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Fielmann: Kein Durchblick im Netz?

18.08.18 11:00 Uhr

Fielmann: Kein Durchblick im Netz? | finanzen.net

Dass sich Brillen im Internet verkaufen lassen, hat man bei Fielmann lange bezweifelt. Nun investieren die Hamburger, um von den Konkurrenten im Netz nicht überrannt zu werden.

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von Birgit Haas, Euro am Sonntag

Eine Brille aus dem Internet hat Marc Fielmann einmal als "Zufallsprodukt" mit meist "mangelhafter Qualität" bezeichnet. Eine Brille muss an Nase, Stirnbreite angepasst und zentriert werden. Das ist ein sensibles Handwerk. Schauen die zahlreichen Brillenträger nur Millimeter an der optimalen Position vorbei, können gesundheitliche Folgeschäden wie chronische Kopfschmerzen auftreten. Obwohl Kunden im Netz mithilfe eines hochgeladenen Porträtfotos bereits testen können, ob ihnen eine Brille steht - die Anprobe beim Optiker ersetzt die vorhandene Technologie noch nicht.

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Nun ist ausgerechnet der 28-jährige Filius von Günther Fielmann, dem 78-jährigen Chef des gleichnamigen deutschen Optikerimperiums, angetreten, um diese Technik zu entwickeln. Unter anderem wegen der hohen Kosten für die Investitionen musste Fielmann vor Veröffentlichung der Zahlen aus dem ersten Halbjahr eine Gewinnwarnung aussprechen. Mit rund zwei Millionen Euro schlugen die Ausgaben außerplanmäßig stark zu Buche. Der Aktienkurs sank auf ein Vierjahrestief. Investoren beunruhigte, dass Fielmann den Umsatz lediglich um zwei Prozent auf 711 Millionen Euro steigern konnte und das Vorsteuerergebnis wegen höherer Personalkosten und Investitionen sogar um sechs Prozent zurückgegangen ist.

Trotz Investitionen können die 65 Prozent der Deutschen, die auf Sehhilfen angewiesen sind, noch überhaupt keine Brillen bei Fielmann online ordern. Der Marktführer vertreibt bislang lediglich Kontaktlinsen in einer geschlossenen App.
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Digitalisierung in Sicht

Erst wenn es technisch möglich ist, dass sich über das Internet die individuelle Sehstärke ermitteln lässt und sich Brillen anpassen und zentrieren lassen, wird es so weit sein. Das werde zwar länger als ein halbes Jahr dauern, "aber sicher keine zehn Jahre mehr", sagte Marc Fielmann in einem Interview mit dem "Handelsblatt". Die Digitalabteilung von Fielmann will den Wandel mit­initiieren: Die Hamburger halten bereits ein Patent zur Zentrierung von Brillen per Videoaufnahme.

Dirk Graber jedoch hält Fielmann gern vor, die Digitalisierung zu verpassen. Der Chef des Online-Versandhändlers Mister Spex sowie die Wettbewerber Eyes & More und Brille24 kokettieren mit zweistelligen Wachstumsraten, bei Mister Spex sollen es im vergangenen Jahr 15 Prozent gewesen sein.

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Doch die Branchenerhebung des Optikerverbands ZVA sagt etwas anderes: Zwar wächst der Branchenumsatz online mit sechs Prozent stärker als der stationäre mit knapp drei Prozent. Aber von den etwas mehr als sechs Milliarden Euro Branchenumsatz entfallen lediglich rund vier Prozent oder 260 Millionen Euro auf Verkäufe im Netz. Davon erwirtschaften die Internetoptiker rund die Hälfte mit Kontaktlinsen. Sonnenbrillen und Sehbrillen stemmen zu je gleichen Teilen die anderen 50 Prozent.Marc Fielmann schätzt, dass der Marktanteil für E-Commerce-Brillen bei einem Prozent stagniert: "Es ist bloßer Zufall, ob eine nach Mittelwerten zentrierte Brille passt oder nicht."

Mister Spex & Co haben Lehren da­raus gezogen. Das Problem des Internet­optikers ist, dass er laut "Bundesanzeiger" trotz Umsatz von mehr als 90 Millionen Euro 2016 Verlust macht. Das operative Ergebnis (Ebitda) lag drei Millionen Euro im Minus. An der miserablen Marge haben auch rund 500 Kooperationen mit Optikern vor Ort nichts geändert. Seit 2016 eröffnet Mister Spex eigene Filialen. Aktuell sind es zehn, bald sollen es 100 sein. Mit der sogenannten Multichannel-Lösung - also einem Mix aus Online- und stationärem Handel - kann Mister Spex Brillen günstiger verkaufen als Fielmann, aber mehr verlangen als im Netz.

Großinvestor Goldman Sachs und Scottish Equity Partners haben vergangenes Jahr die Strategie mit 15 Millionen Euro unterstützt. Wegen der Expansion in die Offlinewelt hat Graber auch den für Herbst 2018 avisierten Börsengang beziehungsweise den Verkauf von Mister Spex an einen großen Optikerkonzern auf unbestimmte Zeit verschoben.

Stark dank Diversifizierung

Dass die Filialen von Mister Spex Fielmann schaden könnten, bezweifeln die Analysten vom Bankhaus Lampe. Zwar prognostizieren auch sie, dass der Preisdruck auf Brillengläser zunehmen dürfte. Aber sie setzen auf Expansion. Mit acht Filialen ist der deutsche Platzhirsch bereits in Norditalien präsent. Italiener seien dazu bereit, für eine Brille deutlich mehr Geld auszugeben, lautet die Begründung Fielmanns für den Schritt. "Mittelfristig erwarten wir 40 Filialen mit einem Umsatzpotenzial von 70 Millionen Euro", schreiben die Experten von Lampe. Auch eine weitere Internationalisierung durch einen Markteintritt in Spanien halten sie perspektivisch für lukrativ. Zudem wachse Fielmann mit Hörgeräten zweistellig.

Außerdem bleibt der Brillenverkauf stark: In knapp 600 Filialen hat Fielmann vergangenes Jahr eine Milliarde Euro verdient. Das ist deutlich effizienter als die Kette Apollo, die Rang 2 der umsatzstärksten Optiker belegt. Der Ableger des Konzerns Grandvision machte in 800 Filialen in Deutschland knapp 700 Millionen Euro Umsatz. Anleger sollten die Aktie der Niederländer trotz des ineffizienteren DeutschlandGeschäfts nicht ignorieren. Grandvision macht international das Dreifache des Umsatzes von Fielmann. Und forscht ebenfalls an einer Technologie, die Brillenkauf im Internet möglich macht. Fielmann sollte sich mit der Digitalisierung beeilen.

Investor-Info

Fielmann
Trend nach oben

Nach der jüngsten Korrektur hat die Aktie die Talsohle durchschritten. Anleger steigen noch auf einem günstigen Niveau ein. Im zweiten Halbjahr dürfte der Umsatz wieder anziehen, Ausgaben für Investitionen bleiben aber hoch. Attraktive Dividende.

Grandvision
Wachsen in den USA

Anfang nächster Woche legt der Optikerkonzern Zahlen für das zweite Quartal vor. Analysten gehen von starkem Wachstum aus, getrieben von der Expansion in die USA und nach Asien. Die Aktie der Niederländer ist ein Schnäppchen und hat Turnaround-Potenzial.




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