Euro am Sonntag-Analyse

Turnaround: Welche Aktien vor einem Neustart stehen

28.10.16 20:45 Uhr

Turnaround: Welche Aktien vor einem Neustart stehen | finanzen.net

Abgestürzte Aktien können großes Kurspotenzial bieten. Die Redaktion hat drei Titel herausgesucht, bei denen sich eine Trendwende abzeichnet.

Werte in diesem Artikel
Aktien

46,40 EUR 1,05 EUR 2,32%

43,48 EUR 0,17 EUR 0,39%

67,05 EUR -0,65 EUR -0,96%

Rohstoffe

72,98 USD 0,31 USD 0,43%

69,57 USD 0,33 USD 0,48%

von Sven Parplies, Euro am Sonntag

Dunkelblauer Anzug, schmal geschnitten. Dazu ein weißes Baumwollhemd, blaue Krawatte, Gürtel und Schuhe in Schwarz. Die Fußballer von Real Ma­drid tragen bei offiziellen Auftritten fernab des Rasens neuerdings Anzüge von Hugo Boss. Am eigenen Erscheinungsbild muss das Metzinger Modeunternehmen, das auch die Deutsche Fussball- Nationalmannschaft ausstattet, dagegen noch arbeiten.



Die Boss-Aktie hat sich seit dem Hoch im Frühjahr vergangenen Jahres mehr als halbiert. Vorstandschef Claus-Dietrich Lahrs musste gehen. Der neue Boss ist Mark Langer. Als ehemaliger Finanzvorstand kennt er sich bestens aus mit schmucklosen Kennziffern. Jene Dinge also, über die man auf den schillernden Modenschauen der Welt nicht redet, die aber die Zukunft eines Unternehmens entscheiden.

Lahrs wollte Boss stärker als Luxusmarke etablieren. Er erhöhte die Preise, vor allem in China. Um das Image aufzupolieren, eröffnete Boss rund um den Globus eigene Läden und trieb damit die Kosten in die Höhe. Eine riskante Strategie, die viele Unternehmen der Mode- und Luxusgüterindustrie verfolgten. Als die Nachfrage nach edlen Stoffen im Schatten der globalen Finanzkrise einbrach, geriet auch Boss in Bedrängnis.


Langer muss den richtigen Weg zwischen Kostenkontrolle und Investitionen finden. Die Geschäftszahlen im zweiten Quartal machen Hoffnung. Der Umsatz fiel um ein Prozent, aber nicht so stark wie von Börsianern erwartet. Die Rohertragsmarge - grob die Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreisen - ging sogar leicht nach oben. "Um mittelfristig wieder profitabel zu wachsen, haben wir Entscheidungen getroffen, die zunächst schmerzhaft sind. Dazu zählen die Schließung von Stores und die strukturelle Veränderung unseres Vertriebs im US-Großhandel", so Langer.

Die Boss-Aktie hat sich seit dem Tief im Juli stabilisiert. Die Commerzbank glaubt, dass der Markt die Selbstheilungskraft der Modefirma unterschätzt. Boss habe zu schnell und zu teuer expandiert, korrigiere jetzt aber den Kurs.


Zwei wichtige Termine stehen an: Am 2. November gibt es die neuen Quartalszahlen. Auf dem Investoren-Tag am 16.  November erwarten Börsianer Aussagen zur Strategie. Spekuliert wird etwa, dass Boss die Zahl seiner Marken reduziert. So ist bei den Nebenmarken Orange, Green und Hugo die Abgrenzung für den Kunden schwer zu durchschauen. Weniger Marken würden Kosten drücken und das Profil stärken.

Hugo Boss ist eine Turnaround-­Spekulation, also eine Aktie, die stark an Wert verloren hat, die die Trendwende aber schaffen kann. Geht die Spekulation auf, sind die Kursgewinne meist deutlich. Das Risiko dabei: Nicht jeder Turnaround gelingt.

Fallstricke beim Neustart

Wie schwer ein Neuanfang sein kann, zeigt Bilfinger. Der Industriedienst­leister hat Anleger mit einer rekordverdächtigen Serie von Gewinnwarnungen verschreckt. Nachdem sich die Aktie im Jahr 2014 halbiert hatte, spekulierten mutige Börsianer im vergangenen Jahr auf ein Ende der Probleme. Zwei Kurs­erholungen wurden aber schnell erstickt, die Aktie knickte erneut ein. In der Spitze verlor der Konzern insgesamt knapp drei Viertel seines Börsenwerts.

Der seit Juli amtierende Tom Blades ist der vierte Konzernchef bei Bilfinger innerhalb von zwei Jahren. Nachdem auch der Finanzchef ausgetauscht worden ist, dürfte das neue Team jetzt stehen. Bis Jahresende will Blades seine Strategie präsentieren. Eckpunkte zeichnen sich bereits ab.

Der Komplettverkauf der Kraftwerk­sparte wurde gestoppt, weil die Gebote zu niedrig waren. Zumindest Teile der Sparte dürften aber abgegeben werden. Bilfinger will auch internationaler werden: Im Iran haben sich die Mannheimer einen ersten Auftrag für die Modernisierung einer Raffinerie gesichert, ­einen weiteren neuen Deal fädelte das Management in Texas ein. Auch neue Investitionen sind wahrscheinlich. Dank des Verkaufs der Bau- und Immobilien­sparte liegt Geld bereit.

Für eine nachhaltige Trendwende der Aktie müssen die Geschäftszahlen von Bilfinger besser werden. Im ersten ­Halbjahr gab es kleine Fortschritte. Der ­Nettoverlust aus fortzuführenden Ak­tivitäten schrumpfte von 48 auf 15 Millionen Euro. Analysten sind bemerkenswert optimistisch: Immerhin sechs von 14 Profis sehen eine Kaufgelegenheit, nur einer senkt aktuell den Daumen. Zuletzt hat die britische Bank HSBC grünes Licht gegeben, auch in der Hoffnung, dass der Konzern unter neuer Führung Glaubwürdigkeit zurückgewinnt.

Stimmungskrise

Ein Turnaround der etwas anderen Art zeichnet sich bei Morphosys ab. Die Aktie der bayerischen Biotechfirma hat in der Spitze über die vergangenen beiden Jahre mehr als 60 Prozent an Wert verloren. Ein derart starker Einbruch deutet eigentlich auf grundlegende Probleme im Unternehmen hin - die Kurs­krise der Morphosys-Aktie ist aber wohl eher eine Stimmungskrise.

Derzeit haben Biotechaktien generell einen schweren Stand. Börsianer fürchten, dass eine neue US-Regierung unter Clinton die Preise für neue Medikamente drücken könnte, um das Gesundheitssystem zu entlasten. Morphosys hat zudem unter Rückschlägen in der ­eigenen Produktentwicklung gelitten. Auch der Vorstoß von Vorstandschef ­Simon Moroney, stärker zu investieren, gefällt nicht allen Börsianern. Das stärkste Argument für die Morphosys-­Aktie war allerdings stets die breite Produktpipeline des Unternehmens. Mehr als 100 Wirkstoffe hat Morphosys in der Entwicklung. Davon werden nicht alle den Durchbruch schaffen, schon einzelne Wirkstoffe können aber viel Geld in die Kasse bringen.

Mit Erfolgsmeldungen aus der Pipeline hat Morphosys zuletzt die Aufmerksamkeit auf das operative Geschäft lenken können. So hat der belgische Partner Janssen in einer Studie zur Wirksamkeit des Mittels Guselkumab gegen Schuppenflechte die wichtigsten Ziele erreicht. Bei der Untersuchung handelte es sich um die letzte von drei Testphasen. Noch in diesem Jahr will Janssen die Zulassung beantragen. Die Investmentbank JP Morgan traut Guselkumab in der Spitze einen Jahresumsatz von 800 Millionen Euro zu. Morphosys würde fünf Prozent Lizenzgebühr erhalten.

Bis Ende 2017 erwartet Morphosys zu 38 Wirkstoffen aus unterschiedlichen Phasen klinische Daten. Besonders spannend wird MOR208. Dieser Antikörper gegen Blutkrebs ist kein Partnerprogramm wie Guselkumab, sondern ein eigenes Produkt von Morphosys. Im Erfolgsfall würde das Unternehmen damit sehr viel mehr Geld verdienen als in einem Partnerprogramm.

Investor-Info

Hugo Boss
Zwei wichtige Ereignisse

Der Modekonzern passt seine Strukturen der schwächeren Nachfrage an. Die Aktie hat sich nach dem Absturz bei etwa 50 Euro gefangen. Im November stehen mit der Veröffent­lichung der Geschäftszahlen für das dritte Quartal und einem Investorentag für Analysten zwei wichtige Ereignisse an, die der Aktie neue Impulse geben dürften.

Bilfinger
Aktie auf Erholungskurs

Im Juli und August hat die Aktie knapp über 25 Euro einen Boden gebildet. Seit September geht es aufwärts. Der charttechnische Aufwärtstrend könnte den Kurs zumindest bis 35 Euro treiben. Operativ gibt es viele Heraus­forderungen. Die Hauptsparte Industrieservice hängt stark von der Entwicklung des Ölpreises ab, da viele Kunden aus diesem Bereich kommen. Nächster wichtiger Termin sind die für den 10. November angekündigten Quartalsergebnisse.

Morphosys
Große Pipeline

Die Aktie der Biotechfirma hat ihre Talfahrt bei Kursen um 36 Euro gestoppt. Gute Nachrichten aus der Produktpipeline haben die Aktie im Oktober dann nach oben getrieben. Der wahre Wert von Morphosys liegt in der großen Produktpipeline. Deren Wert wird sich langfristig entfalten. Dabei wird es immer wieder auch Rückschläge geben, da in der Pharma- und Biotechbranche viele Kandidaten in der Entwicklung nicht die erhoffte ­Wirkung zeigen. Das macht Biotechaktien ­generell zu einem riskanten Investment.

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Bildquellen: Andrey Burmakin / Shutterstock.com, Lichtmeister / Shutterstock.com

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