Euro am Sonntag-Interview

Peter Oppenheimer: "US-Investoren werden vorsichtig"

13.02.17 16:12 Uhr

Peter Oppenheimer: "US-Investoren werden vorsichtig" | finanzen.net

Peter Oppenheimer, der Chefstratege für Aktien von Goldman Sachs über die Gefahr einer Blasenbildung im Anleihemarkt und Aktienchancen 2017 in Europa.

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von Birgit Haas, Euro am Sonntag

Spätestens in der zweiten Jahreshälfte sollten Anleger US-Aktien meiden, meint Goldman Sachs. Nicht nur, weil dann die Trump-Politik Auswirkungen zeigen könnte, sondern auch aus fundamentalen Gründen. Peter Oppenheimer, Chefstratege für den globalen Aktienmarkt der US-Investmentbank, erläuterte im Interview bei der Globalen Strategiekonferenz von Goldman Sachs in Frankfurt am Main die Risiken und warum er an ein Comeback des europäischen Aktienmarkts glaubt.

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€uro am Sonntag: Der frischgebackene US-Präsident Donald Trump ist in nur zwei Wochen zum unbeliebtesten Präsidenten in der Geschichte der USA avanciert. Ändert das etwas an den positiven Konjunktureffekten, die seine Steuerreform und die geplanten fiskalpolitischen Maßnahmen haben könnten?
Peter Oppenheimer:
Unseres Erachtens birgt die Trump-Agenda Risiken in beiden Richtungen: Steuersenkungen und Infrastrukturfinanzierung können das Wachstum ankurbeln, aber durch die negativen Effekte der Handels- und Zuwanderungsbeschränkungen aufgehoben werden. Die jüngsten Schwierigkeiten, die der republikanisch dominierte US-Kongress im Verfahren zur Aufhebung des Gesundheitsversicherungsgesetzes Obamacare hatte, sprechen eher gegen eine schnelle Einigung über die Steuerreform oder Infrastrukturfinanzierung. Dies bestärkt uns in unserer Auffassung, dass das Wachstum durch fiskalpolitische Impulse eher eine Story für das nächste Jahr werden wird. Wir erwarten außerdem eine Erhöhung der effektiven Importzölle und eine Reduzierung der Zuwanderungsströme.

Wie weit sind wir von einem Zollkrieg entfernt?
Er stellt eine Gefahr dar, und unseres Erachtens würde sich ein größeres wirtschaftliches Risiko vor allem aus den Vergeltungsmaßnahmen der anderen Länder gegen höhere Zölle auf Einfuhren in die USA ergeben. Präsident Trump hat vorgeschlagen, Importe aus Mexiko mit 35 Prozent und Importe aus China mit 45 Prozent zu verzollen. Wir nehmen an, dass Mexiko und China mit gleichwertigen Zolltarifen darauf reagieren werden. Dadurch würde die Nachfrage nach Produkten aus den USA beträchtlich sinken, sodass das US-BIP den Prognosen unserer Volkswirte zufolge bis zum Jahr 2019 um rund 0,7 Prozentpunkte zurückgehen würde. Schon jetzt werden US-Investoren vorsichtiger.
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Wird sich die Trump-Politik am US-Aktienmarkt widerspiegeln?
Wir gehen davon aus, dass im ersten Quartal dieses Jahres der S & P 500 noch weiter steigen wird, bis auf über 2.400 Punkte, um dann bis Ende des Jahres auf 2.300 Punkte zurückzufallen. Wir erwarten also relativ niedrige Renditen, mit einem starken Jahresanfang und leichter Schwäche zum Jahresende hin. Das spiegelt vor allem unseren Gedanken wider, dass der Markt für die Wachstumsimpulse durch Trump im Voraus bezahlt hat.

Mittlerweile sind auch zyklische Werte recht hoch bewertet. Macht es noch Sinn, in einen solch heiß gelaufenen Markt zu investieren?
Der Markt ist in der Tat ziemlich überbewertet. Gegenwärtig werden S & P-500-Werte um mehr als das 17-Fache ihres Kurs-Gewinn-Verhältnisses gehandelt. Abgesehen von der Technologieblase im Jahr 1999 waren die Aktienkurse im Vergleich zu ihrem Ertragsniveau noch nie so hoch. Und das Gewinnwachstum der Unternehmen ist nicht stark genug, um die Aktienkurse noch deutlich über dieses Niveau nach oben zu treiben. Dadurch wird der Markt anfällig für Enttäuschungen. Dennoch betrachten wir Aktien mit Ertragschancen von fünf Prozent als Investition vor Anleihen.
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Glauben Sie, dass es zu einem Crash am Aktienmarkt kommen könnte - wie nach der Jahrtausendwende, als die Technologieblase platzte?
Einbrüche oder Korrekturen am Aktienmarkt sind nur schwer vorhersehbar, viele davon sind die Folge unerwarteter Ereignisse. Ich bezweifle aber, dass wir eine extrem schnelle Bewegung in die eine oder andere Richtung sehen werden. Dies begründet sich auch durch die Geldpolitik: Wir erwarten in diesem Jahr eine dreimalige Zinserhöung durch die Fed. Das bedeutet, dass die Zinszügel stetig, in kleinen Schritten angezogen werden. Die Zinsniveaus werden daher nicht so weit in die Höhe getrieben, dass sie eine Rezession auslösen könnten. Ohne einen Konjunktureinbruch oder kräftigen Zinsschock dürften wir kaum einen Crash am Aktienmarkt erleben. Das Risiko eines Zusammenbruchs im Anleihesektor dürfte größer sein. Die Anleiherenditen haben sich deutlich unter dem Niveau bewegt, das unseres Erachtens dem aktuellen Marktwert entspricht.

Während die Preise für Anlagen enorm gestiegen sind, sind die für Konsumgüter nur wenig gewachsen. Erwarten Sie in diesem Jahr eine höhere Inflation in den USA und Europa?
Seit dem Jahr 2009 und dem Beginn der expansiven Geldpolitik hat sich die Finanzwelt von der realen Wirtschaft abgekoppelt. Während die Preise für europäische und US-amerikanische Hochzinsanleihen und S & P-500-Werte um mehr als 150 Prozent gestiegen sind, waren die Konjunkturindikatoren im Vergleich dazu eher schwach: Dies gilt beispielsweise für das Lohnwachstum in beiden Regionen. Die Rohstoffpreise waren sogar rückläufig. Für die USA prognostizieren wir für dieses Jahr eine Inflationsrate von 2,7 Prozent. In Europa könnten regional größere Differenzen auftreten: In Großbritannien dürfte Inflationspotenzial aufgrund eines schwächeren Pfund Sterling zu erwarten sein.

Steigen dann auch die Aktienkurse hier stärker an?
Mit einigen nur kurzen Unterbrechungen hat Europa seit der Finanzkrise nie mit dem US-Aktienmarkt Schritt halten können. Die Voraussetzungen für eine überdurchschnittliche Performance in Europa sind dieses Jahr aber gut - besonders dann, wenn die Kursschwäche des Euro anhält. In Zeiten, in denen sich das globale Konjunkturwachstum beschleunigt, hat Europa schon immer am besten abgeschnitten. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich verbessert. Für den Euro Stoxx 600 sind wir, insbesondere in der zweiten Hälfte dieses Jahres, optimistisch gestimmt.

Wenn es im S & P 500 nicht mehr so gut läuft?
Man sollte unbedingt berücksichtigen, dass nicht nur US-amerikanische Anleger, sondern auch europäische im vergangenen Jahr so viel Nettokapital aus dem Aktienmarkt gezogen haben wie kaum jemals zuvor. Dafür gab es einige Gründe: Wachstumssorgen, Bedenken wegen der Stabilität einiger Banken. Die politische Unsicherheit hat den Anlegern ebenfalls Sorge bereitet.

Aber die größten politischen Ereig- nisse - Wahlen in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland sowie die Brexit-Verhandlungen - stehen uns noch bevor. Wieso sollten Investoren nun nicht mehr beunruhigt sein?
Natürlich gibt es Unwägbarkeiten. Einige Entwicklungen sind jedoch schon eingepreist und haben sich in niedrigeren Bewertungen an den europäischen Aktienmärkten niedergeschlagen.

Welchen Sektoren gestehen Sie denn derzeit die besten Investmentchancen zu?
In Europa werden Banken von wesentlicher Bedeutung sein. Dieser Sektor hat sich zu Beginn des Vorjahres extrem schlecht entwickelt, konnte sich jedoch im Sommer 2016 erholen, als die Marktteilnehmer das Wachstum und die Inflation neu bewertet haben, die Anleiherenditen gestiegen sind und sich die Renditestrukturkurve versteilert hatte. Unseres Erachtens gibt es noch ein wenig Aufwärtspotenzial aus der Neubewertung der Inflationsaussichten und Banken dürften davon profitieren. Die Performance von Banken ist jedoch eng mit dem politischen und wirtschaftlichen Risiko verknüpft. Im europäischen Wahlkalender stehen in diesem Jahr viele Termine an, die neue Risiken bringen können. Der Einzelhandel ist und bleibt ein Sektor, den wir für anfällig halten, da sowohl die Kosteninflation steigt als auch der Wettbewerb härter wird, etwa im Internethandel.

Und zudem?
Außerdem finden wir einige der globalen zyklischen Sektoren wie Stahl, Medien, Bauwesen und Technologie gut, da diese aufgrund von Schwerpunktverlagerungen vom globalen Wachstumsaufschwung profitieren. Wir würden zudem empfehlen, Basiskonsumgüter nach wie vor unterzugewichten, da dieser Sektor angesichts seines hohen Bewertungsaufschlags empfindlich auf einen weiteren Anstieg der Anleiherenditen reagieren dürfte.

Wieso sollten Banken in Europa nach ihrem Absturz jetzt besser laufen?
Nun ja, sie blicken auf eine Zeit der sehr schlechten Performance zurück, da sie sich im Zentrum der Finanzkrise befunden haben. Allerdings haben sich nun einige Dinge geändert. Das Risiko negativer Zinsniveaus schwindet allmählich. Die Diskussion um eine adäquate Kapitalausstattung klingt ab. Bankenwerte sind außerdem sehr günstig zu haben - und bieten daher Potenzial. Ebenso wie die US-Banken profitieren auch europäische Bankhäuser unverhältnismäßig von einem reflationären Umfeld. Darüber hinaus könnten US-amerikanische Finanzkonzerne nun auch von den deregulatorischen Tendenzen der Trump-Regierung profitieren.

Und was ist Ihre Meinung zur weiteren Entwicklung in den Schwellenländern? Sind Investitionen dort eine gute Ausweichmöglichkeit zu den USA und Europa?
Es ist schwer, Schwellenmärkte als nur eine einzige Assetklasse zu betrachten, da unterschiedliche Abhängigkeiten herrschen. Jedoch scheinen viele Schwellenmärkte - ganz gleich, ob es sich bei der Abhängigkeit um Rohstoffe oder Exporte handelt - das letztjährige Tief überstanden zu haben. Mittlerweile haben viele Schwellenmärkte ihre Position gestärkt, das globale Wachstum hat sich verbessert. Die politischen Umstände sind in einigen Fällen entgegenkommender geworden und die Rohstoffpreise sind gestiegen. Länder wie Brasilien, Indien oder Russland haben sich wieder erholt.

Vita:

Brite durch und durch
Zwei Eigenschaften kennzeichnen den Lebenslauf von Peter Oppenheimer: Seit Beginn seiner Laufbahn 1985 arbeitete er als Anlagestratege, erst beim Vermögensverwalter Greenwell, dann mit einem Schwerpunkt bei James Chapel, der Hambros Bank und HSBC, bevor er 2002 zu Goldman Sachs wechselte. 2006 wurde er dort zum Partner ernannt. Oppenheimer ist Londoner durch und durch: Beruflich hat er die britische Hauptstadt selten verlassen. Hier engagiert er sich auch sozial: bei der Anne-Frank-Stiftung gegen Rassismus und bei der Anne-Freud-Stiftung.

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Bildquellen: Goldman Sachs Real Estate Parallel Fund GmbH & Co.

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15.01.2025Goldman Sachs Sector PerformRBC Capital Markets
15.01.2025Goldman Sachs NeutralUBS AG
15.01.2025Goldman Sachs OverweightJP Morgan Chase & Co.
06.01.2025Goldman Sachs NeutralUBS AG
16.10.2024Goldman Sachs BuyJefferies & Company Inc.
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15.01.2025Goldman Sachs OverweightJP Morgan Chase & Co.
16.10.2024Goldman Sachs BuyJefferies & Company Inc.
15.10.2024Goldman Sachs OverweightJP Morgan Chase & Co.
15.07.2024Goldman Sachs BuyJefferies & Company Inc.
16.01.2024Goldman Sachs BuyJefferies & Company Inc.
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15.01.2025Goldman Sachs Sector PerformRBC Capital Markets
15.01.2025Goldman Sachs NeutralUBS AG
06.01.2025Goldman Sachs NeutralUBS AG
15.07.2024Goldman Sachs Sector PerformRBC Capital Markets
17.10.2023Goldman Sachs Sector PerformRBC Capital Markets
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19.10.2017Goldman Sachs SellSociété Générale Group S.A. (SG)
24.02.2017Goldman Sachs SellJoh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank)
10.01.2017Goldman Sachs SellCitigroup Corp.
06.05.2016Goldman Sachs SellSociété Générale Group S.A. (SG)
01.03.2016Goldman Sachs SellSociété Générale Group S.A. (SG)

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