Euro am Sonntag-Aktien-Check

Aktienmarkt: Bullen suchen neue Dynamik

19.09.18 07:09 Uhr

Aktienmarkt: Bullen suchen neue Dynamik | finanzen.net

Der DAX steckt in der Krise: Konzerne kürzen ihre Gewinnprognosen, die Aktienkurse fallen. Warum es der Index so schwer hat, was für eine Wende spricht.

von Sven Parplies, Euro am Sonntag

Ein bisschen peinlich ist das schon: Zweimal bereits hat der Autozulieferer Continental in diesem Jahr seine Geschäftsprognose kürzen müssen. Auch andere DAX-Konzerne sind unverhofft ins Schlingern geraten: Daimler, Deutsche Post, Henkel und Thyssenkrupp haben sich ebenfalls von ihren Jahreszielen für 2018 verabschiedet.



Die Gründe sind je nach Unternehmen unterschiedlich, aber es gibt klare Muster: steigende Kosten bei der Deutschen Post und Thyssenkrupp, Währungseffekte und steigende Rohstoffpreise bei Henkel. Oder eine Palette an externen und internen Problemen wie bei Conti und Daimler.

Auch jenseits der großen Problemfälle ist der Optimismus verblasst. Im vergangenen Jahr noch hatten die deutschen Großkonzerne mit 133 Milliarden Euro einen neuen Gewinnrekord erzielt. Das ist Vergangenheit. Nach Berechnung der Unternehmensberatung EY schrumpfte der operative Gesamtgewinn aller Indexmitglieder im zweiten Quartal um elf Prozent. Der Umsatz stagnierte, auch weil fast zehn Milliarden Euro durch Währungseffekte auf der Strecke blieben. Noch ist es zu früh, von einer Krise zu sprechen: "Operativ läuft es bei den meisten Unternehmen nicht schlecht - im zweiten Quartal häuften sich allerdings Sondereffekte", beschreibt Mathieu Meyer, Mitglied der Geschäftsführung bei EY, die Lage.


Analysten haben auf die Geschäftsergebnisse reagiert und ihre Prognosen angepasst. Bei 18 DAX-Konzernen, also fast zwei Dritteln der Indexmitglieder, ist die vom Datendienst Bloomberg errechnete Konsensschätzung der Analysten seit Jahresbeginn gesunken. Auch für 2019 überwiegen die Prognosekürzungen. Bei sinkenden Gewinnschätzungen steigen Bewertungskennziffern wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis und machen Aktien weniger attraktiv.

Entsprechend trist sieht es auf dem Kurszettel aus: Sollte es keine Trendwende mehr geben, wird der DAX erstmals seit 2011 wieder ein Jahr mit einer negativen Kursentwicklung beenden.


Der Trend in Deutschland steht im krassen Widerspruch zur Euphorie in den USA. Die Unternehmen des amerikanischen Aktienindex S & P 500 werden ihre Gewinne laut Analystenschätzung in diesem Jahr um mehr als 20 Prozent steigern. Der wichtigste US-Aktienindex liegt rund zehn Prozent im Plus und nahe seinem Rekordniveau. Die unterschiedliche Entwicklung von DAX und S & P 500 hat handfeste Gründe. Angefeuert durch massive Steuersenkungen läuft die amerikanische Wirtschaft unter Volldampf. Steigende Löhne heben die Stimmung der Konsumenten. Unternehmen nutzen ihre Finanzkraft, um eigene Aktien zu kaufen und treiben damit die Kurse zusätzlich an. Auch der vergleichsweise hohe Anteil der Technologiefirmen hilft dem S & P 500 im aktuellen Umfeld.

Der von US-Präsident Donald Trump entfachte Handelskrieg belastet derweil vor allem Unternehmen in anderen Ländern. In Deutschland stehen insbesondere die Autokonzerne unter Druck. Die Branche ist international stark vernetzt und darum auf einen möglichst freien Warenverkehr angewiesen. Andere zum Teil selbst verschuldete Herausforderungen - der Dieselskandal, hohe Ausgaben für die Entwicklung neuer Technologien - lassen wenig Puffer, um zusätzliche Rückschläge abzufangen.

Für Daimler bleibt das Jahr eine Zitterpartie. Der operative Gewinn (Ebit) soll nach der gekürzten Prognose "leicht unter dem Niveau des Vorjahres" liegen. Nach den ersten sechs Monaten liegt Daimler prozentual zweistellig unter dem Vorjahreswert. BMW hat im Gegensatz zum Erzrivalen die Prognose zuletzt bekräftigt. Angestrebt werde ein Konzernergebnis vor Steuern auf Vorjahresniveau - zur Halbzeit lagen die Münchner leicht hinter Plan. Beide Autokonzerne müssen ihr Tempo im zweiten Halbjahr also erhöhen. Das Analysehaus Warburg Research sieht bei Daimler und BMW die Jahresziele in Gefahr.

Folge dem Trend

Die Gewinne in den Bilanzen der Unternehmen sind auf lange Sicht der wichtigste Kurstreiber der Aktienmärkte. Allein seit der großen Finanzkrise haben die DAX-Konzerne trotz der schwächelnden Bankenbranche ihren operativen Gewinn mehr als verdoppelt. Die Kursgewinne der Aktienmärkte sind also durch harte Fakten untermauert. Auf kurze Sicht ist die Sache dagegen komplizierter.

Wenn Unternehmen Quartalsergebnisse vorlegen, können schon kleine Abweichungen von der Konsenserwartung die Kurse stark bewegen. Wie genau ein Unternehmen abschneidet, lässt sich ohne vertrauliches Insiderwissen unmöglich voraussagen. Ähnlich wie bei der Aktienkursentwicklung gibt es aber auch bei Analystenschätzungen ein Phänomen: das Momentum.

Analysten neigen dazu, die Dynamik eines Unternehmens im operativen Geschäft zu unterschätzen. Nach guten Geschäftsergebnissen heben die Profis ihre Prognosen zu zaghaft an, nach schlechten Nachrichten kürzen sie sie nicht kräftig genug. Damit legen sie unbewusst die Basis für die nächste Überraschung. Somit kann es sich für Anleger lohnen, auf die Aktien jener Unternehmen zu setzen, deren Gewinnschätzungen ohne extreme Sprünge gestiegen sind - in der Hoffnung, dass das Überraschungspotenzial nicht ausgereizt ist.

Hoffnungsträger

Ein Kandidat ist Adidas. Die Aktie des Sportartikelkonzerns war im Mai unter Druck geraten, weil einigen Börsianern die Jahresprognose zu vorsichtig war. Nach den starken Ergebnissen zur Jahresmitte aber hat die Konsensschätzung jetzt angezogen. Ähnlich sieht es bei Vonovia aus. Der Immobilienkonzern profitiert von den weiter steigenden Marktpreisen für Wohnraum und den in Europa weiter niedrigen Zinsen, durch die sich Projekte billig finanzieren lassen.

Nachlegen könnte auch Beiersdorf. Zur Jahresmitte schraubte Konzernchef Stefan Heidenreich die Umsatzpro­gnose leicht nach oben, fasste das Margenziel aber nicht an. Das könnte eine sinnvolle Vorsichtsmaßnahme sein, schließlich hat der Konsumgüterkonzern ähnlich wie Henkel mit steigenden Rohstoffkosten und Währungseffekten zu kämpfen. Das starke Wachstum kleinerer Marken weckt Hoffnung, dass Beiersdorf nachlegen kann.

Für den gesamten DAX gibt es derweil auch ermutigende Signale. Der Geschäftsklimaindex des Ifo-Instituts, für den rund 9.000 Entscheider aus den Unternehmen befragt werden, ist im August erstmals seit dem letzten November gestiegen. Ifo-Präsident Clemens Fuest hebt dabei "merklich optimistischere Erwartungen" auch in der Automobil­industrie hervor, die für den DAX ein wichtiger Sektor ist. Das weckt die Hoffnung, dass es der Kurs des Index in diesem Jahr doch noch in die Gewinnzone schaffen könnte.

Investor-Info

Adidas
In der richtigen Spur

Nach den Plänen des Sportartikelkonzerns soll der Gewinn aus fortgeführten Geschäftsbereichen in diesem Jahr um 13 bis 17 Prozent steigen. Die Analystenschätzung liegt derzeit mit 1,65 Milliarden Euro über dem Mittelwert dieser Spanne. Adidas profitiert von langfristigen Trends, dem wachsenden Gesundheitsbewusstsein und dem Aufstieg der Schwellenländer. Gestützt wird der Kurs durch das Aktienrückkaufprogramm des Konzerns. Wir sehen weiteres Kurspotenzial.

Beiersdorf
Versteckter Glanz

Der Konsumgüterkonzern steht vor allem für seine Hauptmarke Nivea. Dort legte der Umsatz im ersten Halbjahr um solide 3,5 Prozent zu. Spannend werden die Nebenprojekte: Die Luxusmarke La Prairie erreichte zuletzt einen Umsatzsprung von 56 Prozent. Das zeigt, dass Beiersdorf auf längere Sicht noch viel Potenzial in seinem Markenportfolio hat. Die hohe Bewertung der Aktie wird relativiert durch eine Nettoliquidität von vier Milliarden Euro.

Vonovia
Schöne Aussicht

Mit rund 400.000 Wohnungen ist Vonovia Deutschlands größer börsennotierter Immobilienkonzern. Die Bochumer haben ihre Gewinnprognose gerade angehoben. Möglich gemacht hat das die Einbeziehung der gerade übernommenen schwedischen Immobiliengesellschaft Victoria Park. Schafft Vonovia die Prognose, würde das operative Ergebnis um rund 15 Prozent über Vorjahr liegen. Auch die Dividende sollte weiter zulegen.





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Bildquellen: Stuart Monk / Shutterstock.com, xxx

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