Interview Exklusiv

Aurubis-Chef: "Ich sorge mich um die Energiepreise"

23.06.14 03:00 Uhr

Peter Willbrandt, der Chef von Aurubis, Europas größter Kupferhütte, über den Kupfermarkt, neue Konkurrenten und Kostennachteile in Deutschland.

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von Oliver Ristau, Euro am Sonntag

Es hat sich in den letzten Jahren viel verändert im Hamburger Hafen, moderne ­Büroarchitektur hat mancherorts alte Kais und Schuppen verdrängt. Doch auf der Peute, einer klei­nen Insel unweit der Elbbrücken, ist es so wie früher. Hier arbeitet die größte Kupferhütte Europas, die Erz­konzentrate aus aller Welt und Recyc­lingmaterialien in hochreines Metall verwandelt - echte Grundstoffindus­trie, wo es dampft und zischt. Sie gehört dem Metallkonzern Aurubis. Vorstandschef ­Peter Willbrandt sitzt im zweiten Stock der funktionalen Konzern­zentrale, von der er das gewaltige Werk im Blick hat, auch die eigent­liche Hütte, wo er einst persönlich die 1200 Grad heißen Schmelzöfen überwachte. Seit 2012 ist der 52-Jährige Chef des MDAX-Unternehmens.

€uro am Sonntag: Herr Willbrandt, dort, wo Sie selbst als ­Hüttenchef arbeiteten, wird aus Kupfererzen Metall. Aurubis erhält dafür einen Schmelzlohn, die wichtigste Erlösquelle des ­Konzerns. Was ist das genau?
Peter Willbrandt: Der Schmelzlohn ist der Betrag für die Gewinnung von hochreinem Kupfer aus dem Erzkonzentrat, also eine Art Aufbereitungsprämie. Konkret heißt das, dass wir den Produzenten das Kupfer in den Erzen zum Weltmarktpreis abkaufen, abzüglich dieses Schmelzlohns. Dessen Höhe ist abhängig von An­gebot und Nachfrage.

In diesem Jahr sind die Schmelzlöhne von 70 auf über 90 Dollar je Tonne gestiegen. Ist das ein Zeichen für die Erholung an den Rohstoffmärkten?
Die globalen Minenkonzerne haben die Kupferförderung in den letzten Jahren kräftig gesteigert. Davon profitieren wir, weil die Schmelzlöhne dadurch steigen. Umgekehrt sorgt dieses Mehrangebot aber nicht unbedingt für überversorgte Märkte. Die in den Minen produzierten Erzkonzentrate müssen halt Hütten wie Aurubis durchlaufen, die aus dem Kupfer im Konzentrat hochreines Kupfer erzeugen. Die Lagerbestände für Kupferkathoden an den Börsen sind so niedrig wie seit 2008 nicht mehr und fallen weiter. Außerdem befinden wir uns in der ungewöhnlichen Situation, dass kurzfristiges Kupfer teurer ist als solches, das erst in ein paar Monaten zur Lieferung ansteht. Eine solche Situation gibt es immer, wenn physische Knappheit herrscht. Die Kupferpreise haben zwar schon reagiert, geben diese Situation aber noch nicht angemessen wieder.

Sie erwarten also, dass der Kupferpreis steigt? Zuletzt hat er ja stark geschwankt. Aktuell kostet Kupfer knapp 6700 Dollar die Tonne.
Das ist schwer zu prognostizieren. Vor weniger als 15 Jahren kostete Kupfer unter 2000 Dollar, vor drei Jahren aber auch mal 10 000 Dollar die Tonne. Die nachlassende Dynamik in China hat zusammen mit anderen Faktoren - wie der Russland-Ukraine-Krise - die Preise unter Druck gesetzt. Aber die Indikatoren deuten derzeit auf eine robuste Rohstoffnachfrage insgesamt hin.

Wird die China-Schwäche über­bewertet?
Man muss sich das Land genau anschauen. Es verbraucht enorm viel Rohstoffe, und das mit wachsender Tendenz. Beim Kupfer sind es über 40 Prozent der Weltnachfrage. Auch wenn der Bedarf nicht mehr zweistellig, sondern nur noch mit fünf bis sieben Prozent ansteigt, die Basis, auf der das jährliche Wachstum aufsetzt, ist er heute viel höher. China braucht Jahr für Jahr mindestens ein bis zwei neue Kupferhütten von der Größenordnung unserer Hütte hier in Hamburg und die dazugehörige Konzentratversorgung, um allein den Zuwachs zu managen.

Der Bedarf an Rohstoffen wächst trotz aller Effizienz- und ­Ersatzbemühungen weiter?
Die langfristigen globalen Trends, die einen steigenden Rohstoffbedarf bedingen, sind intakt. Der weltweite Energiebedarf steigt und damit auch der Anteil regenerativer Energien, die aufgrund der Dezentralisierung einen überproportionalen Metallbedarf haben. Dazu kommen die wachsende Urbanisierung und der wachsende Wohlstand insbesondere in den Schwellenländern. All das sorgt für eine steigende Metallnachfrage. Trotz Effizienzgewinnen und der Substitution von Kupfer durch Aluminium im Leichtbau wird der Kupferbedarf nach internationalen Studien weiter um mehr als drei Prozent jährlich wachsen.

Schwellenländer wie Indonesien versuchen durch Exportstopps von Erzen Verarbeitung und Wertschöpfung im eigenen Land zu ­halten. Wird Aurubis künftig noch gebraucht?
Die Bemühungen der Länder sind verständlich, doch so einfach lässt sich eine Industrie nicht aus dem ­Boden stampfen. Es braucht Infrastruktur und Know-how. Wir sind mit unserer Produktion auch in Deutschland zurzeit wettbewerbs­fähig. Allerdings führen solche Bemühungen zu Wettbewerbsverzerrungen und erschweren in der Regel den Zugang zu Rohstoffen für Unternehmen wie Aurubis.

Es ist erstaunlich, dass eine Kupfer­hütte in einem Hochlohnland wie Deutschland inter­national mithalten kann ...
... und angesichts zusätzlich hoher Energiekosten. Das überrascht auch manche unserer Wettbewerber.

Denken Sie nie an Produktions­verlagerung?
Wir haben hier hohe Kapitalinvestitionen getätigt, die sich nicht einfach in Kisten verpacken und auf dem nächsten Kontinent wieder aufstellen lassen. Deutschland und Europa verfügen über eine hohe Mitarbeiterproduktivität, gut ausgebildete Fachkräfte und eine gute Infrastruktur. Es ist aber ganz wichtig, dass diese Vorteile auch langfristig gelten, die Infrastruktur zukunftsfest gemacht wird. Die Rahmenbedingungen für die Industrie dürfen sich nicht immer kurzfristiger ändern. Natürlich werden wir uns bei zukünftigen Investitionen auch außerhalb Europas umsehen.

Trägt der starke Euro dazu bei, ins Ausland zu schauen?
Das ist nur ein Faktor. Sicherlich wird es schwierig, wenn wir langfristig auf einem solch hoch bewerteten Währungsniveau unterwegs sind. Kurz- und mittelfristig können wir solche Währungsschwankungen einigermaßen durch Preissicherungsgeschäfte auffangen.

Welche Kostenentwicklung bereitet Ihnen am meisten Sorge?
Dazu zählen sicherlich die Energiepreise. Positiv ist, dass das Beihilfeverfahren der EU wegen der Befreiung von Teilen der deutschen Industrie von der EEG-Umlage vom Tisch ist. Doch was ist mit dem Ausbau der Netze, mit Reservekapazitäten für eine sichere Versorgung? Das ist bisher auch mit der EEG-Novelle nicht geregelt. Irgendjemand wird das ­bezahlen müssen. Wir als Aurubis sind abhängig vom weltweiten Kup­ferpreis und können regional keine politisch motivierten Kosten für die Energieerzeugung an unsere Kunden weitergeben. Da überlegt man schon, wie das hier weitergehen kann in den kommenden zehn Jahren.

Ist es nicht mittelfristig sinnvoll, sich mit anderen Unternehmen ­zusammenzuschließen?
Aurubis ist in den vergangenen zehn Jahren durch Akquisitionen gewachsen, wir konnten Kostenanpassungen vornehmen und sehen noch ­Potenzial für weiteres Wachstum aus uns heraus.

Aktionär Salzgitter, der 25 Prozent an Aurubis hält, drängt nicht auf mehr Profitabilität und einen möglichen Merger?
Da geht es sicher allen unseren Ak­tionären gleich: Sie wollen, dass der Unternehmenswert nachhaltig steigt. Aber es gibt keinen Druck, irgendetwas zusätzlich aus Aurubis herauszuholen. Wir fühlen uns zurzeit ganz wohl mit unserer Aktionärsstruktur.

Kurzvita

Vom Assistent
zum Vorstand

Peter Willbrandt ist seit 2012 Vorstandsvorsitzender von ­Europas größtem Kupfererzeuger, Aurubis, in Hamburg. Der zweifache Familienvater stammt aus Verden an der Aller und hat nach seinem Studium der Metallhüttenkunde an der Technischen Universität Claus­thal-Zellerfeld 1988 beim Hamburger Rohstoffkonzern als ­Betriebsassistent in der Kupferschmelze im Hamburger Hafen angefangen. Dem Vorstand gehört er seit 2008 an. Heute lebt der 52-Jährige mit seiner Lebensgefährtin vor den Toren Hamburgs. Willbrandt entspannt sich in seiner Freizeit beim Fahrradfahren. Er foto­grafiert gern, schätzt Reisen an die nahe Ostseeküste und ist ein Fan elektronischer Musik.

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