Mega-Übernahme

Warum 26 Milliarden Dollar für LinkedIn für Microsoft ein guter Deal sind

19.06.16 06:38 Uhr

Warum 26 Milliarden Dollar für LinkedIn für Microsoft ein guter Deal sind | finanzen.net

Es war ein Paukenschlag: Der US-Softwarekonzern Microsoft übernimmt das Karrierenetzwerk LinkedIn für unglaubliche 26 Milliarden Dollar. Doch der Preis ist gerechtfertigt.

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Der Windows-Hersteller Microsoft hatte am Montag eine Neuigkeit auf Lager, die an den Märkten einschlug wie eine Bombe: Die Übernahme des Karriere-Netzwerkes LinkedIn. Es ist das erste Mal, dass Konzernchef Satya Nadella einen solchen Deal einfädelt - und er könnte Microsoft damit einen besseren Deal verschafft haben, als die Konzernchefs, die vor ihm das Ruder in der Hand hatten.

LinkedIn wächst

Der Übernahmekandidat LinkedIn ist keines der Startups, die in kurzer Zeit milliardenschwere Bewertungen erreichen und bei denen sofort der Verdacht auf Blasenbildung aufkommt. Das Unternehmen ist seit 2003 auf dem Markt und damit unter den Internetriesen fast schon so etwas wie ein Dinosaurier. Nicht erst seit dem Börsengang im Jahr 2011, der das größte IPO seit Google war, hat LinkedIn seine Marktposition kontinuierlich ausgebaut. Inzwischen ist das Unternehmen weltweit in mehr als 200 Ländern aktiv und gehört zu den Konzernen, deren Services täglich am häufigsten genutzt werden.

Expansion kostet Gewinn

Und das Portal kann ein solides Wachstum vorweisen. Zum Jahresstart konnte LinkedIn einen kräftigen Umsatzsprung um 35 Prozent auf 860,7 Millionen Dollar vermelden. Dabei war es insbesondere das Hauptgeschäft mit der Personalvermittlung, in dem LinkedIn punktete. Auch die Werbeeinnahmen wuchsen kräftig, während die Zahl der Nutzer zeitgleich um 19 Prozent auf 433 Millionen gesteigert werden konnte. Unter dem Strich wurde zwar der Verlust um acht Prozent auf 45,8 Millionen Dollar ausgeweitet, was allerdings mit hohen Kosten durch die Expansion begründet wurde.

Kombination macht durchaus Sinn

Warum zahlt Microsoft für ein Unternehmen, das rote Zahlen schreibt, 26 Milliarden Dollar? Zunächst stellt das Karriere-Netzwerk eine ideale Ergänzung für Microsoft-Dienste dar. Die Services des Software-Riesen sind bei Millionen Nutzern weltweit täglich in Gebrauch und sind insbesondere in der Arbeitswelt fest verankert. LinkedIn auf der anderen Seite hat unbezahlbare Informationen über ebenjene Nutzer, die für Microsoft einen enormen Vorteil bringen. Die Übernahme ermöglicht dem Käufer Zugang zu mehr als 430 Millionen Nutzerdaten von LinkedIn-Mitgliedern, die Informationen über ihre Arbeitnehmer und beruflichen Tätigkeiten beim Karriere-Netzwerk hinterlegt haben. Auch zu zahlreichen Arbeitgebern erhält Microsoft nun einen anderen Zugang und eröffnet sich somit ein gänzlich neues Geschäftsfeld. Die Kombination von Microsoft und LinkedIn ermöglicht es dem Windows-Hersteller, seine Produkte zu verbessern und gezieltere Zielgruppenansprache zu betreiben.

Management vom Nutzen überzeugt

Microsoft-Chef Satya Nadella verteidigte die milliardenschwere Transaktion mit einer Reihe von Vorteilen, die sich daraus für beide Unternehmen ergeben. Die Übernahme sei ein Schlüssel für die große Aufgabe, Produktivität und Geschäftsprozesse neu zu erfinden, so der Manager bei Bekanntgabe der Akquisition.

Microsoft hat mit Übernahmen nicht immer ein glückliches Händchen

Der milliardenschwere Kauf ist für Nadella durchaus auch eine Risiko-Aktion, denn Microsoft-Aktionäre waren in der Vergangenheit nicht immer glücklich mit den getätigten Zukäufen des Konzerns. Nadella-Vorgänger Steve Ballmer hatte den 9,5 Milliarden Dollar-Zukauf des Nokia-Handygeschäfts zu verantworten, der sich als Flop erwiesen hat und dem Smartphone-Geschäft von Microsoft eher geschadet als genützt hat. Nadella musste die Folgen des Handy-Debakels ausbaden und neben einer milliardenschweren Abschreibung zahlreiche Stellenkürzungen vornehmen.

Geldmaschine Windows schwächelt

Doch der Kauf von LinkedIn ist ungleich erfolgversprechender, als es die Nokia-Akquisition von Ballmer jemals war. Denn Nadella treibt mit dem Erwerb von LinkedIn die Transformation von Microsoft weiter voran. Angesichts eines schrumpfenden PC-Marktes ist die Geldmaschine Windows keine dauerhaft sichere Einnahmequelle mehr. Inzwischen sind diverse Anbieter mit kostengünstigeren oder gar kostenlosen Office-Lösungen auf dem Markt, mit denen man Microsoft insbesondere auf mobilen Geräten die Marktstellung streitig machen will. Nadella hat dies erkannt und bereits eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet, um den Traditionskonzern von seinem miefigen Anstrich zu befreien und in eine mobile Zukunft zu führen. Statt Kauf- gibt es inzwischen zunehmend Abo-Software, zudem sollen Microsoft-Services auf allen Plattformen verfügbar gemacht werden. Die Akquisition von LinkedIn bestätigt diese neue Ausrichtung von Microsoft.

Viel Eigenständigkeit zugesichert

LinkedIn soll auch nach der Übernahme weitgehend eigenständig bleiben. Eine Komplettintegration in die Microsoft-Services ist offenbar zunächst nicht vorgesehen: "LinkedIn wird seine einzigartige Marke, seine Kultur und seine Unabhängigkeit behalten", so der Käufer in einer ersten Stellungnahme. LinkedIn-Chef Jeff Weiner bleibt an der Spitze des Karriere-Netzwerkes und wird künftig direkt an Nadella berichten. Die Zugeständnisse überzeugten das LinkedIn-Management offenbar, das sich dem Vernehmen nach bereits seit Jahresbeginn in ernsthaften Übernahmegespräche mit Microsoft befunden haben soll. Auch an der Börse kam die überraschende Mitteilung gut an - Aktien von LinkedIn legten zwischenzeitlich rund 48 Prozent zu.

Hoffnung für Xing, Twitter & Co.

Die milliardenschwere Übernahme beflügelte auch die Aktienkurse beim deutschen Konkurrenzunternehmen XING. Zwar kann das hiesige Karriere-Netzwerk dem US-Vorbild an Reichweite und Nutzerzahl nicht ansatzweise das Wasser reichen, die Akquisition zeigt jedoch, dass das Geschäft mit Business-Daten auch bei großen Playern hoch im Kurs steht. Auch Twitter konnte im Windschatten der Übernahmepläne zulegen, Aktionäre hegen offenbar die Hoffnung, dass sich auch für den schwächelnden Kurznachrichtendienst noch ein Käufer finden könnte.


Claudia Stephan, Redaktion finanzen.net

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