Euro am Sonntag

Übernahmen: So kassieren Anleger kräftig ab

30.06.16 20:40 Uhr

Übernahmen: So kassieren Anleger kräftig ab | finanzen.net

Wird ein Unternehmen aufgekauft, schießt der Aktienkurs meist steil nach oben. Wie Börsianer die besten Kandidaten aufspüren.

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von Sven Parplies, Euro am Sonntag

Das Angebot liegt auf dem Tisch: 115 Euro bietet der chinesische Konzern Midea für jede Aktie des deutschen Roboterherstellers Kuka. Insgesamt 4,5 Milliarden Euro. Als die Offerte Mitte Mai bekannt wurde, schoss der Kuka-Kurs um 23 Prozent nach oben.



Auch bei anderen Unternehmen konnten Anleger schnell viel Geld verdienen: Innerhalb von zwei Tagen legte die Aktie des Aachener Chipanlagenbauers Aixtron um 25 Prozent zu, als der chinesische Investmentfonds FGC sein Übernahmegebot veröffentlichte.

Deutsche Unternehmen sind aber auch selbst als Firmenjäger aktiv. Den spektakulärsten Deal will die Bayer AG einfädeln. Der Pharma- und Chemiekonzern bietet 62 Milliarden Dollar für den amerikanischen Saatgutkonzern Monsanto. Das entspricht einem Aufschlag von 25 Prozent auf den Börsenwert unmittelbar vor der Attacke.

Die Jäger werden mutiger

Die Zahl der Übernahmen dürfte weiter steigen. Dafür sprechen die Rahmenbedingungen. Das weltweit schwache Wirtschaftswachstum macht Übernahmen attraktiv, weil ein Käufer dadurch relativ leicht neue Geschäftsfelder erobern kann. Dank niedriger Zinsen ist die Finanzierung kein Problem.


Meist kaufen Unternehmen kleine Firmen, die noch nicht so teuer sind. Die Unternehmensberatung Ernst & Young aber hat in einer Umfrage im Frühjahr ermittelt, dass die Entscheider in den Chefetagen zunehmend bereit sind, größere Summe von bis zu fünf Milliarden Dollar in die Hand zu nehmen. Auf diesem Niveau bewegen sich viele Unternehmen aus dem deutschen Mittelstand. Im MDAX etwa, dem Aktienindex der mittelgroßen deutschen Unternehmen, sind derzeit zwei Drittel der Unternehmen weniger als fünf Milliarden Euro wert.

Wer genau auf dem Einkaufszettel steht, lässt sich natürlich schwer voraussagen. Die Vorbereitungen laufen unter strikter Geheimhaltung, weil Käufer verhindern wollen, dass der Aktienkurs des Zielobjekts vorab stark steigt. Mit einigen Tricks aber lässt sich der Kreis der Kandidaten eingrenzen. Wichtigstes Kriterium ist Qualität. Wer Milliarden investiert, will dafür ein Unternehmen, das hochwertige Produkte herstellt, möglichst profitabel wirtschaftet und eine starke Marktstellung hat. Und hier hat der deutsche Mittelstand einiges zu bieten, etwa den Maschinenbauer Pfeiffer Vacuum oder den Ingenieurdienstleister Bertrandt.

Hohe Aufschläge

Bei einem starken Unternehmen ist ein Käufer bereit, sehr tief in die Tasche zu greifen. Midea bietet für Kuka das 35-Fache des von Analysten für 2017 erwarteten Jahresgewinns. Die meisten Maschinenbauer gelten bereits ab dem 20-Fachen als überteuert. Kuka aber besetzt einen lukrativen Markt, weil Roboter inzwischen viele Aufgaben zuverlässiger und billiger verrichten als Menschen.


Besonders hohe Preise werden für Internetfirmen aufgerufen. Microsoft hat gerade das Karriereportal LinkedIn übernommen. Der Softwareriese zahlt das 45-Fache des für 2017 bei LinkedIn erwarteten Jahresgewinns. Das weckt Fantasie für die Aktie des deutschen LinkedIn-Konkurrenten Xing.

Die Hamburger Firma wird an der Börse derzeit nur mit etwa dem 30-Fachen des Jahresgewinns gehandelt. Rechnerisch würde das gemessen am LinkedIn-Deal bis zu 50 Prozent Aufwärtspotenzial im Fall einer Übernahme ergeben. Da der Medienkonzern Burda etwas mehr als die Hälfte aller Xing-Aktien besitzt, hat jeder Interessent einen klaren Ansprechpartner.

Auch bei anderen Unternehmen lohnt sich ein Blick auf die Aktionärsstruktur. Bei Pfeiffer Vacuum hat der familiengeführte Konkurrent Busch mit 27 Prozent der Aktie bereits einen Fuß in der Tür. Beim Kabelnetzbetreiber Tele Columbus ist United Internet mit 25 Prozent eingestiegen. Ob die Großaktionäre weiter aufstocken, ist offen. Eine Komplettübernahme im Fall Tele Columbus oder eine Fusion im Fall Pfeiffer Vacuum würde strategisch aber Sinn machen. Auch bei Vossloh könnte es stärkere Bewegungen geben. Dort hat der Unternehmer Heinz Herrmann Thiel 41 Prozent der Aktien - für einen Minderheitsaktionär eine ungewöhnlich große Position.

Geduld wird belohnt

Spekulationen auf Übernahmekandidaten brauchen Geduld. Niemand weiß, wann genau ein Angebot kommt. Zudem werden nur wenige Kandidaten wirklich geschluckt. Wer darum nicht nur auf einzelne Werte setzen will, kann beispielsweise über ein Zertifikat der HypoVereinsbank in einen Korb mit mehreren Kandidaten investieren.

Investor-Info

Zertifikat
Kaufkandidaten im Paket

Der Solactive German Mergers & Acquisitions-Aktienindex bündelt 20 Aktien von Übernahmekandidaten aus Deutschland. Portfoliomanager Jörg Lang setzt aktuell u.a. auf Bertrandt und Xing. Investieren können Anleger in den Index über ein Zertifikat der HypoVereinsbank (ISIN: DE000HV7TPD2). Die jährliche Gebühr beträgt 1,0 Prozent. Der Finanzen Verlag, in dem €uro am Sonntag erscheint, ist Indexberater. Seit Auflage 2012 hat das Zertifikat den HDAX klar abgehängt.

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Bildquellen: Hadrian / Shutterstock.com, TijanaM / Shutterstock.com

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