch seine Einschätzung zum Thema Bitcoin & Co. ließ der Ökonom kurz anklingen. "Meiner Meinung nach ist der Wert der meisten Kryptowährungen gleich Null. Davon sind wir also noch sehr weit entfernt", lautet das Urteil Roubinis. "Ich bin also immer noch sehr pessimistisch, was das angeht und wie man den Markt halten kann."

In den nächstem Monaten müsse der Markt außerdem eine Reihe geopolitischer Risiken verdauen, die Anlegern nicht gerade in die Karten spielen dürften. "Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine könnte sich natürlich noch verschärfen. Wir wissen nicht, was mit den Beziehungen zwischen Israel und dem Iran passieren wird. Und in Asien gibt es Spannungen in der Taiwan-Frage", so der Experte. "Ich würde also sagen, dass geopolitische Risiken die Dinge sind, die mir am meisten Sorgen bereiten."

Redaktion finanzen.net

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