Halvers Kapitalmarkt-Monitor Robert Halver

Die Happy Hour der Geldpolitik ist alles, aber nicht vorbei

27.05.13 14:24 Uhr

Die Happy Hour der Geldpolitik ist alles, aber nicht vorbei | finanzen.net

Die Konjunkturstimmung in Euroland konnte sich von den Rückschlägen der vergangenen Monate leicht erholen.

So hat der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe mit einem Wert von aktuell 47,8 nach 46,7 seinen Abwärtstrend gestoppt. Die Verunsicherung der Unternehmer bleibt aber bestehen. Die Konjunkturstimmung in Frankreich z.B. - der zweitgrößten Euro-Volkswirtschaft - kann sich nur auf schwachem Niveau stabilisieren. Insofern sind die Chancen für eine kraftvolle Konjunkturerholung der Euro-Wirtschaft im II. Halbjahr 2013 gering. Vor diesem Hintergrund treffen die Forderungen des IWF, zumindest kurzfristige Maßnahmen zur Stimulierung der Euro-Wirtschaft - also mehr Staatschulden - zu ergreifen, auf offene Ohren.

Deutschland mit konjunkturellen Steherqualitäten

Zurückhaltender zeigt sich auch die Konjunkturstimmung in China. Der von der britischen Bank HSBC veröffentlichte Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe fällt mit einem Wert von 49,6 das erste Mal seit sieben Monaten unter die Expansion anzeigende Schwelle von 50. Dies eröffnet vor dem Hintergrund einer schwachen Inflationsrate von zuletzt 2,4 Prozent der People’s Bank of China jedoch mehr geldpolitischen Spielraum zur Stabilisierung der Konjunktur. Das robuste chinesische Wirtschaftswachstum ist insgesamt nicht in Gefahr.

Trotz des wirtschaftlich schwierigen Fahrwassers verdeutlichen die letzten Daten des ifo Instituts für Mai eine Stabilisierung der Konjunkturstimmung. Die Geschäftslage hat sich verbessert, während sich die Geschäftserwartungen nach zweimaligem Rückgang immerhin stabilisiert haben. Setzt man Lage und Erwartungen gemäß den vier Phasen eines Wirtschaftszyklus zueinander in Beziehung, bewegt sich die deutsche Wirtschaft im Seitwärtstrend auf der Schwelle zwischen Boom und Abschwung. Erfreulich ist die Tatsache, dass die deutsche Wirtschaft nicht dem klassischen Wirtschaftszyklus folgt, wonach dem Abschwung jetzt die Rezession folgen müsste. Diese fällt offensichtlich aus.

Die internationale Bruderschaft der lockeren Geldpolitik

Grundsätzlich bleibt den internationalen Notenbanken angesichts der bislang wenig fruchtenden Weltwirtschaftserholung keine andere Wahl, als die massive geldpolitische Stütze aufrechtzuerhalten. Dabei nehmen die Notenbanken eine blasenhafte Liquiditätsaufblähung billigend in Kauf. So wird die kumulierte Bilanzsumme der drei großen Notenbanken Fed, EZB und Bank of Japan bis Ende 2014 vom aktuellen Niveau aus um mehr als die Hälfte zunehmen, um der Konjunktur und den Finanzmärkten die nötigen Impulse zu geben.

Die Bank of Japan kennt nur ein Gas, Vollgas

Der japanische Notenbankpräsident Kuroda hat auf der letzten Zinssitzung ein weiteres Mal die Ausweitung der Geldpolitik unmissverständlich bekräftigt. Ziel der Geldpolitik ist eine Inflation von zwei Prozent im Jahr 2015. Die Tatsache, das Japan im Augenblick von einer Deflation in Höhe von minus 0,9 Prozent heimgesucht wird, macht deutlich, welche dramatischen geldpolitischen Schritte noch unternommen werden müssen, um den Finanzmärkten glaubhaft zu versichern, dass die Ziele Reflationierung und Stützung der Konjunktur ernsthaft verfolgt werden. Selbst im konjunkturellen Boom-Jahr 2007 lag die Inflationsrate in Japan bei maximal 2,3 Prozent.

Im Zweifel mehr Liquidität

Die Notenbanken befinden sich in einem Dilemma. Angesichts der starken Aktienmarktentwicklung der letzten Monate existieren Bedenken vor einer drohenden Blasenbildung an den Finanzmärkten. So werden vereinzelte Stimmen in den Reihen der Fed laut, die ein Ende der massiven Liquiditätsoffensive fordern. So ließ sich selbst US-Notenbankchef Bernanke kürzlich eine Hintertür zur Abschwächung des aktuellen Anleiheaufkaufprogramms offen.

Allerdings sind der US-Notenbank die Gefahren einer auch nur schwachen Zinswende im Status Quo einer sich selbst noch nicht tragenden US-Konjunkturerholung wohl bewusst. Daher hat Bernanke auch versichert, dass die geldpolitische Stütze noch so lange erhalten bleibt, bis sich die „harten“ Wirtschaftsdaten bessern. Und da sich insbesondere die Entwicklung auf dem US-Arbeitsmarkt - der für die US-Geldpolitik entscheidende Indikator - trotz der jüngsten Erholung immer noch schwach zeigt, kann ein Ende der Liquiditätsoffensive vorerst nicht in Sicht sein.

Ohnehin wäre selbst mit einer Reduzierung der monatlichen Aufkäufe von Staats- und Hypothekenanleihen - derzeit im Volumen von 85 Mrd. US-Dollar monatlich - immer noch eine Liquiditätszufuhr verbunden.

Verschuldungsparadies der Staaten bleibt erhalten

Vor dem Hintergrund einer ausbleibenden Zinswende verharren auch die Renditen der Staatsanleihen weiterhin auf ihrem äußerst niedrigen Niveau. Hintergrund ist, dass es sich für Banken immer noch lohnt - sie können sich günstig bei den Notenbanken in Japan und den USA zu quasi Null Prozent und in Euroland zu 0,5 Prozent Geld leihen - in Staatspapieren zu investieren. In der Folge werden die Renditen von Staatsanleihen anhaltend gedrückt. Die Rendite einer hypothetischen „Triaden-Staatsanleihe“ - als gleichgewichteter Durchschnitt der Renditen 5-jähriger US-, japanischer sowie deutscher Staatsanleihen - befindet sich immer auf anhaltend tiefem Niveau. Diese günstige Refinanzierung von neuen Schulden - der Staat ist als Konjunkturstützer angesichts des Ausfalls von Export, Konsum und Investitionen dringend gefordert - ist ein Hauptanliegen der Notenbanken. Ein baldiges Ende der ultralockeren Geldpolitik ist nicht möglich.

Diese nahezu grenzenlose Liquiditätsausstattung der Finanzmärkte, gepaart mit unattraktiven Renditen von Staatsanleihen, bleibt ein entscheidender Treiber für die Aktienmärkte.

Deutsche Aktien auf den zweiten Blick nicht auf Rekordstand

Deutsche Aktien haben ihr Kurspotenzial noch nicht ausgeschöpft. Zwar befindet sich der DAX auf hohem Niveau. Inflationsbereinigt auf Basis Februar 1991 ist er jedoch noch gut 18 Prozent von seinem Allzeithoch vom März 2000 entfernt.

Im Übrigen ist der DAX ein sogenannter Performance-Index, der Dividenden mitberücksichtigt. Ohne Dividenden ist der reine Kursindex von seinen Hochständen 1997, 2000 und 2007 noch teilweise weit entfernt. Der DAX-Kursindex - also der reine Aktienkursindex ex-Dividende - liegt rund 1700 Basispunkte unter seinem Allzeithoch vom März 2000.

Aktien laufen Gold den Rang ab

Die Liquiditätspolitik der internationalen Notenbanken überdeckt die Krisensymptome und sorgt so für einen wachsenden Risikoappetit bei Aktien. Deutlich ist dies an der Entwicklung der weltweit von börsengehandelten Fonds gehaltenen, physischen Goldbestände erkennbar. Mit zunehmender Krisenentspannung haben die Goldfonds mit deutlichen Mittelabflüssen zu kämpfen. Dagegen steigen die Aktienkurse: Der US-Aktienindex S&P 500 konnte seit Jahresbeginn um knapp 16 Prozent zulegen.

Mit der sinkenden Investmentnachfrage nach Gold fällt ebenso eine wichtige Preisstütze für das gelbe Edelmetall weg. An Gold als Portfoliobeimischung zur langfristigen Absicherung gegen bestehende System- und Preisrisiken sollte dennoch festgehalten werden.

Und das passiert in der 22. Kalenderwoche

In der kommenden Woche steht ein dünner Makrodaten-Kalender an. In den USA dürfte der Einkaufsmanagerindex der Region Chicago eine leichte Aufhellung der Konjunkturperspektive signalisieren. Darüber hinaus steht der US-Konsum im Vordergrund. Das Verbrauchervertrauen - von der Universität von Michigan veröffentlicht - setzt seine Aufwärtsbewegung fort.

In Deutschland dürften die Einzelhandelsumsätze weiter leicht zulegen. Das stabile deutsche Arbeitsmarktumfeld sorgt weiterhin dafür, dass die deutsche Binnenwirtschaft ihren Status als solide zweite volkswirtschaftliche Stütze nicht verliert. Außerdem bleiben die Deutschen angesichts niedriger Zinsen in Kauflaune.

Aus charttechnischer Sicht erhält der DAX eine erste Unterstützung an dem Anfang Mai überwundenen Aufwärtstrendkanal bei 8271 Punkten. Wird diese Unterstützung durchbrochen, sind weitere Verluste in Richtung der nächsten Haltelinien bei 8074 und darunter 7953 Punkten einzukalkulieren. Die nächste Unterstützung folgt dann an der Marke bei 7872 Punkten.

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Der Vorsitzende des Aufsichtsrats ist Dr. Horst Schiessl. Die Mitglieder des Vorstands sind Uto Baader (Vorsitzender), Nico Baader, Dieter Brichmann und Dieter Silmen.

Nach Abschluss seines betriebswirtschaftlichen Studiums begann Robert Halver seinen beruflichen Werdegang zunächst als Wertpapieranalyst bei der Sparkasse Essen. Anschließend arbeitete er als Analyst und Aktienstratege bei der Privatbank Delbrück & Co in Frankfurt.

2001 wechselte Robert Halver zur Schweizer Privatbank Vontobel. Sein Aufgabenschwerpunkt war die Formulierung der Anlagestrategie der Vontobel Gruppe in Deutschland.

Seit 2008 leitet Herr Halver die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG in Frankfurt. In dieser Funktion ist er auch für die Außendarstellung der Baader Bank tätig.
Robert Halver ist durch regelmäßige Medienauftritte, auf Fachveranstaltungen und Anlegermessen sowie durch Fachpublikationen und als Kolumnist präsent.