Der große DAX-Check

Nur Mut! Die besten 13 DAX-Aktien

03.04.14 03:00 Uhr

€uro am Sonntag hat Geschäftsmodelle und Kennziffern der 30 deutschen Topkonzerne unter die Lupe genommen - und für jeden Anlegertyp die besten Investments herausgefiltert.

von S. Bauer, W. Ehrensberger, S. Gusbeth, S. Parplies, K. Schachinger und F. Westermann, Euro am Sonntag

Schon wieder der März? Dreimal bereits hat Frühlings­monat eine Wende an den Börsen eingeläutet: Im Jahr 2000 markierte der DAX im März ein Allzeithoch, fiel anschließend drei Jahre lang. Erst im März 2003 endete die Talfahrt, die in der Spitze über 70 Prozent des Börsenwerts vernichtet hatte. Und 2009, nach dem Lehman-Crash, begann ebenfalls im März die immer noch andauernde Aufwärtsbewegung.

Bringt der Frühlingsmonat nach fünf Jahren Hausse abermals einen Klimawechsel an den Börsen? Die Krim-Krise birgt schwer kalkulierbare Risiken. Der Geldregen der Notenbanken, der die Kauflust der Investoren seit Jahren antreibt, wird womöglich bald versiegen: Binnen zwölf Monaten könnte die amerikanische Fed die Leitzinsen erhöhen. Und das Wirtschaftswachstum Chinas - wichtiger Gewinntreiber vieler DAX-Konzerne - flaut ab. Das alles dämpft die Lust auf Aktien.

Andererseits: Die Weltwirtschaft wächst. Selbst in Europa lichtet sich das konjunkturelle Dunkel der Eurokrise. Laut Weltbank soll das globale Wachstum bis 2016 von 2,4 auf 3,5 Prozent zulegen.

€uro am Sonntag glaubt deshalb nicht an den Beginn einer großen Baisse. Die Redaktion geht davon aus, dass der Aufschwung in den ­Industrieländern die Börsen weiter steigen lässt. Die Schwankungen sind aber intensiver geworden. Der DAX ist nicht mehr günstig, die Bewertung liegt mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von über 13 fast zwölf Prozent über dem Schnitt der vergangenen zehn Jahre.

Anleger sollten dennoch Mut zum Aktienkauf haben - sie müssen aber akribischer prüfen, auf welche Titel sie setzen. Daher hat die Redaktion die 30 Aktien des DAX neu bewertet.

Das Bewertungsniveau messen wir mit zwei Kennziffern: dem historischen Kurs-Gewinn-Verhältnis und der Gewinndynamik. Neben diesen Kennziffern fließen andere Überlegungen ein: Qualität des Managements, die Marktstellung des Unternehmens und die Wachstumsaussichten der jeweiligen Branche.

Alle 30 DAX-Konzerne wurden unter die Lupe genommen. Nur 13 sind nach Einschätzung der Redaktion auf aktuellem Niveau kaufenswert. Das Profil dieser Aktien ist sehr unterschiedlich: Da Anleger je nach ­Risikobereitschaft und Anlagehorizont verschiedene Schwerpunkte setzen, hat die Redaktion die Favoriten in drei Gruppen eingeteilt:
■ Turnaroundwetten sind sehr riskant, versprechen im Erfolgsfall aber deutliche Kursgewinne.
■ Wachstumswerte sind Unternehmen, die dank Marktposition und Branche ihre Gewinne nachhaltig steigern können und daher selbst bei vorübergehender Schwäche attraktive Investments sein sollten.
■ Dividendenwerte hingegen liefern Anlegern eine überdurchschnittliche und langfristig steigende Ausschüttung.

Heiße Wetten auf den Turnaround
An der Börse wird die Zukunft gehandelt. Aktien von angeschlagenen Unternehmen bieten oft die größten Chancen. Die schlimmste Krise seiner Geschichte erlebt ThyssenKrupp. Mehr als acht Milliarden Euro Verlust hat der Stahlkonzern über die vergangenen drei Jahre geschrieben. Nicht nur die schwache Nachfrage im Kerngeschäft Stahl belastet. Mit dem Bau neuer Werke in Brasilien und den USA wurden rund 14 Milliarden Euro verbrannt, die ­Eigenkapitaldecke ist hauchdünn.

Chef Heinrich Hiesinger kommt nach Rückschlägen aber allmählich mit dem Umbau voran. Wachstumsstarke Sparten wie der Aufzugbau oder Industrieanlagen sollen künftig den Schwerpunkt bilden. Das braucht viel Zeit. 2014 findet der Konzern laut Analysten wohl zumindest in die Gewinnzone zurück. Auch wir sind optimistisch, dass die Wende gelingt und die Aktie überdurchschnittliches Potenzial hat.

Weiter als ThyssenKrupp ist Lufthansa. Deutschlands größte Fluggesellschaft bewegt sich in einem schwierigen Markt. Die Fixkosten sind hoch, die Konkurrenz groß, staatliche Regulierungen sind streng. Die Kölner unternehmen aber große Anstrengungen, die Kosten zu drücken. Allein durch das Sparprogramm Score soll das operative Ergebnis um 1,5 Milliarden Euro verbessert werden.

Neue Maschinen sollen die Spritrechnung nachhaltig senken, das chronisch defizitäre Inlandsgeschäft durch eine stärkere Einbindung der Billigmarke Germanwings in die Gewinnzone gesteuert werden. Für 2015 peilt der Vorstand einen operativen Gewinn von 1,3 bis 1,5 Milliarden Euro an, rund doppelt so viel 2013. Die Aktie ist deshalb noch immer günstig.

Die stärksten Ausschläge im DAX erleben die Aktionäre der beiden deutschen Großbanken. Commerzbank und Deutsche Bank büßen noch immer für die Sünden der Vergangenheit. Die Deutsche Bank zahlte allein im vergangenen Jahr 2,5 Milliarden Euro für Rechtsstreitigkeiten.

Die Commerzbank musste auf dem Höhepunkt der großen Finanzkrise durch den Staat gerettet werden. Stärkere Regulierungen werden die Gewinnaussichten der In­stitute dauerhaft einschränken. Zudem ist schwer einzuschätzen, welche Abgründe sich in den Bilanzen noch auftun. Entsprechend riskant sind beide Papiere. Die Deutsche Bank aber bewegt sich international, etwa im Investmentgeschäft, auf Augenhöhe mit den US-Banken - und damit unserer Ansicht nach auf soliderem Boden.

Langfristige Wachstumstitel
Deutschland ist als Exportnation erfolgreich. Starke Marken und innovative Produkte verschaffen vielen Unternehmen aus dem DAX einen Wettbewerbsvorteil. Die Autokonzerne BMW und Daimler beispielsweise haben ihre Modellpalette in den vergangenen Jahren kontinuierlich erweitert. Neben klassischen Limousinen produzieren beide inzwischen auch umweltschonende Stadtflitzer sowie die besonders ­gewinnträchtigen SUVs. Premiumanbieter profitieren zugleich von der stark wachsenden Kaufkraft in vielen Schwellenländern.

BMW ist nach Ansicht der Redaktion der am besten positionierte Autokonzern Deutschlands. Daimler ist wegen seiner Lkw-Sparte anfällig für Konjunkturschwankungen. Auch Fehler des Managements, etwa bei der Expansion in China, haben den Kurs in der Vergangenheit belastet. Dank der aufgefrischten Flotte sowie neuer Vertriebsstrukturen dürfte der Konzern den Abstand zu BMW bei wichtigen betriebswirtschaft­lichen Kennziffern wie der operativen Marge verkürzen.

In einer ähnlich angenehmen Lage wie die Autobranche ist Adidas. Der Sportartikelhersteller wächst stark in Schwellenländern. Zugleich profitieren die Franken vom wachsenden Gesundheitsbewusstsein in der westlichen Welt. Allerdings muss Adidas kreativer in der Produktentwicklung werden, um mit dem Erzrivalen Nike mitzuhalten.

Langfristiges Wachstum sieht die Redaktion auch beim Gasekonzern Linde, der ebenso vom weltweiten Konjunkturaufschwung profitiert wie die Deutsche Post. Die Bonner haben in den vergangenen Jahren eine bemerkenswerte Entwicklung zum weltgrößten Logistikkonzern durchlaufen. Das trifft ebenso auf den ehemals hochvolatilen Chipkonzern Infineon zu. Milliardenverluste gehören der Vergangenheit an. Die Münchner haben ein grundsolides Geschäft mit Kunden aus Industrie und Autobranche aufgebaut.

Ein Sonderfall ist Bayery. Die Aktie scheint sehr teuer, das KGV liegt deutlich über dem historischen Schnitt. Allerdings wird das Konglomerat aus Kunststoff- und Pharma­sparte sowie Pflanzenschutz inzwischen eher als Pharmawert angesehen. Diese Branche wird von Börsianern jedoch deutlich höher taxiert als Chemiekonzerne. Die Redaktion erwartet bei Bayer dank der starken Pharmasparte weiterhin steigende Kurse. Fünf neue Medikamente haben das Potenzial zum Blockbuster, also einem Jahresumsatz von mehr als einer Milliarde Dollar.

Starke Dividendenpapiere
Viele Anleger legen Wert auf eine hohe Dividende. Der DAX ist für diesen Anlegertyp ein schwieriger Index. Denn die Energieversorger sowie die Deutsche Telekom - klassische Dividendenwerte - kämpfen mit strukturellen Problemen. Vor allem bei RWE und Eon sieht die Redaktion nachhaltige Belastungen.

Besser sind die Perspektiven bei den Versicherern. Der weltgrößte Rückversicherer, Munich Re, bietet eine nachhaltige Dividendenrendite von deutlich mehr als vier Prozent.

Den Chemiekonzern BASF kennzeichnet eine ansprechende Rendite von über drei Prozent - sowie als Zyk­liker die Chance auf überdurchschnittliche Kursgewinne. Die Aktie ist nicht günstig, aber als Weltmarktführer ein Basisinvestment.

Ähnliches gilt für den Industriekonzern Siemens. Vorstandschef Joe Kaeser will Anfang Mai Pläne für eine Neuaufstellung des Konzerns präsentieren. Das schafft Fantasie. Vor allem aber ist es das globale Wachstum, das die Aktie treibt. 








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