NVIDIA-Aktie leidet unter gesenktem Umsatzausblick: Welche Rolle spielte der jüngste Krypto-Crash?
Der Chipentwickler NVIDIA schockierte die Anleger zuletzt mit einem nach unten angepassten Umsatzausblick. Schuld daran sollen Umsatzeinbußen im Gaming-Sektor sein. Analystin Melissa Fairbanks vermutet jedoch, dass mehr dahinter steckt.
Werte in diesem Artikel
• NVIDIA schraubt Ausblick nach unten
• Schwacher Gaming-Sektor
• Krypto-Crash als Auslöser?
NVIDIA enttäuscht mit Umsatzausblick
Nachdem der Chip-Entwickler NVIDIA kürzlich seine Umsatzprognose zurückschraubte, nahmen die Anleger Reißaus. So peilt das Unternehmen für das zweite Quartal 2022 statt 8,1 Milliarden US-Dollar nun einen Gesamtumsatz von 6,7 Milliarden US-Dollar an - und damit zwar mehr als im Vorjahreszeitraum, aber 19 Prozent weniger als im ersten Quartal des laufenden Jahres. Seit dem ersten Jahresviertel 2022 wird gar ein Rückgang um 44 Prozent veranschlagt. Besonders Umsatzeinbußen im Gaming-Segment des Tech-Giganten mit Sitz in Santa Clara trieben die Prognose nach unten. Hier fielen die Erlöse im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum voraussichtlich um ein Drittel auf 2,04 Milliarden US-Dollar. "Unsere Prognosen für die Verkaufszahlen von Gaming-Produkten sind im Laufe des Quartals deutlich gesunken", bestätigte NVIDIA-CEO Jensen Huang die Zahlen in einer Pressemitteilung. "Da wir davon ausgehen, dass die makroökonomischen Bedingungen, die den Absatz beeinträchtigen, anhalten werden, haben wir gemeinsam mit unseren Gaming-Partnern Maßnahmen ergriffen, um die Preise und Bestände anzupassen." So sei die Nachfrage nach NVIDIAs Gaming-Produkten wie Grafikkarten, Gaming-Laptops, passenden Monitoren und der Streaming-Box SHIELD durch Konjunktursorgen der Verbraucher und hohe Inflationsraten gesunken.
Ausgaben für Videospiele im weiten Quartal 2022 gesunken
Damit hat NVIDIA tatsächlich nicht ganz Unrecht: Wie auf Daten des Marktforschers NPD zurückgeht, gaben US-Verbraucher im zweiten Quartal 2022 mit insgesamt 12,35 Milliarden US-Dollar 13 Prozent weniger Geld für Videospiele aus. "Höhere Preise in alltäglichen Ausgabenkategorien wie Lebensmittel und Benzin, die Rückkehr von Erlebnisausgaben wie Reisen und der Besuch von Live-Veranstaltungen, ein geringeres Angebot an neuen Spielen und anhaltende Lieferengpässe bei der neuen Konsolengeneration haben wahrscheinlich alle zum Rückgang im zweiten Quartal beigetragen", erklärte NPD-Analyst Mat Piscatella in einer Mitteilung. "Nach einer Periode des anhaltenden Wachstums liegen die Verbraucherausgaben weiterhin über dem Niveau vor der Pandemie. Unvorhersehbare und sich schnell ändernde Bedingungen können den Markt jedoch auch in den kommenden Quartalen auf unerwartete Weise beeinflussen."
Diesen Rückgang bekamen, neben NVIDIA, bereits Konsolenhersteller wie Microsoft und Sony zu spüren, aber auch Grand Theft Auto-Entwickler Take-Two sowie das Final Fantasy-Studio Square Enix klagen über sinkende Verkaufszahlen.
Einbruch am Krypto-Markt für Rücksetzer verantwortlich?
Zwar konzentrierte sich NVIDIA in seiner Ankündigung vor allem auf den Gaming-Sektor und ließ die Nutzung der leistungsstarken Chips zum Minen von Kryptowährungen außer Acht, Analystin Melissa Fairbanks von der Investmentbank Raymond James zufolge könnte der Markt um das Schürfen von Bitcoin & Co. aber durchaus eine Rolle gespielt haben. "Wir sind der Meinung, dass, obwohl die Stimmung in Bezug auf die Verbraucherausgaben sehr negativ ist, die derzeitige Rückstellung eine Art ‚Aufräumaktion‘ nach einer Periode außergewöhnlich starker Nachfrage darstellen sollte", so die Strategin in einer Notiz, die "MarketWatch" vorliegt. Der Rückgang um 44 Prozent seit dem ersten Quartal 2022 entspreche einer ähnlichen Größenordnung wie nach dem Krypto-Crash im Jahr 2018, so Fairbanks. Damals führte der Wertverlust des Kryptomarkts bei NVIDIA zu einem plötzlichen Verkaufseinbruch von Grafikkarten der Pascal-Prozessorarchitektur an Miner, wie "VentureBeat" berichtete. Insgesamt habe der "Post-Krypto-Rückgang" bei dem Chipentwickler zu einer Kostenbelastung über 57 Millionen US-Dollar geführt. Gegenüber Analysten erklärte der Konzern, dass bei betreffenden Grafikkarten die Bestände über den Erwartungen lagen. Nachdem die Preise gesenkt wurden, stieg die Nachfrage nach den Chips jedoch nicht schnell genug. Anstatt den Vertriebskanal aber mit noch mehr Prozessoren zu sättigen, habe man die bisherigen Bestände nach und nach abverkaufen wollen. Könnte der geschwächte Markt um Kryptowährungen NVIDIA also erneut die Tour vermasselt haben?
Ethereum-Merge als Bedrohung für Chip-Nachfrage
Bereits im April 2022 warnte das Marktportal "Barron’s" davor, dass die NVIDIA-Aktie unter einem Nachfragerückgang leiden könne, der intensiviert werde, wenn die Umstellung der Ethereum-Blockchain vom jetzigen "Proof-of-Work"-Standard auf das weniger rechenintensive "Proof-of-Stake"-Verfahren vollzogen wird. Damit würden die leistungsfähigen Karten nicht mehr für das Minen von Ether benötigt werden. Der Ethereum-Merge ist derzeit für September anvisiert.
Kaufempfehlungen überwiegen trotz Unsicherheiten
Im Rahmen der jüngsten Unsicherheiten bei NVIDIA senkte Fairbanks ihr Kursziel für den NVIDIA-Anteilschein von 250 US-Dollar auf 240 US-Dollar. Dennoch hält die Expertin an ihrer "Strong Buy"-Empfehlung fest. Auch wenn die Gaming-Sparte - und möglicherweise auch das Geschäft um Krypto-Mining - derzeit schwächeln, könne der Konzern in den Bereichen Rechenzentren, Auto und Software mit einem langfristigen Wachstum aufwarten. Auf der Analyse-Plattform TipRanks raten von insgesamt 32 genannten Analysten 25 zum Kauf der NVIDIA-Aktie, während sieben eine "Hold"-Empfehlung aussprechen. Das durchschnittliche Kursziel liegt derzeit bei 233,69 US-Dollar und damit knapp unter Fairbanks Einschätzung.
NVIDIA-Aktie mit Verlustserie - Buyback-Programm im Blick
Vom aktuellen Kursniveau ist das Kursziel der Strategin jedoch weit entfernt: Zuletzt kostete die NVIDIA-Aktie an der NASDAQ noch 179,42 US-Dollar (Schlusskurs vom 11. August 2022). Alleine nach der Veröffentlichung des schwachen Umsatzausblicks verlor die Aktie 6,30 Prozent. Seit Jahresbeginn ging es für den Tech-Titel bereits um 39,00 Prozent abwärts.
Trotz der jüngsten Herausforderungen will der Konzern sein Buyback-Programm aber fortsetzen, wie Finanzchefin Colette Kress laut der Pressemeldung erklärte. "Wir glauben, dass unser langfristiges Bruttomargenprofil intakt ist", wird sie zitiert. "Wir haben das Wachstum der Betriebskosten verlangsamt, indem wir die Investitionen für langfristiges Wachstum ausbalanciert und gleichzeitig die kurzfristige Rentabilität gesteuert haben. Wir planen weitere Aktienrückkäufe, da wir eine starke Cash-Generierung und zukünftiges Wachstum erwarten."
Die finalen Daten für das zweite Quartal 2022 legt der Konzern am 24. August vor.
Redaktion finanzen.net
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