Euro am Sonntag

E-Health mit Dr. Google

12.10.15 12:30 Uhr

E-Health mit Dr. Google | finanzen.net

Google, jetzt Alphabet, ist der wichtigste Techkonzern der Welt. Und heute schon Krankenkasse, Augenarzt, Diagnostiker. Mitgründer Larry Page will mehr: den Tod überwinden.

Werte in diesem Artikel

von Marcel Speiser, Euro am Sonntag

Sucht man im Internet nach einer Diagnose für medizinische Leiden, sind allgemein verständliche, aber doch detaillierte Informationen über Krankheiten schwer zu finden. Google, der Konzern, der neuerdings Alphabet heißt, hat sich Anfang des Jahres vorgenommen, diesen Missstand zu beheben. Inzwischen stellt er Informationen zu fast 1.000 Krankheiten in Englisch zur Verfügung.



Damit hält sich der Techkonzern aber nicht lange auf. Vor wenigen Tagen hat Google Capital, der Start-up-Fonds von Alphabet, mehr als 30 Millionen Dollar in eine reine Online-Krankenkasse gesteckt.

Sie heißt Oscar, ist nur in den US-Bundesstaaten New York und New Jersey aktiv, wurde vor drei Jahren gegründet und ge­neriert bereits knapp 60 Millionen Dollar Prämieneinnahmen. Oscar garantiert den Kunden, innerhalb von zehn Minuten mit einem Arzt telefonieren zu können, und verschenkt Fitness- Tracker. Werden sie benutzt, sinken die Prämien. In Zukunft schwebt der Firma vor, jedem Kunden aufgrund seines Gesundheitsprofils eine individuelle Prämie zu berechnen.


Alphabet sieht im Oscar-Investment vor allem einen Transmissionsriemen für andere Projekte. Zum Beispiel für die intelligente Kontaktlinse, welche mit der Novartis-Tochter Alcon entwickelt wird. Die Partner haben den Multimilliardenmarkt Diabetes im Blick. Die Linse soll den Blutzuckerspiegel in der Augenflüssigkeit messen und damit ­Diabetikern die Insulindosierung erleichtern.

Gleichzeitig könnte die Linse via Smartphone die Messdaten auch an die behandelnden Ärzte übermitteln. Schon im kommenden Jahr will Novartis klinische Tests mit der Diabetes- Linse sowie mit einem Modell gegen Alterssichtigkeit durchführen.


Sind diese erfolgreich, will Alphabet den Produkten schnell zu Reichweite verhelfen - unter anderem über Versicherte bei Oscar. Der Vorstoß ins Diabetes-Geschäft hat auch den franzö­sischen Pharmariesen Sanofi auf den Plan gerufen. Das Diabetes-Schwergewicht hat sich umgehend als Partner angeboten.

Überhaupt arbeitet Alphabet im Gesundheitsbereich eng mit Dritten zusammen. Neben Novartis und Sanofi ist auch das amerikanische Broad Institute dabei. Die gemeinsame Forschungseinrichtung der US-Eliteuniversitäten Harvard und MIT hat sich mit den Kalifor­niern zusammengetan, um die weltweit verfügbaren Datenbanken zu genetischen Informationen über den Menschen zu sammeln, zu analysieren und der Forschung zugänglich zu machen. Das wiederum könnte die Entwicklung neuer Therapien gegen weitverbreitete Krankheiten wie Krebs oder eben Diabetes stark beschleunigen.

Milliarden für Gesundheit

Obwohl Alphabet im Gesundheitsbereich noch nicht viel Konkretes vorzuweisen hat, sind Analysten bereits fasziniert: "Außerhalb des Kerngeschäfts steckt der Konzern geschätzte drei bis fünf Milliarden Dollar pro Jahr in die Entwicklung - der Löwenanteil davon fließt in den Gesundheitsbereich", schrieb vor Wochenfrist die amerikanische Investmentbank Cowen.

Insbesondere in Calico, das wohl ambitionierteste und geheimnisvollste Projekt von Google-Mitgründer Larry Page. Calico beschäftigt sich mit dem ­Altern und der Heilung alters­bedingter Krankheiten wie Parkinson oder Alzheimer. Pages Ziel ist nichts Geringeres, als den Tod zu überwinden. Deshalb soll sich Calico gar nicht erst mit Krebstherapien oder Ähnlichem aufhalten.

"Wenn wir Krebs heilbar machen, erhöhen wir die Lebenserwartung um ungefähr drei Jahre. Das ist nicht dieses riesengroße Ding, das die Welt fundamental verändern wird", sagt Page. Für Alphabet und Calico muss es mehr sein: das Streben nach Unsterblichkeit.

Investor-Info

Alphabet (Google)
Gesunde Gewinne

Seit wenigen Tagen notiert die Aktie unter dem Namen der neuen Konzernholding Alphabet. Die Suchmaschine und die Webdienste sind künftig klar von den anderen Aktivitäten - etwa Google Capital oder dem Labor Google X, das auch an den Kontaktlinsen forscht - getrennt. Ziel ist eine höhere finanzielle Transparenz. Kostendisziplin und Ergebnisdynamik des Konzerns sollen steigen. Analysten rechnen für 2016 mit einem Gewinnwachstum von 17 Prozent. Günstig.

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Bildquellen: photogearch / Shutterstock.com, Justin Sullivan/Getty Images

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