Bezahl-TV

Netflix: Revolution für die Flimmerkiste

05.02.14 15:00 Uhr

Das Internet verändert auch die Fernsehgewohnheiten. Netflix, der weltgrößte Filmverleiher im Web, bringt seine riesige Bibliothek jetzt auch nach Deutschland. Die Konkurrenz ist alarmiert.

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von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag

Netflix elektrisiert. Allein von Oktober bis Dezember sammelte der weltgrößte Internet-Filmverleiher 2,3 Millionen neue Kunden in Amerika ein. In den bislang 41 Märkten außerhalb der USA, in denen der Dienst auf Sendung ist, kamen weitere 1,7 Millionen Abos dazu.

Das Netflix-Prinzip ist einfach - und hat in den vergangenen Jahren wohl gerade deshalb die Fernsehgewohnheiten der US-Nation verändert. Die Filme werden über das Internet als sogenannte Videostreams auf TV-Geräte, Computer oder Tablets übertragen. Zu jeder Zeit, wann der Kunde will - es ist das perfekt flexible Heimkino.

Acht Dollar pro Monat berechnet der Marktführer beim sogenannten Videostreaming für den unbegrenzten Zugriff auf die größte Online-Filmbibliothek der Welt. Für amerikanische Verhältnisse ist das ein Spottpreis. Schließlich zahlen die Abonnenten von Kabelfernsehen meist hundert Dollar im Monat oder noch mehr.

Im Angebot des virtuellen Filmverleihers sind neben Hollywood-Blockbustern und angesagten TV-Serien wie "Breaking Bad" inzwischen auch hochdekorierte Eigenproduktionen wie "House of Cards" mit Kevin Spacey.

Mit dem bequemen Zugriff und spannenden Inhalten hat Netflix in Amerika schon mehr als 33 Millionen Abonnenten gelockt. Analysten trauen dem Marktführer bis Ende dieses Jahres bis zu 48 Millionen Abos zu. Damit hätte der Dienst mehr als die Hälfte der insgesamt 92 Millionen US-Haushalte, die über einen schnellen Webanschluss verfügen, auf seiner Kundenliste.
Firmengründer Reed Hastings aber muss der Wall Street wohl mehr liefern. Schließlich hat die Aktie des Filmdienstes in den vergangenen Monaten eine atemberaubende Rally hingelegt. Investoren erwarten, dass das rasante Wachstum ­weitergeht.

Die neue Fernsehfreiheit
Vor zwei Jahren expandierte das US-Unternehmen deshalb bereits nach Großbritannien, Irland und Skandinavien. Jetzt sind weitere europäische Märkte im Visier.
Gerüchte über ein Deutschland-Debüt noch in diesem Jahr hatten die Amerikaner vor Kurzem zwar dementiert. Doch soeben sickerte durch, dass Netflix mit Filmstudios aus Hollywood über Rechte für Deutschland und Frankreich verhandelt.

So glatt wie auf dem Heimatmarkt dürfte der Aufstieg auf dem Alten Kontinent allerdings nicht laufen. Vor Ort gibt es bereits beträchtliche Konkurrenz. Das Niveau der Monatspauschalen hat sich amerikanischen Verhältnissen genähert: Für sieben bis neun Euro pro Monat gibt es bei Streaming-Diensten wie der Amazon-Tochter Lovefilm oder Watch­ever, einem Ableger des französischen Mischkonzerns Vivendi, unbegrenzten Zugang zu Filmkonserven.

Gerade dem vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen geprägten deutschen TV-Konsumenten bringen die Dienste jedoch unbekannte Freiheiten. Für aufmüpfige Familienmitglieder gehören die samstägliche Pflicht zur "Sportschau" oder der obligatorische "Tatort" am Sonntag der Vergangenheit an. Mit Filmdienst, Tablet und Kopfhörer kann sich manch einer von den traditionellen TV-Großereignissen im Wohnzimmer absetzen.

Die notwendige Infrastruktur für den Boom der virtuellen Filmverleiher ist sowohl in Deutschland als auch in Frankreich vorhanden - die Länder sind nach Angaben der Marktforscher von SNL Kagan die Breitbandmärkte Nummer 5 und 6 in der Welt. Westeuropa insgesamt bringt es demnach auf mehr als 134  Millionen schnelle Internetanschlüsse - gute Voraussetzungen für ein schnelles Wachstum der Web-­Videotheken. Experten erwarten, dass der Umsatz von Lovefilm, Watch­ever und Co während der nächsten vier Jahre um mehr als zwei Drittel auf über 730 Millionen Euro zulegen wird.

Europa-Debütant Netflix muss seine Investition clever einsetzen. Denn mancher Markt birgt Tücken. So erwartet die Regierung in Paris, dass sich die Streaming-Anbieter an der nationalen Filmförderung Frankreichs beteiligen.
In Deutschland muss sich die globale Nummer 1 vor allem dem Marktführer Lovefilm stellen. Der Senkrechtstarter hier aber heißt Watch­ever. Die Franzosen gingen erst 2013 an den Start und sammeln zurzeit rund 100.000 Kunden im Monat ein. Monatliche Kündigungsfristen und ein Kampfpreis von neun Euro alarmierten die Konkurrenz. Maxdome, eine Tochter des TV-Konzerns ProSiebenSat.1, zog nach, Lovefilm verschärfte den Preiskampf mit einem Abo für nur sieben Euro.

Wer in deutschen Wohnzimmern dauerhaft zur Nummer 1 gekrönt wird, ist längst noch nicht entschieden. Klar ist, dass die Unternehmen viel Geld für Filmrechte aufwenden müssen. "Watchever und schließlich auch Netflix werden in Deutschland sehr viel ausgeben", sagt Dirk Martens, Geschäftsführer des Marktforschers House of Research. Allein zum Start habe Watch­ever für Filmlizenzen einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag im Jahr gezahlt, schätzt der Experte.

Das Geschäft ist riskant, schließlich ist das Umsatzvolumen etwa im Vergleich zum Gesamtumsatz aus dem Verkauf von Blu-Rays und DVDs in Deutschland bisher bescheiden. 124 Millionen Euro machten die Filmstreamer 2012 - ein Bruchteil der 1,7 Milliarden Euro aus dem Verkauf und dem Verleih von Filmen auf Scheiben.

Zudem lockt das Geschäft auch Platzhirsche wie den Bezahl-TV-Konzern Sky Deutschland, der bislang vergleichsweise teure Abos mit längeren Kündigungsfristen anbietet. Konzernchef Brian Sullivan ließ die Namensrechte für "Skyflix" schützen. Das Streamingangebot "Snap" des Pay-TV-Konzerns ist bereits auf dem Markt. Neukunden zahlen knapp zehn Euro monatlich, Sky-Abonnenten die Hälfte.

























Sky Deutschland ist skeptisch
Sky-Chef Sullivan hat "Snap" aber eher klammheimlich gestartet, ohne großen Werbeaufwand. Schließlich könne es sich bei 9,90 Euro im Monat niemand leisten, wirklich neue Filme oder TV-Serien auf ein Portal zu stellen. Ohnehin seien die Geschäftsmodelle der Videoportale nicht nachhaltig, sagt der Sanierer des ehemaligen Premiere-Konzerns.

Dass Sky durch den Preiskampf ­finanzstarker Streaming-Anbieter gezwungen werden könnte, das eigene Hochpreisgeschäft anzupassen, glaubt Sullivan nicht: "Auf gar keinen Fall werden wir ein Geschäftsmodell zerstören, das wir jetzt sechs Jahre lang repariert haben und das 20 Jahre lang nicht funktioniert hat."

Sky hat in Deutschland wohl immer noch die besten Verbindungen zu den großen Filmstudios in Hollywood - das ist ein Pfund. Dass der Preisdruck mit dem Eintritt des US-Primus zunehmen dürfte, ist aber ebenfalls klar. Netflix jedenfalls kann auch in Europa gewinnen, das haben die Kalifornier schon bewiesen. In Schweden sind sie bereits mit Abstand Marktführer.

Investor-Info

Heimkino in Amerika
Netflix bisher klar vorn

Wie groß der Vorsprung des Marktführers Netflix gegenüber Konkurrenten bisher ist, zeigt der geringe Anteil der Verfolger Hulu und Amazon an den via Videostream auf TVs übertragenen Inhalten.













Netflix
Schwer zu fassen

So lange der Kundenzuwachs in Amerika und im Ausland stark ist, bleibt die Kursfantasie der teueren Aktie intakt. Für Konkurrenten ist Netflix schwer zu fassen. Bis Ende 2015 erwarten Analysten jährliche Gewinnnzuwächse von mehr als 60 Prozent.

Amazon
Langer Atem

Für Premiumkunden (Amazon-Prime) in Amerika, die eine Jahresgebühr von knapp 80 Dollar zahlen ist der Zugang zur Filmbibliothek des größten Onlineversandhändlers der Welt kostenlos. In Deutschland und Großbritannien ist Amazon mit seiner Verleih- und Streaming-Tochter Lovefilm stark. Langfristig ein Gewinner, trotz der hohen Bewertung.

Sky Deutschland
Zunehmend erfolgreicher

Nach der jüngsten Serie von Gewinnmitnahmern hat sich der Aktienkurs bei sieben Euro wieder stabilisiert. Konzernchef Brian Sullivan hat den Konzern erfolgreich auf Kurs gebracht. Die Vorsicht des Briten im Streaminggeschäft ist richtig. Treiber der Kursfantasie bleiben die Sanierungserfolge.

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19.12.2024Netflix BuyUBS AG
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19.11.2024Netflix BuyJefferies & Company Inc.
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18.10.2024Netflix Market-PerformBernstein Research
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19.04.2024Netflix NeutralGoldman Sachs Group Inc.
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19.04.2023Netflix SellGoldman Sachs Group Inc.
20.01.2023Netflix SellGoldman Sachs Group Inc.
18.11.2022Netflix SellGoldman Sachs Group Inc.
11.10.2022Netflix SellGoldman Sachs Group Inc.
20.07.2022Netflix SellGoldman Sachs Group Inc.

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