Ein Prosit auf die Bierbranche: Das sind die wahren WM-Sieger
Durch die Fußball-Weltmeisterschaft klingeln bei Brauerei-Konzernen die Kassen. Doch großen Grund zum Jubeln haben nicht alle aus der Branche. Die Gewinner und Verlierer.
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von Floriana Hofmann, Euro am Sonntag
Anpiff. Thomas Müller, Timo Werner & Co gegen die Mannschaft aus Mexiko. Millionen Deutsche verfolgen das erste Spiel der deutschen Elf bei der Fußball-Weltmeisterschaft am Sonntag live. Was beim Public Viewing oder auf dem heimischen Sofa für viele auf keinen Fall fehlen darf: Bier. Der Gerstensaft gehört genauso zur Ausstattung eines Fans wie die Landesfahne und das Trikot des Lieblingsspielers.
Brauereikonzerne profitieren von dem sportlichen Großereignis durch den sogenannten WM-Effekt. Vor und während den Weltmeisterschaften 2010 und 2014 seien in Deutschland rund vier Prozent mehr Bier verkauft worden, sagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, Holger Eichele. Auch für das laufende Turnier ist er optimistisch: "Gerade zur WM wird es sicherlich wieder zahllose Public Viewings, Straßenfeste und Grillpartys geben, die ohne ein kühles Bier nur schwer vorstellbar sind."
Einen solchen Schub kann die Bierbranche, bei der zuletzt eher Katerstimmung herrschte, gut gebrauchen. Denn das Marktumfeld ist alles andere als weltmeisterlich. Von 2012 bis 2016 stagnierte der weltweite Bierausstoß bei unter zwei Milliarden Hektolitern pro Jahr. Auf Sicht von zehn Jahren steht bis 2016 nur ein spärliches Plus von im Schnitt jährlich 1,5 Prozent zu Buche (siehe Grafik unten). In Deutschland schrumpfte der Absatz zuletzt gar. Viele Brauereien ächzen unter Überkapazitäten und dem ausgeprägten Preiskampf.
So kam es in der Branche zu einer starken Konsolidierungswelle. Im Jahr 2016 übernahm der weltgrößte Brauereikonzern Anheuser-Busch Inbev (AB Inbev) aus dem belgischen Löwen den Wettbewerber SAB Miller aus Großbritannien. 92 Milliarden Euro kostete der bis dahin zweitgrößte Bierkonzern. Durch den Zukauf wollen die Belgier ihre Kosten senken und effizienter arbeiten. Die Synergieeffekte aus der Übernahme sollen sich auf 3,2 Milliarden US-Dollar belaufen, bisher wurden 2,3 Milliarden Dollar realisiert.
Gewinner stoßen an
In Deutschland ist der Weltmarktführer mit Marken wie Beck’s, Franziskaner Weißbier oder Spaten bekannt. Auf dem wichtigsten Markt des Konzerns, den USA, verkaufen die Belgier die Traditionsmarke Budweiser. Dort ist der Druck auf AB Inbev besonders groß, viele Amerikaner bevorzugen inzwischen Wein, Spirituosen oder Bier von kleinen Brauereien, das Craft Beer. Seit 2008 sank der Absatz des Braukonzerns in den USA um satte 15 Prozent.
Die WM dürfte hier nicht helfen. Als wichtiger Faktor für den lokalen Bierabsatz während der Weltmeisterschaft gilt der Erfolg der jeweiligen Nationalelf. Bleibt ein Team länger im Turnier, so steigt erfahrungsgemäß die Nachfrage nach Bier landesweit. Das US-Team hat sich allerdings gar nicht für die Reise nach Russland qualifizieren können.
Gut sieht es für AB Inbev jedoch auf seinem zweitgrößten Markt Brasilien aus. Die Chancen, dass die Mannschaft um Topstar Neymar bei der diesjährigen Weltmeisterschaft nicht enttäuscht und weit kommt, stehen gut. Auch abseits des Turniers haben sich die Aussichten in dem südamerikanischen Land wieder gebessert. Die Wirtschaft ist auf Erholungskurs. 2016 waren wegen der schwachen Konjunktur die Gewinne von AB Inbev in Brasilien noch eingebrochen. Jetzt ist eine Trendwende in Sicht.
Die Nummer 1 aus Belgien ist mit insgesamt über 500 Marken in mehr als 100 Ländern präsent. Dadurch ist AB Inbev bestens aufgestellt, den Bierdurst während der WM zu löschen. Das dürfte sich auch in der Bilanz bemerkbar machen. Für das zweite Quartal, in dem die meisten der 64 WM-Partien stattfinden, erwarten Analysten einen Anstieg des operativen Gewinns von sechs Prozent auf 5,7 Milliarden Dollar.
Nicht jeder kann siegen
Im Gastgeberland Russland dürfte der Bierabsatz während der Weltmeisterschaft generell anziehen. An sich wäre das eine gute Ausgangsposition für den dänischen Braukonzern Carlsberg, der rund ein Fünftel seines Geschäfts in Russland macht. Doch die Dänen dürften von der WM nicht besonders profitieren: Rivale AB Inbev hat die exklusiven Rechte zum Bierausschank in den WM-Stadien ergattert.
Außerhalb ist das Geschäft teils schwierig, denn die Regierung beschränkt Verkauf und Konsum von Alkohol rund um manche Arenen.
Restriktionen Moskaus haben Carlsberg schon im ersten Quartal die Stimmung vermiest. Die russische Regierung hatte den Verkauf von Bier in großen Plastikflaschen verboten, um den starken Alkoholkonsum der Bevölkerung einzudämmen. Carlsberg büßte Marktanteile ein. Auch aus Deutschland droht Ungemach wegen des Vorwurfs unerlaubter Preisabsprachen. Ein Bußgeld wurde bereits verhängt. Die Dänen legten Einspruch dagegen ein, nehmen aber auch das Prozessrisiko in Kauf: Die Strafe könnte aufgestockt werden.
Hoffnung auf einen positiven WM-Effekt macht sich auch die weltweite Nummer 2: Heineken ist stark auf dem europäischen Markt, erzielt dort 40 Prozent des Absatzes. Gut für die Niederländer, dass mit Deutschland, Frankreich und Spanien gleich drei der größten Titelanwärter aus Europa kommen.
Tore feiern mit Craft Beer
Besser noch, dass sich inzwischen die Aussichten für die gesamte Branche aufhellen. Der weltweite Absatz soll bis 2022 laut Schätzungen des Finanzdienstleisters Bloomberg um 2,5 Prozent pro Jahr steigen. Vor allem die jüngeren Kunden trinken dabei mit Vorliebe Craft Beer. Der Sud aus kleinen Brauereien soll 2022 bereits 21 Prozent des gesamten Ausstoßes ausmachen - nach 18,6 Prozent im vergangenen Jahr.
Branchenprimus AB Inbev hat sich bereits eingekauft. Schon 2014 hatten die Belgier den Zeitgeist erkannt und den US-Craft-Beer-Brauer Blue Point aus Long Island geschluckt. Junge Konsumenten dürstet es zunehmend nach lokalen Marken - und geschmacklicher Abwechslung. Denn die moderne Biervariante schmeckt meist intensiver als die herkömmlichen Sorten. Auch deutsche Fans sind begeistert - und stoßen etwa mit einem malzigen Pale Ale auf Siege der Nationalmannschaft an.
Investor-Info
AB Inbev
Solider Weltmarktführer
Bei den Belgiern läuft es in schwierigem Umfeld vergleichsweise gut. AB Inbev profitiert von den Synergieeffekten nach der Übernahme von SAB Miller und der Fokussierung auf neue Märkte. Die Nummer 1 dürfte am stärksten vom WM-Effekt und vom anziehenden Absatz profitieren. Schöne Dividende.
Heineken
Lahme Party
Die Niederländer haben ihre Aktionäre zuletzt nicht gerade in Feierlaune versetzt. Für die Zukunft erwarten Analysten für den Brauereikonzern mit bekannten Marken wie Heineken oder Desperados leicht steigende Gewinne. Für eine Kaufempfehlung der Aktie der weltweiten Nummer 2 reicht es jedoch nicht ganz.
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