Das größte geldpolitische Experiment spricht für Aktien
Für Aktiengesellschaften herrscht die beste aller Welten:
Sie haben so gut wie keine Zinskosten mehr. Die Staaten schaffen ein investitionsfreundliches Klima, weil sie Unternehmen brauchen, die neue Arbeitsplätze schaffen. Zugleich konsumieren die Bürger mehr, und die Sparer überlassen ihr Geld lieber der Immobilienwirtschaft.
Die EZB will nicht nur eine Re-Inflation der Güter und Dienstleistungen. Meiner Meinung nach wird alles dafür getan, dass die Aktienmärkte nicht nur stabil bleiben, sondern sogar weiter steigen. Die jüngsten geldpolitischen Entscheidungen werden die Preise für Aktien in ungeahnte Höhen treiben. Diese Situation, die man getrost als das größte geldpolitische Experiment bezeichnen kann, verunsichert natürlich die Marktteilnehmer. Deshalb werden die Tages- und Wochenschwankungen hoch bleiben. Automatische Handelssignale werden die Ausschläge noch verstärken.
Ruhe bewahren
Auch wenn es in diesem Umfeld immer schwerer fällt - man muss die Märkte mit noch mehr Ruhe betrachten. Hektisches Kaufen und Verkaufen bringt immer weniger, auch wenn Anleger das für eine gute Aktienstrategie in Zickzack-Märkten halten. Kaufen und liegenlassen klingt zwar langweilig, verspricht aber langfristig mehr Erfolg, wenn die Risikostreuung und die Qualität der Aktien stimmen. Wer den Weltaktienindex über längere Zeiträume betrachtet, wird merken, dass jede Korrektur spätestens nach einigen Jahren wieder aufgeholt wurde. Der Trend geht bei globalen Aktien langfristig immer nach oben.Die Chancen stehen gut, dass wir noch in diesem Jahrzehnt eine Aktienmarktblase erleben werden, die sich im Moment noch niemand vorstellen kann. Bleiben die Unternehmensgewinne in den kommenden Jahren auf dem aktuellen Niveau, dann sehe ich an der Börse kein Halten mehr. Die Konkurrenz für den Aktienmarkt ist durch die Geldpolitik praktisch ausgeschaltet worden.
Digitalisierung stärkt Innovationskraft der Wirtschaft
Ein Journalist bezeichnete die derzeitige Notenbankpolitik als die größte Entwertung von Geldvermögen in Friedenszeiten. Geldwerte werden gegenüber Sachwerten in den kommenden Jahren deutlich verlieren. Der Nachteil von Sachwerten ist, dass deren Preise kurz- und mittelfristig stark schwanken.Der langfristige Ertrag unternehmerischer Investments liegt aber etwa vier bis fünf Prozent über der normalen Inflationsrate. Solange die Aktienmärkte fair bewertet sind, können Anleger mit diesem Ertrag rechnen. Nach den jüngsten Kursrückgängen in Euroland ist diese faire Bewertung wieder erreicht. Weitere Voraussetzungen für den Erfolg sind die genügend große regionale Streuung und die gesunde Mischung von verschiedenen Branchen. Trotzdem wird auch ein so aufgestelltes Depot Kursschwankungen ausgesetzt sein.
Die investitionsfreundliche Wirtschaftspolitik verstärkt große fundamentale Trends, wie die Digitalisierung der Wirtschaft, die wiederum einen neuen Innovationsschub auslöst. Zudem wächst der Mittelstand in den Schwellenländern dynamisch.
Die Frage lautet daher jetzt nicht, ob man Aktien haben soll, sondern wie viel man haben muss. Das muss jeder individuell entscheiden. Kapital, das auf Sicht von zehn Jahre und länger nicht benötigt wird, kann in Aktien investiert werden. Wer die Grundsätze der Streuung beachtet und auf Qualität bei Aktien großen Wert legt, der wird auf lange Sicht belohnt werden.
Bei anderen Sachwerten wie der Immobilie sollte man sich eines noch längeren Anlagehorizonts bewusst sein. Da sich die Lage mit dem Standortumfeld ändern kann, ist das Immobilieninvestment wesentlich riskanter als ein flexibles Aktienportfolio.
Von Gottfried Urban, Vorstand der Bayerische Vermögen AG, Traunstein
Immer mehr Privatanleger in Deutschland vertrauen bei ihrer Geldanlage auf bankenunabhängige Vermögensverwalter. Frei von Produkt- und Verkaufsinteressen können sie ihre Mandanten bestmöglich beraten. Mehr Informationen finden Sie unter www.vermoegensprofis.de.
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.
Bildquellen: ramcreations / Shutterstock.com