MARKT-AUSBLICK/Börsen fahren Achterbahn

11.04.25 14:10 Uhr

Von Thomas Leppert

DOW JONES--Selten zu beobachtende sehr starke Kursausschläge in beide Richtungen prägen aktuell das Geschehen an den Aktienmärkten - in allererster Linie als Reaktion auf die erratische Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump. Solche Bewegungen sind extrem und langfristig nicht gesund, zumal das Vertrauen in den Aktienmarkt unterminiert wird mit entsprechenden Konsequenzen beispielsweise für Anlagen zur Absicherung im Alter.

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Eine andere Folge sind höhere Risikoprämien, um derartige Schwankungen abzusichern. Dass Absicherungskosten steigen, während der Markt fällt, ist typisch in Stressphasen am Aktienmarkt. Aus den aktuellen Prämien ist abzulesen, dass Profis mit einer durchschnittlichen Bewegung beispielsweise des S&P-500-Index von 3 Prozent pro Handelstag rechnen. Das heißt, dass diese erst bei noch stärkeren Bewegungen ins Schwitzen kommen dürften.

Derweil ändert sich die Nachrichtenlage zur Zollpolitik von US-Präsident Trump fast täglich, wenn nicht noch häufiger, und ein roter Faden ist schwer erkennbar. Welche Länder in naher Zukunft welche Zölle zahlen müssen, ist nicht vorherzusagen. Die Gefahr, dass er damit die größte Volkswirtschaft der Welt in die Rezession führt und die zweitgrößte (China) möglicherweise gleich mit, ist hoch. Volkswirte der großen US-Banken passten zuletzt ihre Einschätzungen für eine drohende US-Rezession immer wieder an - je nach Trumpscher Nachrichtenlage.

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Kaufen, wenn die Kanonen donnern

In diesem Umfeld erlangte der zur Börsenweisheit gewordene Spruch des 1855 verstorbenen Bankiers Carl Mayer von Rothschild "Kaufen, wenn die Kanonen donnern, verkaufen, wenn die Violinen spielen", wieder neue Aktualität. Im übertragenen Sinn ist damit gemeint, am Aktienmarkt mit Ruhe und antizyklisch zu investieren.

In Zeiten, in denen die Orientierung droht, verloren zu gehen, wird gerne die Statistik bemüht. Auch wenn man aus der Vergangenheit nicht auf die Zukunft schließen kann, liefert sie doch gewisse Leitplanken. Christian W. Röhl von Scalable Capital bringt das so auf den Punkt: Wer am Mittwoch nicht im Nasdaq investiert gewesen sei, als der Index um gut 12 Prozent in die Höhe schoss, und auch die anderen 19 besten Tage des Nasdaq-100 seit Start am 31. Januar 1985 verpasst habe, komme per saldo nur auf knapp 2.100 Prozent Performance, oder ein jährliches Plus von 8 Prozent. Dagegen hätte ein simples "Buy & Hold-Investment" über gut 40 Jahre ein Plus von 15.200 Prozent gebracht bzw. eine Rendite von 13,4 Prozent im Jahr. Da fällt einem dann wieder Börsenguru Andre Kostolany ein, der in etwa gesagt haben soll: "Kaufen Sie Aktien, nehmen Sie Schlaftabletten und werden sie reich".

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EZB-Sitzung voraus

In der kommenden Woche nimmt die Berichtssaison zum ersten Quartal Fahrt auf. Die Strategen von RBC Capital sehen in der Berichtssaison ein zentrales Risiko. Sie gleiche einer "Pralinenschachtel", bei der man nicht wisse, was man bekomme. Es bestehe die Möglichkeit, dass die Ergebnisse besser als befürchtet ausfielen. Es könnte aber ebenso gut sein, dass sich die politische Unsicherheit bereits negativ auf das Verhalten von Konsumenten und Unternehmen ausgewirkt habe. Für eine nachhaltige Stabilisierung des Aktienmarkts brauche es aber eine bessere Planbarkeit bei den Gewinnen. Daher rechnen die RBC-Experten mit einer weiter hohen Volatilität.

In Marktturbulenzen wird gerne nach den Zentralbanken gerufen. Dazu passend tagt am Donnerstag die EZB. Deren Präsidentin Lagarde sagte jüngst, die Notenbank müsse bei ihrem Tun Effekte der Zölle berücksichtigen. Man sei dabei immer zum Einsatz aller verfügbaren Instrumente bereit. Auch wenn schon eine Notfallzinssenkung der US-Notenbank oder ein großer Zinsschritt der EZB zu den jüngsten Gedankenspielen einiger Marktteilnehmer gehörten, dürfte es sich dabei eher um Wunschdenken handeln. Sollte die Welt bis zum Donnerstag nicht untergehen, dürfte die EZB ihren Weg unbeirrt verfolgen und die Leitzinsen um 25 Basispunkte senken und weiter vor allem datenabhängig agieren.

Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

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April 11, 2025 08:11 ET (12:11 GMT)