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"Alle Ersparnisse aufgebraucht": JPMorgan-Analyst Marko Kolanovic sieht schwarz für US-Aktien

30.08.23 23:00 Uhr

"Alle Ersparnisse aufgebraucht": JPMorgan-Analyst Marko Kolanovic sieht schwarz für US-Aktien | finanzen.net

Das Börsenjahr 2023 läuft deutlich besser, als es viele Experten erwartet hatten. Getrieben von der Aussicht auf ein Ende des Zinserhöhungszyklus und einem Produktivitätsschub angesichts der Massenadaption von Künstlicher Intelligenz strebten die globalen Börsen nach oben. Doch damit könnte nun Schluss sein, meint JPMorgan-Analyst Marko Kolanovic.

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• JPMorgan-Analyst Kolanovic mit Ende des Konsumbooms der US-Verbraucher
• Geringere Konsumausgaben dürfte Gewinnmargen der Unternehmen belasten
• Kolanovic rechnet mit Abwärtsbewegung des S&P 500 bis Ende des Jahres

Nach dem phänomenalen Start ins Börsenjahr 2023 scheint der Aktienrally vorerst die Puste ausgegangen zu sein. Während manche Experten nur ein Luftholen vor weiteren Kurszuwächsen sehen, mahnen andere Fachleute hingegen zur Vorsicht und empfehlen Gewinnmitnahmen. Der Bestseller-Autor Robert Kiyosaki erwartet gar einen Crash und verweist auf die Marktpositionierungen der Börsen-Ikonen Warren Buffett und Michael Burry. Auch JPMorgan-Analyst Marko Kolanovic gehört zu den Skeptikern. Obgleich er nicht von einem "Crash" spricht, erwartet er eine längere Börsenflaute.

Kolanovic sieht im Aufbrauchen der US-Ersparnissen eine große Gefahr

Kolanovic betont in einer kürzlich veröffentlichten Studie mehrere Faktoren, die er als Ursache für einen vermeintlichen Rückgang des US-Aktienmarktes identifiziert. Eine Hauptursache erkennt der JPMorgan-Experte demnach in der abnehmenden Kaufkraft der Konsumenten in den USA. Kolanovic weist in seiner Analyse darauf hin, dass die Verbraucher inzwischen alle überschüssigen Ersparnisse aufgebraucht hätten, die sie während der Pandemiezeit angehäuft haben - ein Betrag, der sich einst auf mehr als zwei Billionen US-Dollar summiert haben soll. Der positive Einfluss, der sich aus dieser Situation ergab, hat nun nach Analyse der US-Bank nachgelassen. Darüber hinaus bestehe die Möglichkeit eines weiteren Rückgangs der Verbraucherausgaben, da die Wiederaufnahme der Zahlungen für Studentendarlehen im Oktober das Portemonnaie der Konsumenten weiter belasten dürfte.

"Nach unserer Schätzung ist die inflationsbereinigte Überschussersparnis der US-Haushalte nach einem Höchststand von 2,1 Billionen Dollar im Jahr 2021 nun vollständig aufgebraucht, und es besteht die Gefahr, dass sich das Ungleichgewicht noch vergrößert, wenn sich die Ausgaben beschleunigen", zitiert "yahoo finance" aus Kolanovic' Studie. Zwar sei die allgemeine Liquidität der privaten Haushalte weiterhin recht hoch - der JPMorgan-Analyst beziffert diese inflationsbereinigt auf immer noch 1,4 Billionen US-Dollar - jedoch geht Kolanovic davon aus, dass auch dieses Finanzpolster im Mai 2024 ausgegeben sein wird.

Gewinnspannen der US-Unternehmen könnten sich verringern

"Unsere Sorge ist, ob die überschüssige Liquidität den über dem Trend liegenden Konsum überhaupt so lange stützen kann", so Kolanovic in der Studie. "Wir sind nach wie vor der Ansicht, dass die unteren Einkommensklassen zunehmend unter Druck geraten, da es weniger Ausgleichsmöglichkeiten gibt und kaum Anzeichen für eine Entlastung von den hohen Kapitalkosten zu erkennen sind". Kolanovic rechnet damit, dass die niedrigeren Konsumausgaben gepaart mit den geringeren fiskalpolitischen Unterstützungen für eine Verringerung der Gewinnspannen der Unternehmen sorgen werden. "In der Zwischenzeit dürften die Gewinnspannen angesichts der verzögerten Auswirkungen der Geldpolitik auf die Nachfrage" unter Druck bleiben. "Diese Erosion der Preissetzungsmacht in Verbindung mit höheren Arbeitskosten und steigenden Zinsaufwendungen dürfte die Margen weiter unter Druck setzen", so Kolanovic.

Diese Faktoren machen Kolanovic ebenfalls pessimistisch

Die mit den geringeren Konsumausgaben einhergehenden Gewinnrückgänge der US-Unternehmen sind aber nur ein Grund für Kolonvic' Katerstimmung hinsichtlich der mittelfristigen Börsenentwicklung. Zu den mikroökonomischen Problemen gesellen sich seiner Ansicht zufolge noch das problematisch hohe Zinsniveau. Zudem befänden wir uns aktuell am Ende eines Zyklus.

"Die für 2024 konsensuale Gewinn pro Aktie-Wachstumsrate von 12 Prozent ist eine hohe Hürde für einen alternden Konjunkturzyklus mit einer sehr restriktiven Geldpolitik, weiterhin steigenden Kapitalkosten, einer sehr lockeren Fiskalpolitik, erodierenden Ersparnissen der Verbraucher und der Liquidität der Haushalte, einer niedrigen Arbeitslosenquote und einem zunehmenden Rezessionsrisiko für einige der größten Volkswirtschaften." In diesem Rahmen verweist Kolanovic explizit auf China und Deutschland - zwei global sehr wichtige Volkswirtschaften, die sich derzeit mit einer gravierenden Konjunkturflaute auseinander setzen müssen. Auch die US-Wirtschaft dürfte Anfang 2024 in den Rezessionsbereich eintreten - eine Rezession sei auch in den USA "wahrscheinlich notwendig" meint Kolanovic.

Abschließend macht Kolanovic noch einen weiteren Belastungsfaktor für die Aktienmärkte aus: ein Zurückfahren der Aktienrückkaufprogramme. Das hohe Bewertungsniveau schrecke demnach Unternehmen davon ab, ihr Aktienrückkaufprogramm zu erweitern oder zumindest beizubehalten - besonders dann, wenn diese Maßnahmen durch Schulden finanziert werden. Aktienrückkäufe verknappen das Angebot von Aktien, sodass deren Preise bei einer gleichbleibenden Nachfragesituation allgemein ansteigen. Ein Zurückfahren der Rückkaufprogramme würde dementsprechend den allgemeinen Aktienmarkt belasten.

Kolanovic rechnet mit weiteren Verlusten in den kommenden Monaten

Kolanovic resümiert, dass all diese Faktoren zusammen dazu führen werden, dass die Anleger in ihrer Euphorie ausgebremst werden und Aktien aus ihrem Depot werfen wollen. Sein Kursziel für den S&P 500 bis Ende diesen Jahres liegt folglich deutlich unter dem derzeitigen Niveau: Der JPMorgan-Experte rechnet mit einem Jahresendstand des breiten US-Aktienmarktindex von 4.200 Punkten - vom gegenwärtigen Punktestand von 4.497,63 Punkten ausgehend würde dies einer Abwärtsbewegung von etwa 6,6 Prozent entsprechen (Stand: Schlusskurs vom 29. August 2023).

Redaktion finanzen.net

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