Erhöhte Volatilität

"Jagen Sie Aktien nicht hinterher": Analyst Tyler Richey erwartet Erholungsrally des S&P 500 - bevor etwas Schlimmes droht

07.09.23 23:00 Uhr

"Jagen Sie Aktien nicht hinterher": Analyst Tyler Richey erwartet Erholungsrally des S&P 500 - bevor etwas Schlimmes droht | finanzen.net

Begann das Börsenjahr 2023 mit einer furiosen Rally, scheint die Luft vorerst raus zu sein. Der August erwies sich als ein recht schwacher Monat, die Volatilität nahm wieder zu. Marktexperte Tyler Richey sieht darin aber nur einen Vorgeschmack auf einen holprigen Herbst an der Wall Street.

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• Richey erkennt kurzfristiges Aufwärtspotenzial bei US-Aktien
• Bewegungen des S&P 500 im Widerstandsbereich von 4.515 Punkten entscheidend
• Richey: Inverse Zinskurve könnte aber zu gravierenden Turbulenzen führen

Die erhöhte Volatilität an den US-Börsen nahmen zuletzt einige Marktbeobachter zum Anlass, den sich vermeintlich schon lange anbahnenden Crash auszurufen. Robert Kiyosaki verwies auf die immer defensiveren Aktienmarktpositionierungen der Börsenlegenden Warren Buffett und Michael Burry, Keith McCullough sprach von der "Mutter aller Blasen" und JPMorgan-Analyst Marko Kolanovic machte die sinkenden Ausgaben der US-Verbraucher als Grund für eine Börsentalfahrt aus.

Andere Analysten wie etwa die der US-Bank Goldman Sachs unter der Leitung von David Kostin zeichneten hingegen ein deutlich positiveres Bild und sehen in der leichten Korrektur nur eine Gegenbewegung, die nach den enormen Kurszuwächsen der letzten Monate als vollkommen normal einzustufen sei. Ihnen zufolge werde der Bullenmarkt schon bald wieder fortgesetzt werden. Der Charttechniker Tyler Richey, Mitherausgeber bei Sevens Report Research, bewegt sich zwischen den beiden Polen und zeichnet ein gemischtes Bild.

Richey: Kurzfristige Erholungsrally voraus

Der Anstieg der Volatilität an den Aktienmärkten könne anhand des gängigen Indikators Relative Strength Index (RSI) verdeutlicht werden, wie Richey gegenüber "MarketWatch" erläutert. Der RSI bewertet die Geschwindigkeit und das Ausmaß der jüngsten Kursveränderungen eines Index oder einer Aktie, um festzustellen, ob diese sich in einem über- oder unterbewerteten Bereich befindet. Traditionell gilt ein RSI-Wert von über 70 als überkauft, während ein Wert unter 30 auf eine überverkaufte Situation hinweist.

Im August befand sich der breite US-Aktienmarktindex S&P 500 mehrfach im überverkauften Bereich - also im Bereich von unter 30 -, was generell auf sich anbahnende Erholungsrallys hindeutet. Laut Richeys Analyse wird es im September darauf ankommen, ob der S&P 500 den sich als zäh erweisenden Widerstandsbereich zwischen 4.465 und 4.515 Zählern dauerhaft hinter sich lassen kann. "Ob eine solche Erholungsrally in der Lage ist, die August-Abwärtstrendlinie zu überwinden, wird für den kurzfristigen Trend der Aktien entscheidend sein, da ein Scheitern den Weg des geringsten Widerstands nach unten führen würde", zitiert "MarketWatch" aus Richeys Notiz. Derzeit notiert der S&P 500 bei einem Stand von 4.465,48 Einheiten (Stand: Schlusskurs vom 6. September 2023), also exakt an der unteren Kante des erwähnten Widerstandsbereichs zwischen 4.465 und 4.515 Punkten. Das bisherige Jahreshoch von 4.607,07 Zählern ist jedoch ebenfalls nur knapp über drei Prozent entfernt - ein Überspringen dieses Kursniveaus würde Richey zufolge den Weg nach oben frei machen.

Dieser Faktor könnte aber in einen Kurszusammenbruch münden

Allerdings hält Richey eine nachhaltige Aufwärtsentwicklung über das derzeitige Jahreshoch hinaus für äußerst unwahrscheinlich; zu groß seien weiterhin die Rezessions- und Zinssorgen. Es ist vor allem ein Aspekt, der Richey Sorgenfalten auf die Stirn treibt: die inverse Zinskurse (engl. inverted yield curve). Eine inverse Zinskurve liegt dann vor, wenn die kurzfristigen Zinssätze höher sind als die längerfristigen Zinssätze für Staatsanleihen. Der Grund: Anleger, die aufgrund wirtschaftlicher Unsicherheit höhere Renditen für kurzfristige Anlagen verlangen, lassen die kurzfristigen Zinsen steigen, während die langfristigen Zinsen durch die Erwartung eines künftigen Konjunkturrückgangs nach unten gedrückt werden. Dieses Phänomen spiegelt das schwindende Vertrauen in die Zukunftsaussichten der Wirtschaft wider und kann die Kreditaufnahme, die Kreditvergabe und die Investitionstätigkeit einschränken.

Erstmals seit Jahren ist in den USA seit einigen Monaten eine solche inverse Zinsstruktur zu beobachten. Während eine zweijährige US-Staatsanleihe (engl. Treasury Note) aktuell eine Rendite von 5,04 Prozent bietet, erhalten Käufer einer zehnjährigen US-Staatsanleihe hingegen nur eine Rendite von 4,30 Prozent (Stand ist jeweils der 6. September 2023).

"Die Bewegungen bei den Staatsanleihen in den letzten Wochen deuten darauf hin, dass sich das US-Wirtschaftswachstum inmitten einer weiterhin hartnäckig restriktiven Fed-Geldpolitik weiter verschlechtern wird", erklärte Richey, der eine gravierende Finanzkrise nicht ausschließen will. "Während eine sich vertiefende Inversion die Tür für eine kurzfristige Erleichterungsrallye offen lässt, bleibt das Risiko eines Bruchs im Finanzsystem historisch erhöht," schloss Richey seine Analyse mit warnenden Worten ab.

Redaktion finanzen.net

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