Handschlag erwünscht

Mobilfunk: Handschlag erwünscht

16.02.20 12:00 Uhr

Mobilfunk: Handschlag erwünscht | finanzen.net

Der Schock über die hohen Gebühren für 5G-Lizenzen ist überwunden, an der Börse steigt die Zuversicht. Wo Anleger investieren.

von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag

Der Marktführer Deutsche Telekom hat kürzlich in den USA mit der Genehmigung der Fusion seiner US-Tochter mit Sprint einen großen Coup gelandet. Umso ungeduldiger warten Aktionäre und Investoren auf eine nachhaltige Wachstumsstrategie von Tele­fónica- Deutschland-Chef Markus Haas am kommenden Mittwoch. Bei der Bilanzkonferenz des drittgrößten Mobilfunkbetreibers hierzulande ist Spannung garantiert. Denn bislang tut sich die Tochter der spanischen Telefónica schwer, der Deutschen Telekom und der Nummer 2, Vodafone, Marktanteile abzuluchsen.

Schon früh haben sich die Münchner beim Aufbau ihres Mobilfunknetzes für den künftigen Standard 5G auf den finnischen Nokia-Konzern und das politisch umstrittene chinesische Unternehmen Huawei als Zulieferer festgelegt. Der Mobilfunker startet deshalb den 5G-Ausbau seines Netzes deutlich früher als die Konkurrenz.

Bereits Ende des Jahres sollen Tele­fónica Deutschlands O2-Kunden in Berlin, Frankfurt, Hamburg, Köln und München den Standard nutzen können, der für große Datenmengen und unterbrechungsfreie, schnelle Übertragungen ausgelegt ist. Ein Jahr später soll das 5G-Netz in den fünf Metropolen vollständig ausgebaut sein. Und in drei Jahren sollen 16 Millionen Kunden der Marke O2 in 30 Städten Zugriff darauf haben.

Kritische Entscheidung


Für die Telefónica-Tochter ist das die Chance, in puncto Reichweite und Netzqualität mit den großen Rivalen gleichzuziehen. Wohl auch deshalb sollen in den nächsten Jahren jeweils 17 bis 18 Prozent der Erlöse in 5G und in den Ausbau des bestehenden 4G/LTE-­Netzes fließen. Finanziell geht dieser Kraftakt allerdings an die Substanz des Mobilfunkers.

Kommenden Mittwoch dürfte Chef Haas deshalb mehr als Zahlen und Prognosen liefern. "Wichtige Entscheidungen, die für die Umsetzung der jüngst formulierten Ziele notwendig sind, stehen noch aus", sagt Analyst Wolfgang Specht vom Bankhaus Lampe mit Blick auf die Bilanzvorlage.

Aus Sicht des Telekomexperten bremst die Entwicklung auch die Auseinandersetzung von Telefónica Deutschland mit dem hessischen Telekom- und Internetdienstleister 1 & 1 Drillisch. Der mietet Netzkapazitäten, streitet mit den Münchnern aber über Gebühren. "Eine Einigung mit 1 & 1 Drillisch würde viele Unsicherheiten beseitigen. Sie ist für ­Telefónica Deutschland notwendig, um ihre Ziele zu erreichen", so Specht.

Ralph Dommermuth, Chef des Mobilfunkdienstleisters mit Sitz in Maintal bei Frankfurt, zeigt sich hartnäckig und fordert einen substanziellen Nachlass: Für die Zeit ab September 2017 besteht er auf einer rückwirkenden Senkung der Preise. Damit ist 1 & 1 Drillisch zwar bereits vor einem Schiedsgericht gescheitert, prüft nun aber Rechtsmittel gegen den Entscheid.

Dennoch gelang es, die Vereinbarung zur Nutzung von 30 Prozent der Kapazität im O2-Netz, die vor dem Schiedsgericht gelandet war, im Dezember um fünf Jahre zu verlängern. Der Vertrag wäre sonst Mitte des Jahres ausgelaufen.

Dommermuth sorgt vor


Ganz so freiwillig hat Telefónica Deutschland den Vertrag im Dezember jedoch nicht verlängert. Der Mobilfunker erfüllt damit eine Auflage, die von der EU-Kommission bei der Übernahme des E-Plus-Netzes durch Spaniens Tele­fónica 2013 beschlossen worden war. Diesen Hebel nutzte Dommermuth, zugleich Gründer und Chef des Drillisch-­Mutterkonzerns United Internet (UI), um bei der Verlängerung im Dezember über eine Option im Vertrag zusätzliche Frequenzen bis 2025 zu mieten. Aus gutem Grund: Während der 5G-Auktion im Sommer hatten die Westerwälder zwar auch Zugang für ein 4G/LTE-Netz ersteigert, doch wird dieses erst ab 2026 verfügbar sein.

Der Erfolg seiner beiden Firmen hat Dommermuth zum Milliardär gemacht. Er kennt die Telekombranche aus dem Effeff. Und er bringt nach wie vor vollen Einsatz: Für die Teilnahme an der 5G-Auktion kämpfte der 56-Jährige bis zuletzt gegen den Widerstand der drei großen Netzbetreiber. Schließlich sicherte sich Drillisch für mehr als eine Milliarde Euro sieben Prozent der Anteile am deutschen 5G-Spektrum.

Diese enorme finanzielle Belastung, die United Internet und Drillisch zusätzlich zum Aufbau des eigenen 5G-Netzes schultern müssen, schickte die Aktienkurse der beiden Unternehmen auf eine lange Talfahrt. Weil UI und Drillisch in ihren Prognosen den erst jetzt geforderten Preisnachlass bereits berücksichtigt hatten, mussten sie ihre Ziele im Oktober deutlich korrigieren. Das beschleunigte den Kursrutsch. Gebannt ist dieses Risiko jedoch so lange nicht, bis sich Drillisch und Telefónica Deutschland in dieser Sache geeinigt haben.

Anleger blicken wieder nach vorn


Der Handschlag der beiden Chefs steht noch aus. Dennoch deutet die Entwicklung der Aktienkurse eine Trendwende an. Mit der Verlängerung des Vertrags für die Netzmiete hat Drillisch seine Position in den Verhandlungen gestärkt. Zudem müssen UI und Drillisch als Neueinsteiger im Netzbetreibergeschäft während der nächsten sechs Jahre weniger scharfe Auflagen der Bundesnetzagentur erfüllen als die großen Wettbewerber Telekom, Vodafone und Telefónica Deutschland.

Bis Ende 2025 muss das 5G-Netz von Drillisch bundesweit mindestens die Hälfte der Haushalte abdecken. Um das zu erreichen, wollen die Hessen 2021 an den Start. Sie würden sich auf Gebiete mit hoher Bevölkerungsdichte beschränken, sagt Experte Specht. Erst für 2026 sollen auch Lizenzen für ländliche Regionen erworben werden, hat Dommermuth angekündigt. Dennoch wird der Mobilfunker hier ebenfalls selektiv bleiben, glaubt der Analyst. Drillisch werde auch langfristig kein eigenes flächendeckendes Netz anbieten und deshalb weiterhin Kooperationen mit anderen Netzbetreibern nutzen.

Entrepreneur Dommermuth achtet bekanntermaßen streng auf die Kosten. Dennoch klagt der Westerwälder nicht über den hohen Betrag von über einer Milliarde Euro für die ersten 5G-Lizenzen. "Er ist angemessen", sagt der Unternehmer. Die Summe mache den Wert des Spektrums deutlich. Weil die Frequenzen für 20 Jahre vergeben wurden, würden sich die Kosten über die Zeit amortisieren. "Durch die jährlichen Abschreibungen wird keiner der Netzbetreiber ein wirtschaftliches Problem bekommen", so Dommermuth.

Drillisch wird mit 5G voraussichtlich 2021 an den Start gehen und ein "leistungsfähiges Netz in bester Qualität betreiben", verspricht der Chef. Weil seine Firma auch als Netzbetreiber langfristig auf Kooperationen angewiesen ist, kann es sich jedoch auch Branchenschreck Dommermuth nicht leisten, es sich mit den Großen zu verscherzen.

Investor-Info

United Internet
Das Mutterschiff


Der Aufbau eines Mobilfunknetzes ist ein großes Risiko. Chef Ralph Dommermuth beschloss deshalb die Entflechtung der Überkreuzbeteiligung mit Start-up-Inkubator Rocket Internet. Schwung ins Geschäft von United Internet (UI) bringen derzeit die ­Firmenkunden der Glasfasernetzbetreiber­tochter Versatel. Im Vergleich zur Tochter 1 & 1 Drillisch ist UI breiter aufgestellt. Favorit für konservativere Anleger.

1 & 1 Drillisch
Unterschätzter Neuling


Trotz der Differenzen mit O2-Netzbetreiber ­Telefónica Deutschland wurde der Netz­vertrag verlängert. Der Mutterkonzern United Internet (UI) hält 75 Prozent der Anteile. UI-Gründer Dommermuth führt beide Firmen. Mit Blick auf eine stärkere Bündelung der Kräfte im 5G-Projekt ist für die Analysten vom Bankhaus Lampe eine Übernahme der Tochter wahrscheinlich. Die Risiken des Netzaufbaus werden demnach überschätzt. Auftrieb könnte eine Einigung im Gebührenstreit mit Telefónica Deutschland bringen. Spekulativ.

Telefónica Deutschland
Nummer 3 unter Druck


Im Dezember wurden die Investoren mit Dividendenkürzungen und geringeren Cashflows für mindestens drei Jahre auf die Herausforderungen des 5G-Mobilfunknetzausbaus für den drittgrößten Betreiber in Deutschland vorbereitet. Für die drei Jahre stellt der Konzern einen Umsatzanstieg um bis zu fünf Prozent und eine verbesserte Profitabilität in Aussicht. Als Dividende sollen jeweils mindestens 17 Cent pro Aktie gezahlt werden. Die Aktie bleibt haltenswert.







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