Euro Magazin

Aktien-Rückkäufe: Wo der Einstieg lohnt - wo nicht

31.12.15 03:00 Uhr

Aktien-Rückkäufe: Wo der Einstieg lohnt - wo nicht | finanzen.net

Während einige Konzerne ihren Eignern mit Programmen zum Rückkauf eigener Aktien nützen, vernichten andere das Kapital der Aktionäre.

Werte in diesem Artikel

von Michael Braun Alexander, Euro Magazin

Sollte der Kurs von Berkshire Hathaway nach meinem Abgang sinken, dann ist genügend Geld in der Kasse, um eigene Aktien zurückzukaufen", tröstete Warren Buffett, seit 50 Jahren Chef der Investmentholding Berkshire Hathaway in Omaha, schon mal vorsorglich seine ihm treu ergebenen Aktionäre. Buffett ist felsenfest davon überzeugt: "Keine andere Maßnahme nützt Aktionären so viel wie Aktienrückkäufe."



Allerdings nur, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind, wie er im Aktionärsbrief zum Geschäftsbericht 2011 schrieb: "Erstens muss ein Unternehmen über ausreichend Mittel für die operativen Bedürfnisse und die Liquiditätsbedürfnisse des Geschäfts verfügen. Zweitens muss es die Aktie zu einem nennenswerten Abschlag auf den inneren Geschäftswert geben - konservativ gerechnet." So verwundert es denn auch nicht, dass Buffett bisher nur selten eigene Aktien zurückgekauft hat, da diese - gemessen am Buchwert und am inneren Wert - nur selten spottbillig sind.

Dagegen hat Apple - mit einem Jahresgewinn von 53,4 Milliarden Dollar und einem Marktwert von aktuell 640 Milliarden Euro das profitabelste und größte Unternehmen der Welt - ein gigan­tisches Rückkaufprogramm aufgelegt. Wenn auch nicht ganz freiwillig. Seit 2013 kauft der von Tim Cook geführte Konzern in großem Stil eigene Aktien ­zurück, angestachelt von Investoren­aktivist Carl Icahn. Der forderte - und fordert noch immer -, dass Apple den gigantischen, Tag für Tag weiter wachsenden Geldberg an die eigenen Aktionäre in Form von Dividenden und Aktienrückkäufen verteilen soll. Was Apple ­inzwischen auch tut.


Der iPhone-Konzern schüttet vierteljährlich eine Dividende aus und hat allein im Ende September abgeschlossenen Geschäftsjahr 2014/2015 eigene Aktien für rund 36 Milliarden Dollar erworben. Im Geschäftsjahr zuvor waren es 45 Milliarden, und 2012/2013 rund 23 Milliarden Dollar. Bis März 2017 soll das Gesamtvolumen der Rückkäufe bei 140 Milliarden Dollar liegen, der größte Aktienrückkauf aller Zeiten.

Selbstverliebt. Diese Spielart der unternehmerischen Selbstverliebtheit ist alles andere als ein Einzelfall. Das Börsenjahr 2015 endet voraussichtlich mit einem Rekord in Sachen Aktienrückkauf. Nie zuvor nahmen Unternehmen, der Großteil in den USA, mehr eigene Aktien vom Markt - Ende September waren es hochgerechnet aufs Gesamtjahr Aktien im Wert von 556 Milliarden US-Dollar. Seit 2009 haben die Mitglieder des US-Leitindex S & P 500 nach Schätzung von Aranca Investment Research unvorstellbare 2,3 Billionen Dollar dafür aufgewendet, Anteile des eigenen Unternehmens zu kaufen. Das entspricht annähernd dem doppelten Gesamtwert aller 30 DAX-Unternehmen.


Das Analysehaus BCA Research hat errechnet, dass die Anzahl aller an den US-Börsen ausstehenden Aktien dadurch seither um sechs Prozent gefallen ist, Aktien also knapper geworden sind. Besonders aktiv bei Rückkäufen ist demnach der IT-Sektor - neben Apple auch Intel, Microsoft, Oracle, Qualcomm und viele andere. Dann folgen die Branchen Pharma, Konsumgüter und Finanzen.

Deutsche Unternehmen legen ebenfalls Wert auf einen aktionärsfreundlichen Ruf, beglücken ihre Eigner traditionell jedoch eher mit Dividenden als mit dem Rückkauf eigener Aktien. Das Forschungsinstitut der Anlagegesellschaft Flossbach von Storch (FvS) in Köln er­mittelte in einer Studie, dass DAX- und MDAX-Unternehmen von 2005 bis 2014 insgesamt 333 Milliarden Euro ausschütteten. Davon entfielen 85 Prozent auf Dividenden, nur 15 Prozent auf Rückkäufe.

Wobei diese Relation nicht darüber hinwegtäuschen sollte, dass auch in Deutschland gelegentlich große Rückkäufe laufen. Der Münchner Mischkonzern Siemens etwa legte im zu Ende gehenden Jahr 2015 ein Rückkaufprogramm mit einem Volumen von bis zu drei Milliarden Euro auf.

Auf den ersten Blick ist das für Aktionäre fabelhaft. Wenn Unternehmen eigene Anteile kaufen, senken sie die Zahl ausstehender Aktien und steigern so - selbst bei stagnierendem Gewinn - den auf jede verbliebene Aktie entfallenden Unternehmenswert und den Gewinn je Anteil. Insofern ist es schlüssig, dass die Kurse jener Firmen, die Rückkäufe durchführen - oder auch nur in Aussicht stellen -, tendenziell steigen, oft sogar recht sportlich.

Vorteile für Investoren. Hinzu kommt, dass Rückkäufe steuerliche Vorteile bieten können. Aktionäre müssen ausgeschüttete Dividenden sofort bei Zufluss versteuern, Kursgewinne jedoch erst bei einem Verkauf. Rückkäufe schonen also insbesondere jene Investoren, die langfristig engagiert bleiben wollen.

Doch auf den zweiten Blick zeigt sich, dass dieses Vorgehen nicht zwangsläufig toll ist: Der Teufel steckt - wie so oft - im Detail. Bei Rückkäufen kommt es darauf an, wann und zu welchem Preis Firmen ihrer "Selbstverliebtheit" freien Lauf lassen. Verantwortungslose Firmenlenker kaufen sogar zu historischen Spitzennotierungen sowie zu absurd hohen Kurs-Buchwert-Verhältnissen (KBV) und Kurs-Gewinn-Verhältnissen (KGV) - also nicht dann, wenn die eigenen Aktien unterbewertet sind, sondern genau dann, wenn sie extrem teuer sind.

Schlechtes Timing. Philipp Immenkötter, Autor der FvS-Studie, bescheinigt den führenden deutschen Unternehmen, ihr Timing in der Vergangenheit ­gehörig vermasselt zu haben. "Zwar wurden vor der Finanzkrise Ak­tien­rück­käufe mit großen Volumina durch­geführt, durch den anschließenden Kursverfall führte dies jedoch zu einer Kapitalvernichtung." Seit diesem Fiasko spielen Rückkäufe hierzulande, anders als in Amerika, kaum eine Rolle. Und in den USA sehen Kritiker den seit etwa fünf Jahren laufenden Trend hin zu "share buybacks" als Folge zweier Fehlanreize. Zum einen richtet sich die Managementvergütung vieler Weltkonzerne zu einem beträchtlichen Teil nach der Entwicklung des Aktienkurses. Das kann dazu verleiten, gezielt Kurspflege per Rückkaufprogramm zu betreiben: kurzfristig lukrativ für die Führungskräfte, langfristig für die verbleibenden Aktionäre, die ihre Papiere nicht verkauften - aber nicht immer.

Zum anderen fördern die seit der Finanzkrise vorherrschenden Niedrigstzinsen fahrlässigen Leichtsinn. Sofern die Bilanz nicht völlig marode ist, kann sich ein Unternehmen heute zu minimalen Kosten verschulden, für das aufgenommene Kapital eigene Aktien kaufen und deren Kurs in die Höhe treiben.

So schüttete beispielsweise der Getränke- und Lebensmittelgigant PepsiCo allein 2014 rund 8,7 Milliarden Dollar per Dividende und Aktienrückkauf an seine Aktionäre aus. 2015 sollen es neun Milliarden werden. Und brüstet sich in seinen Geschäftsberichten mit dieser "aktionärsfreundlichen" Strategie. Manchem Aktionär dürfte das angesichts der Apothekenpreise, die PepsiCo im Rahmen dieser Freundlichkeit bezahlt, eher sauer aufstoßen. Pepsis Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt aktuell bei hohen 30, das Kurs-Buch-Verhältnis bei elf. Zugleich nimmt das von Indra Nooyi geführte Unternehmen die Schwächung seiner Bilanz in Kauf. Die Eigenkapitalquote sank von 31,5 Prozent Anfang 2014 auf 19,4 Prozent im Herbst 2015. Ob das weise war, werden die nächsten Jahre zeigen.

Ein Blick auf JCPenney lässt zumindest Zweifel daran aufkommen. Von 2011 an kaufte der US-Einzelhändler eigene Aktien für mehr als 900 Millionen Dollar zu einem durchschnittlichen Kurs von rund 37 Dollar zurück. Kurzfristig lukrativ, mittelfristig eher nicht. Denn schon 2013 musste JCPenney, plötzlich klamm bei Kasse, eine Kapitalerhöhung durchführen und verkaufte neue Aktien für weniger als zehn Dollar. "Buy high, sell low", lautet solch eine "Anlagestrategie" - konsequenter können Manager das Kapital ihrer Aktionäre kaum vernichten.

Günstig kaufen. Es geht auch anders, wie das Beispiel Warren Buffett zeigt, der konsequent nur dann Aktien von Berkshire Hathaway zurückkauft, wenn das Kurs-Buchwert-Verhältnis niedriger als 1,2 ist und die Marktkapitalisierung unter dem in­neren Wert der Holding liegt.

Zwar ist eine genaue Bestimmung des inneren Werts, der im Kern den aktuellen Wert der zu erwartenden künftigen Gewinne von Unternehmen reflektiert, komplex. Ergänzend können aber andere wichtige Kennzahlen wie KBV, KGV und Cashflow Hinweise geben, ob Unternehmen mit ihren Rückkäufen richtig oder daneben­liegen.

Positive Beispiele sind nach Ansicht der €uro-Redaktion aktuell ­Apple und der Pharmakonzern Gilead Sciences, die beide mit revolutionären Produkten extrem viel Geld verdienen und auf Basis der absehbaren Gewinne derzeit vergleichsweise günstig zu haben sind.

Das gilt auch für den amerikanischen Sportartikelhersteller Nike, der im November ein neues Rückkaufprogramm mit einem Volumen von zwölf Milliarden Dollar verkündete - verbunden mit einer weiteren Dividendenerhöhung und einem Aktiensplit. Nikes Geschäfte laufen blendend. Das Ende Mai abgeschlossene Geschäftsjahr 2014/15 war das erfolgreichste aller Zeiten; der Umsatz stieg um zehn Prozent auf 30,6 Milliarden Dollar, der Gewinn sogar um 22 Prozent auf 3,3 Milliarden.

Zwar ist die Aktie, deren Kurs sich in den vergangenen fünf Jahren vervierfacht hat, beim Blick auf die Kennziffern alles andere als billig. Das aktuelle KBV liegt bei knapp neun, das KGV auf Basis der für 2016 erwarteten Gewinne bei etwa 27. Allerdings generiert Nike hohe Mittelzuflüsse, ist mit einer Eigenkapitalrendite zwischen 20 und 30 Prozent hoch profitabel - und auch sonst ist die Bilanz mit einer Eigenkapitalquote von knapp 60 Prozent alles andere als ein Trauerfall. Nike kann es sich leisten, konsequent eigene Aktien zurückzukaufen, und hat die Anzahl der ausstehenden Aktien binnen vier Jahren in einem sportlichen Tempo von 971 auf 884 Millionen verringert.

Andere Unternehmen laufen Gefahr, dass sie beim Timing patzen. Zuletzt kauften die S & P-500-Firmen, die zusammen einen der wichtigsten Aktienindizes der Welt bilden, mehr Aktien zurück, als sie an freiem Cashflow generierten. Sie steckten also mehr Geld in ihre eigenen Aktien, als ihre finanzielle Lage es eigentlich erlaubte - einmal ganz davon abgesehen, dass es für Unternehmen ja auch Sinn machen könnte, Geld in neue Produkte und Projekte zu investieren anstatt in eigene Aktien. Dass in den USA das Rückkaufvolumen und die Leitindizes der Börsen fast eins zu eins korrelieren, sollte Anleger angesichts des aktuellen Rückkaufbooms nachdenklich stimmen. Der Chart legt nahe, dass Unternehmen ihre Aktien am liebsten dann kaufen, wenn sie am teuersten sind.

Achtung, Blender. 1999, kurz vor dem Höhepunkt des New-Economy-Booms, fand Buffett klare Worte. "Ich habe das Gefühl", schrieb er damals, "dass die heutigen Rückkäufe zu oft dem Wunsch des Managements geschuldet sind, Zuversicht zu zeigen oder mit der Mode zu gehen - und weniger dem Wunsch, den Wert je Aktie zu steigern." Anleger sollten diese im Rückblick sicher zutreffende Warnung im aktuellen Umfeld berücksichtigen und sich nicht von neuen oder aufgestockten Rückkaufprogrammen blenden lassen. Es kommt nämlich immer darauf an, welchen Preis Unternehmen für ihre Selbstverliebtheit zu zahlen bereit sind.

Ausgewählte Hebelprodukte auf Apple

Mit Knock-outs können spekulative Anleger überproportional an Kursbewegungen partizipieren. Wählen Sie einfach den gewünschten Hebel und wir zeigen Ihnen passende Open-End Produkte auf Apple

NameHebelKOEmittent
NameHebelKOEmittent
Wer­bung

Bildquellen: MichaelJayBerlin / Shutterstock.com, Adam Jeffery/CNB/CNBCU/Photo Bank via Getty Images

Nachrichten zu Apple Inc.

Analysen zu Apple Inc.

DatumRatingAnalyst
20.11.2024Apple NeutralUBS AG
19.11.2024Apple OverweightJP Morgan Chase & Co.
15.11.2024Apple HoldJefferies & Company Inc.
07.11.2024Apple NeutralUBS AG
04.11.2024Apple OverweightJP Morgan Chase & Co.
DatumRatingAnalyst
19.11.2024Apple OverweightJP Morgan Chase & Co.
04.11.2024Apple OverweightJP Morgan Chase & Co.
28.10.2024Apple OverweightJP Morgan Chase & Co.
14.10.2024Apple OverweightJP Morgan Chase & Co.
07.10.2024Apple OverweightJP Morgan Chase & Co.
DatumRatingAnalyst
20.11.2024Apple NeutralUBS AG
15.11.2024Apple HoldJefferies & Company Inc.
07.11.2024Apple NeutralUBS AG
01.11.2024Apple HaltenDZ BANK
01.11.2024Apple HoldJefferies & Company Inc.
DatumRatingAnalyst
01.10.2024Apple UnderweightBarclays Capital
02.02.2024Apple UnderweightBarclays Capital
02.01.2024Apple UnderweightBarclays Capital
21.04.2021Apple SellGoldman Sachs Group Inc.
19.11.2020Apple SellGoldman Sachs Group Inc.

Um die Übersicht zu verbessern, haben Sie die Möglichkeit, die Analysen für Apple Inc. nach folgenden Kriterien zu filtern.

Alle: Alle Empfehlungen

Buy: Kaufempfehlungen wie z.B. "kaufen" oder "buy"
Hold: Halten-Empfehlungen wie z.B. "halten" oder "neutral"
Sell: Verkaufsempfehlungn wie z.B. "verkaufen" oder "reduce"