Freenet: Warum die Aktie noch Luft nach oben hat
Besser gleich ohne Netz: Der netzunabhängige Mobilfunkdienstleister steigert den Gewinn und die Dividende. Lifestyleprodukte sollen künftig auch den Umsatz heben.
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von Stephan Bauer, Euro am Sonntag
Kein Netz — und gerade deshalb profitabel? Für Freenet-Finanzchef Joachim Preisig hat das Geschäftsmodell des größten netzunabhängigen Anbieters von Mobilfunkverträgen in Deutschland klare Vorteile. „Wann immer die Netzbetreiber neue Produkte auf den Markt bringen, müssen sie uns als Serviceprovider diese ebenfalls anbieten. Das hat den Charme, dass wir immer mit der vollen Produktpalette ausgestattet sind“, sagt der gebürtige Schweizer mit dialektalem Einschlag. Kein Wunder, dass sich Preisig über die Besonderheiten der Regulierung des deutschen Telekommunikationsmarkts freut. Spart sich Freenet doch, ebenso wie Konkurrent Drillisch, milliardenschwere Investitionen in Mobilfunk- oder Festnetze.
Aktionäre spüren den Unterschied deutlich. Während die Deutsche Telekom im vergangenen Jahr beim operativen Gewinn und beim Umsatz im Rückwärtsgang war, schaffte Freenet beim operativen Ergebnis ein Plus von sechs Prozent. Und während der Bonner Exmonopolist die Dividende für 2012 mit Mühe konstant halten konnte und sie für 2013 sinken wird, will Freenet mit 1,35 Euro statt zuvor 1,20 Euro eine Schippe drauflegen. Das Papier hat seit Jahresanfang um mehr als 30 Prozent zugelegt, die T-Aktie hat rund vier Prozent verloren.
Auch der Umsatz soll im laufenden Jahr steigen, nachdem es in der abgelaufenen Periode um rund fünf Prozent nach unten ging. 3,3 statt knapp 3,1 Milliarden Euro peilt Preisig an. In den kommenden Jahren sollen es demnach ein bis zwei Prozent mehr sein — ohne Zukäufe.
Gravis zeigt Wirkung
Die Übernahme des Computerhändlers Gravis wird das Geschäftsvolumen 2013 spürbar vergrößern. Die Kette, die auch Apple-Produkte anbietet, ist für die Büdelsdorfer zudem eine Eintrittskarte in ein Segment, von dem Preisig sich viel verspricht: digitale Lifestyleprodukte.
Zubehör vor allem für die Topseller iPhone und iPad sollen die Geschäfte in den 550 Freenet-Filialen in Deutschland beflügeln. „Die Palette reicht von der Hülle für das iPad bis zur App, mit der Sie per Smartphone die Heizung zu Hause regeln können“, sagt Preisig. Ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag an zusätzlichem Umsatz soll 2013 herausspringen. Das künftige Potenzial? Unbeziffert, aber „riesig“. Die Gewinnmarge sei mit „bis 40 Prozent“ ausgesprochen attraktiv.
Auf der Lifestylewelle surft das Unternehmen bereits, so wird etwa am Berliner Hauptbahnhof im Mobilcom-Debitel-Shop vor allem Zubehör für Smartphones und Co verkauft. Um die neuen Produkte künftig besser an den Mann bringen zu können, soll die durchschnittliche Zahl der Verkäufer in den Filialen des Unternehmens mittelfristig von 2,4 auf 2,6 steigen.
Größere Einstellungswellen sind allerdings nicht geplant. Der Ausbau des Filialnetzes hingegen schon. „Wir wollen in den nächsten ein bis zwei Jahren 150 bis 200 zusätzliche Shops zur Verfügung haben“, sagt Preisig. Das soll kostensparend etwa durch den Ausbau des Franchisinggeschäfts oder durch neue Partnerschaften, eventuell aber auch durch kleinere Zukäufe geschehen.
Kundenzahl soll steigen
Das Kerngeschäft aber bleibt der Weiterverkauf von Mobilfunktarifen. Die Norddeutschen kaufen diese bei den vier deutschen Netzbetreibern ein und verkaufen sie mit Aufschlag weiter. Der Klientel gefällt’s, die Kundenzahl hat sich nach einer Schwächephase stabilisiert. „Wir rechnen mit leicht steigender Kundenzahl im laufenden Jahr“, sagt Preisig. Vor allem soll die Anzahl der umsatzstarken Kunden mit Zweijahresverträgen weiter zulegen. Große Umsatzsprünge sind hier allerdings nicht zu erwarten.
Finanziell steht der TecDAX-Wert auf solidem Fundament. Die Nettoverschuldung soll bis Ende 2013 auf etwa 400 Millionen Euro sinken, Ende vergangenen Jahres standen hier 451 Millionen netto in den Büchern. Die Eigenkapitalquote liegt bei knapp 50 Prozent. Der freie Cashflow soll 2013 aus steuerlichen Gründen zwar leicht fallen, über sinkende Dividenden — die Höhe der Ausschüttung ist an den Mittelzufluss gebunden — brauchen sich Aktionäre aber offenbar keine Sorgen zu machen. „Wir haben Aktionäre in der Vergangenheit nicht enttäuscht. Unsere Dividendenentwicklung ist nachhaltig und gut“, sagt Preisig.
Mit anderen Worten: Es geht mit der Dividende wahrscheinlich weiter rauf. Ein Zuschlag wäre für 2013 drin, weil die aktuelle Ausschüttungsquote mit etwa 66 Prozent des freien Cashflows unter der Obergrenze des Korridors von 50 bis 75 Prozent liegt. Freenet hat hier noch Luft — die Aktie auch.
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