Vorstandswechsel bei SAP: Börse reagiert skeptisch
Das Softwarehaus hat seine Führungsspitze ausgetauscht. Vorstandschef Leo Apotheker geht, eine neue Doppelspitze kommt. Die SAP-Aktie verliert, die Börse ist verunsichert.
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von Thomas Schmidtutz, Euro am Sonntag
München. Der Chef des Walldorfer Softwarehauses SAP, Leo Apotheker ist am Sonntag Abend überraschend zurückgetreten. Nachfolger von Apotheker werden der bisherige Vertriebsvorstand Bill McDermott und Entwicklungsvorstand Jim Hagemann Snabe. Damit kehrt der Konzern zur traditionellen Doppelspitze zurück, sagte ein SAP-Sprecher gegenüber dieser Zeitung am Sonntag Abend.
Zur Begründung hieß es, der Aufsichtsrat habe in seiner Sitzung am Sonntag einstimmig dafür votiert, den Vertrag von Leo Apotheker nicht zu verlängern. Er läuft noch bis Ende 2010. Daher habe Apotheker sein Mandat mit sofortiger Wirkung niedergelegt. Wie es in der Pressemitteilung weiter heißt, werde SAP-Aufsichtsratschef Hasso Plattner „weiterhin eine starke Rolle spielen, um die neue Führung in Fragen der Technologie und der Produktentwicklung zu beraten“. Zugleich berief der Konzern den bisherigen Chief Technology Officer Vishal Sikka in den Vorstand.
Die Börsianer sehen den überraschenden Wechsel eher skeptisch, die Aktie verliert und ist in einem positiven Gesamtmarkt das Schlusslicht im DAX. Laut Heino Ruland, Marktstratege bei Ruland Research, dürfte der plötzliche Rücktritt viel mit der eher schleppenden Geschäftsentwicklung einiger Bereiche zu tun haben, wie etwa der immer wieder verschobenen Markteinführung der Unternehmenssoftware on-demand (Business Bydesign). Ein Händler fügte hinzu, der Rücktritt könnte den Eindruck erwecken, das Unternehmen habe seine Probleme nicht im Griff.
Laut Sarah Friar, Analystin bei Goldman Sachs, dürfte aber das neue Management einen stärkeren Fokus auf das Wachstum des Unternehmens legen. Gleichzeitig erhöhten die Veränderungen im Vorstand erst einmal die Risiken. Die neue Vorstandsriege werde sich verstärkt auf Innovation und direktes Feedback von Kunden konzentrieren, zeigte sich Friar überzeugt. Sie bleibe vorerst bei ihrer "Neutral"-Einstufung.
Merrill-Lynch-Analyst Raimo Lenschow rechnet zunächst mit Unsicherheit, da sich viele Marktteilnehmer Gedanken über die Gründe des Abgangs von Apotheker machen werden. Ein Zusammenprall mit Aufsichtsratschef Hasso Plattner sei in der Presse vermutet worden. In den vergangenen Monaten sei zudem spekuliert worden, Plattner sei mit der jüngsten Entwicklung von SAP nicht mehr zufrieden gewesen. Zudem scheine es eine interne Debatte zu geben, ob sich SAP wieder mehr auf Innovation oder aber Kostenkontrolle fokussieren solle, schrieb der Experte. Er erwarte aber keine sofortigen Strategieänderungen und daher bleibe in seinen Augen SAP als Investment-Story intakt. Er bewertet die Papiere mit "Buy" und einem Kursziel von 40 Euro.

Zudem heißt es in informierten Kreisen, dass es Apotheker auch nicht gelungen sei, „die Mitarbeiter mitzunehmen“. Vor allem am Konzernsitz in Walldorf war es dem früheren Vertriebsvorstand nie gelungen, Akzeptanz zu finden. Das Desaster bei der geplanten Erhöhung der Wartungsgebühren hatte bei vielen Mitarbeitern die Zweifel an seinen Führungsfähigkeiten noch gesteigert. Zu den möglichen Hintergründen für den Rücktritt Apothekers wollte sich der SAP-Sprecher am Sonntag Abend jedoch nicht äußern.
Auch bei SAP-Mitgründer und -Aufsichtsratschef Hasso Plattner hatte Apotheker mit seinem Kurs zuletzt für wachsende Unruhe gesorgt. Nach Informationen dieser Zeitung hatte Plattner im Vorjahr nach den Protesten wegen der geplanten Erhöhung der Wartungsgebühren mehrere große Kunden kontaktiert, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Daneben soll auch frühere Co-Vorstandschef und SAP-Mitgründer Dietmar Hopp die Entwicklung mit großer Sorge gesehen haben. Die drei SAP-Mitgründer Hopp, Plattner und Klaus Tschira halten gemeinsam knapp 30 Prozent der Anteile am größten europäischen Softwarehaus.
SAP musste im Vorjahr einen Gewinnrückgang um um vier Prozent auf 1,789 Milliarden Euro hinnehmen. Die Lizenz- und Wartungsumsätze waren um fünf Prozent auf 8,2 Milliarden Euro gesunken. Insgesamt hatte der Konzern im Vorjahr rund 4000 Stellen gestrichen. Für 2010 hatte Apotheker jedoch die Rückkehr auf die Erfolgspur angekündigt: "2010 wird ein starkes Jahr für SAP", sagte er anlässlich der Präsentation der Jahreszahlen in Frankfurt. "Unser Wachstum ist wieder da". Die Kunden investierten wieder in neue Software, SAP werde daher 2010 mit Lizenzen und Wartungsverträgen vier bis acht Prozent mehr erlösen.
(utz/dpa-AFX)
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