Bärenrally oder Erholung

Portfoliomanager untersucht die Frage: Sind die Märkte am Tiefpunkt oder geht es noch weiter nach unten?

05.04.20 21:05 Uhr

Portfoliomanager untersucht die Frage: Sind die Märkte am Tiefpunkt oder geht es noch weiter nach unten? | finanzen.net

Während einige Investoren die deutlichen Kursrücksetzer der vergangenen Woche zum Einstieg in Aktien nutzten, haben andere weitere Assets aus ihren Depots geschmissen. Entsprechend schwankungsreich zeigen sich derzeit die Börsen.

• Börsen bleiben stark volatil
• Blick in die Vergangenheit zeigt Parallelen zu vergangenen Marktcrashs
• Ist der Boden erreicht?



Haben die Aktienmärkte das Schlimmste bereits hinter sich? Oder muss es an den internationalen Börsen noch viel tiefer gehen, bevor eine Erholung einsetzt? Wird es überhaupt eine Erholung der Finanzmärkte geben? Die aktuelle Marktlage bringt vor allem eines mit sich: Unsicherheit. Denn während Notenbanken weltweit Geld in die Märkte pumpen, sind die Folgen der Corona-Pandemie, die den Kurssturz an den Märkten ausgelöst hat, noch längst nicht absehbar.

Entsprechend erweist sich der Handel an den Börsen aktuell als Minenfeld. Jede Nachricht kann die Kurse drehen, Anleger schwanken zwischen Hoffnung auf ein Ende der Krise - verbunden damit auf ein Hochfahren der Wirtschaftsaktivitäten weltweit - und der Sorge, dass alles noch sehr viel schlimmer kommen könnte. Sicher ist, dass nichts sicher ist.

Immer wieder Bärenmarktrallys in der Vergangenheit

In diesem Umfeld hat ein Experte nach Anzeichen dafür gesucht, wie es an den Börsen weitergehen könnte. In einem Blogbeitrag nahm Ben Carlson, Portfoliomanager bei Ritholtz Wealth Management, vergangene Markteinbrüche unter die Lupe, um Rückschlüsse auf die aktuelle Lage an den Finanzmärkten ziehen zu können. Sein Ergebnis ist allerdings wenig eindeutig.

Bei vielen großen Markteinbrüchen in der Vergangenheit hätte es "head-fakes" gegeben, angetäuschte Gegenbewegungen also, die Anlegern ein falsches Gefühl der Sicherheit gaben, was sich in Folge allerdings als trügerisch erwies. Konkret nennt Carlson die Situation während der Weltwirtschaftskrise: Ende 1929 hätten die Märkte eine Rally eingeläutet und bis zum Frühjahr des darauffolgenden Jahres 47 Prozent zugelegt - eine Entwicklung, die nicht nachhaltig war. Vor dem deutlichen Kursanstieg hatten die Märkte 45 Prozent verloren, nach der vermeintlichen Erholungsrally ging es nochmals um mehr als 80 Prozent abwärts, so der Experte. Dabei habe es zwischenzeitlich immer wieder deutliche Erholungstendenzen geben - teilweise um bis zu 35 Prozent, doch nachhaltig war keiner dieser Anläufe.

Ähnliche Entwicklungen fand Carlson auch während des Marktcrashs 2007-2009 - auch hier war es zwischenzeitlich um 25 Prozent nach oben gegangen. Ebenso wie während des Bärenmarktes von 2000-2002, der drei Mal eine Rally von 20 Prozent verzeichnete, schließlich aber bis auf 50 Prozent unterhalb seiner Höchststände einbrach.

Sind die Markttiefs schon erreicht?

Angesichts dieser Erkenntnis fällt es schwer vorauszusagen, ob die Märkte in der Corona-Krise ihren Boden bereits gefunden haben. Jeder große Kursanstieg nährt die Hoffnung der Anleger, dass die Märkte das Schlimmste bereits hinter sich haben könnten, bislang hat sich jeder Erholungsversuch aber als vorübergehende Bärenmarktrally erwiesen. Wann die Wende tatsächlich einsetzt, wird wohl erst im Rückblick auf die Ereignisse deutlich feststellbar sein, das sieht auch Carlson so: "Es gibt Leute, die Ihnen mit Sicherheit sagen werden, dass sie sicher wissen, ob dieser oder der nächste Sprung einen Boden markiert hat. Es gibt immer Backtests oder historische Parallelen, um jede Markthaltung zu unterstützen", so der Experte.

Er selbst glaube daran, dass der Absturz der Börsen so schwerwiegend war, dass er wahrscheinlich nach ganz eigenen Regeln gespielt werde. "Der einzige Trade, dessen ich mir im Moment sicher bin, ist es, bei Demut long zu gehen und bei Überheblichkeit short".

Redaktion finanzen.net

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