Euro am Sonntag

Banken versus Fintechs: Über den Kopf gewachsen

05.09.18 14:20 Uhr

Banken versus Fintechs: Über den Kopf gewachsen | finanzen.net
Frankfurt Skyline Banken

Dass die Commerzbank im DAX durch den Bezahldienstleister Wirecard abgelöst wird, ist eine Warnung an die großen Geldinstitute. Wie Anleger den Aufstieg der jungen Wilden nutzen können.

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von Birgit Haas, Euro am Sonntag
Wo Martin Zielke dieser Tage auch auftaucht, immer hört er als Erstes die Frage: "Was sagen Sie dazu, dass Wirecard die Commerzbank im DAX ablöst?" Persönlich fände er das nicht schön, sagt der Chef der Commerzbank, fügt dann aber hinzu, dass er nicht mit gravierenden Auswirkungen auf das Geschäft rechne . Wichtig ist Zielke aber zu betonen, der voraussichtliche Abstieg von Deutschlands zweitgrößter börsennotierter Bank in den MDAX zeige, "dass wir als Banken unsere Geschäftsmodelle digitalisieren und die technischen Möglichkeiten nutzen müssen". Am 5. September gibt die Deutsche Börse die neue Indexzusammenstellung bekannt.



Die fast sichere Ablösung der Commerzbank im DAX durch den Bezahldienstleister Wirecard ist ein harter Schlag für das Image der deutschen Bankenwelt. Es ist die Rechnung dafür, dass die Universalbanken in den vergangenen Jahren mehr mit der Aufarbeitung der Finanzkrise beschäftigt waren, als sich den neuen technologischen Herausforderungen zu stellen.

Der Kreditgeber Auxmoney, die Smartphonebank N26, die Social-Trading-Plattform Wikifolio, der börsennotierte Anbieter von Finanztechnologie Fintech Group und vor allem Bezahldienstleister Wirecard sind online in Marktlücken vorgedrungen und haben konkurrenzfähige Größen erreicht. Währenddessen schrumpft die Bedeutung der Universalbanken auf dem Parkett. So verlor die Commerzbank während der ersten sechs Monate ein Drittel ihres Börsenwerts und liegt mittlerweile bei nur noch 10,5 Milliarden Euro. Im gleichen Zeitraum hat sich der Marktwert des DAX-Aufsteigers Wirecard auf 23,7 Milliarden Euro mehr als verdoppelt.


Damit ist er auch an der Deutschen Bank vorbeigezogen (20,6 Milliarden Euro). Das ist umso bemerkenswerter, als Wirecard mit knapp 5000 Mitarbeitern im ersten Halbjahr 2018 einen Umsatz von lediglich 900 Millionen Euro erzielte, die Deutsche Bank mit 97 000 Mitarbeitern jedoch Erträge von 13,6 Milliarden Euro. Für den Börsenaufstieg sind jedoch Marktkapitalisierung und Handelsumsätze der Aktien ausschlaggebend.

Unwiderstehliche Bezahlanbieter

Investoren lieben Wirecard, sie stehen auf digitales Bezahlen, wie es die ehemalige Ebay-Tochter Paypal, die niederländische Adyen und die Onlinebezahldienste von Google, Apple oder Alibaba anbieten. Firmen hierzulande, die eine digitale Kasse für ihren Onlineshop benötigen, Menschen, die via Handy bezahlen - für die Entwickler technischer Lösungen boomt dieses Geschäft.



Hätte die Commerzbank den Abstieg verhindern können, wenn sie früh auf digitale Bezahldienste gesetzt hätte? Zielke sagt Nein: "Digitale Bezahldienstleistungen hätten nie in unser Geschäftsmodell gepasst." Insofern sei Wirecard kein Konkurrent. Ihn treibt ein anderes Schreckgespenst um: Die Geldinstitute befinden sich im Wettlauf mit den Technologieriesen aus den USA um einen milliardenschweren Schatz: die Daten der Bankkunden. Onlinewerbung und der Verkauf von Daten sind für Google und Facebook wesentliche Einnahmequellen. Wie viel besser ginge das, wenn sie auf die Daten von Girokonten und Kreditkarten zugreifen könnten.

Bisher bremsen Vorschriften und fehlende Banklizenzen Google, Amazon, Apple und Facebook aus. Dennoch geht Andreas Krautscheid, Hauptgeschäftsführer des privaten Bankenverbands, davon aus, dass "Datenriesen in wenigen Jahren die härtesten Konkurrenten von Banken" sein werden.

Nur mithilfe von Banken

Hierzulande sind nur wenige Fintechs so groß, dass sie in der Schlacht der Giganten aus eigener Kraft mithalten können. "Jungen Unternehmen fehlt es an Kapital und Kunden. Banken haben beides", meint Auxmoney-Chef Raffael Johnen. Das verlocke Gründer dazu, sich auf Banken einzulassen. Die unterstützen gern. Ohne Fintech-Hub, einer Abteilung, die Jungunternehmer berät und ihren Firmen Büros zur Verfügung stellt, kann sich eine Bank in der Branche nicht mehr blicken lassen.

Dieser Verlockung hat Unternehmer Johnen in den elf Jahren seit Gründung der Kreditplattform Auxmoney widerstanden. Das war nicht immer leicht. Herkömmliche Geldinstitute fragten an, ob man etwa das von Auxmoney entwickelte Bonitätsprüfungsmodell kaufen könne. Konnte man nicht. Der Preis dafür: Auxmoney arbeitet erst seit dem vergangenen Jahr profitabel.

Im Sommer hat das Fintech eine weitere Grenze durchbrochen. Seit Gründung wurden Kredite im Gesamtwert von mehr als einer Milliarde Euro vergeben, allein in diesem Jahr schon mehr als 500 Millionen Euro. Das beeindruckende Wachstum verdankt der Aufsteiger auch dem wachsenden Kreis institutioneller Investoren - und Banken, die Kunden, denen sie selbst kein Darlehen gewähren dürfen, an Auxmoney vermitteln. "Über uns erweitern sie ihre Kreditvergabe", freut sich Johnen. Er ist mit den Banken auf Augenhöhe. Als Angestellter eines Geldhauses hätte der Ex-Rothschild-Investmentbanker ein so lange verlustbringendes Geschäft wie Auxmoney nie entwickeln dürfen.

Andererseits ist seine Firma auf Banken angewiesen: Da Auxmoney keine Banklizenz besitzt, kooperieren die Düsseldorfer bei der Kreditvergabe mit der Süd-West-Kreditbank. Die Konten der Anleger bei der Fintech-Firma führt die BIW AG, die zur Frankfurter Fintech Group gehört. Eine eigene Banklizenz ist für Auxmoney kein Thema. Typisch, meint Tamaz Georgadze vom Anlagevermittler Weltsparen: "Fintechs gehen dahin, wo die Distributionsmargen zu holen sind. Sie haben kein Interesse daran, die Konten selbst zu führen."

Dahin, wo Gewinne winken

Dass mit Kontoführung nicht viel verdient werden kann, zeigt ein Blick in die Bilanzen der Banken. Die Geschäftsmodelle der jungen Finanzdienstleister fokussierten sich deshalb auf Vertrieb oder Softwarelösungen, berichtet Georgadze. Banken nutzen Fintechs, um Teile ihres Geschäfts und Dienstleistungen schneller und ohne Risiko zu entwickeln. Dabei übernehmen Fintech-Satelliten auch ganze Produktbereiche, sagt die Unternehmensberatung PwC.

Beispiel Scalable: In nur zwei Jahren akquirierte der digitale Vermögensverwalter aus München mehr als eine Milliarde betreutes Vermögen. Möglich wurde dies dank einer Kooperation mit der ING-DiBa. Die Direktbank verzichtete auf die Entwicklung eines eigenen Robo-Advisors. Nun will der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock ebenfalls Scalable nutzen - und hat sich an der Firma beteiligt. Für Scalable ist das ein Sprung in die nächste Dimension - als Ergänzung und nicht als Konkurrent oder Zerstörer kooperierender Banken.

Trotz der Koexistenz werden die jungen Fintechs weiter wachsen. Auch Coba-Chef Zielke weiß, dass die Technologisierung der Finanzbranche Gewinner und Verlierer haben wird. Er hofft deshalb, mit seinem Radikalumbau richtig zu liegen. Den Wettlauf gegen die Zeit nennt er lieber "Ansporn".

Investor-Info

Wirecard
Selbstbewusster Jungspund

Die Nachfrage nach digitalen Bezahlmöglichkeiten boomt, das belegt die jährliche Verdreifachung des Betriebsgewinns bei Bezahldienstleister Wirecard, der für Deutschland auch eine Banklizenz hat. Zweimal hat die Firma aus Aschheim bei München in diesem Jahr bereits ihre Prognose angehoben. Für 2018 und 2019 erwarten Analysten Gewinnsteigerungen von jeweils 40 und 35 Prozent. Die Aktie ist aber teuer - für Risikofreudige.

Commerzbank
Senior auf Rosskur

Cobas voraussichtlicher Abstieg in den MDAX ist kein Grund zur Sorge. Greift die forcierte Digitalisierung des Geschäftsmodells, könnte das Geldhaus hierzulande bei Universalbanken sogar zum Vorreiter werden. Deutschlands zweitgrößte Bank verfügt hierzulande über ein wertvolles Firmenkundenportfolio. Mit Blick auf das für 2019 und 2020 erwartete Gewinnwachstum ist die Aktie günstig.

Rob. Global FinTech Equities
Aufsteiger im Paket

In Deutschland sind nur wenige Fintechs börsennotiert. Anleger, die weltweit auf den Erfolg der jungen Tech-Firmen setzen wollen, können das mit dem Fintech-Fonds von Robeco tun. Auch global ist die Anzahl der gelisteten Firmen bisher noch überschaubar. Allerdings haben die Fondsmanager auch die Börsengänge in den kommenden Jahren auf dem Zettel. Im aktuellen Portfolio sind unter anderem Wirecard, Paypal und Worldpay. Mit knapp 20 Prozent ist die Wertentwicklung des Fonds seit Jahresanfang beachtlich.


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Bildquellen: Fotolia, Rudy Balasko / istockphoto

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