Stunde der Wahrheit

Apple: Der Konzern greift wieder an

aktualisiert 16.09.14 22:02 Uhr

Apple: Der Konzern greift wieder an | finanzen.net

Apple-Chef Tim Cook zeigt mit der Watch seine erste echte Innovation - und hat mit zwei größeren iPhones sowie dem Bezahldienst Apple Pay wohl richtige Trümpfe in der Hand.

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von Stephan Bauer, Euro am Sonntag

Rund oder eckig? Im Vorfeld der Produktpräsentation von Apple-Chef Tim Cook war über die Form der lange erwarteten iWatch, der Computeruhr, viel gerätselt worden. Jetzt ist es raus: Die iWatch heißt Apple Watch, und sie ist eckig.

Geschmackssache, ob einem die erste echte Innovation des Konzerns unter Chef Tim Cook gefällt. Börsianer trauen der Watch aber offenbar zu, auch Freunde klassischer Uhren zu überzeugen. Die Aktie des größten Schweizer Uhrenproduzenten Swatch gab am Tag nach Cooks Präsentation deutlich nach. Die Uhrenbranche jedenfalls hält die Luft an.

Laut der Investmentbank Morgan Stanley könnten pro Jahr 30 bis 60 Millionen Uhren verkauft werden. Apple würde damit etwa sechs bis zwölf Prozent zusätzlichen Umsatz einspielen - was einer Größenordnung von mindestens zehn Milliarden Dollar entspräche. Das jedoch scheint sehr hoch gegriffen: Weltweit wurden laut Berenberg Bank bislang insgesamt nur rund drei Millionen Computeruhren verkauft. Die Watch wird zudem das Weihnachtsgeschäft verpassen, sie ist erst ab Anfang kommenden Jahres zu Preisen ab 349 Dollar erhältlich.

Für das wichtige vierte Quartal schickt Cook dafür gleich zwei neue Telefone ins Rennen. Das iPhone 6 mit kleinerem Bildschirm, der jedoch schon größer ist als das Display des Vorgängermodells, sowie ein richtig großes Modell, das mit Preisen zwischen 800 und 1.000 Euro hierzulande auch richtig teuer ist. Trotz der traditionell hohen Preise dürften Kunden kräftig zugreifen, schließlich galt das kleine Display des alten iPhone als dessen größtes Manko.

Der Trend ist eindeutig: Zuletzt wählten rund 40 Prozent aller Smartphonekäufer weltweit ein Telefon mit besonders großem Display. Bislang machte hier vor allem Apples größter Rivale, die koreanische Samsung, das Geschäft. Jetzt spielen auch die Kalifornier mit.

Die kommenden Smartphones aus Cupertino haben einen weiteren Vorteil, dessen Tragweite bislang noch nicht absehbar ist: Mit dem ­soeben eingeführten Bezahldienst Apple Pay lassen sich künftig Käufe direkt mit dem Handy an der Supermarktkasse ausführen. Kunden müssen es dafür bloß in die Nähe ­ eines Sensors halten.

Abenteuer Bezahldienst
Der Konzern geht damit ein heikles Thema an - das mobile Bezahlen. Bislang tut sich die Techbranche damit noch schwer. Selbst erfolgreiche Konzerne wie Google hatten mit ihren Wallet-Systemen bislang mäßigen Erfolg. Dennoch wächst der Markt: Den Marktforschern der amerikanischen Gartner Group zufolge soll sich das Volumen bargeldloser Bezahlvorgänge per Handy im laufenden Jahr weltweit auf gut acht Milliarden Dollar verdoppeln. Doch das ist immer noch ein winziger Bruchteil dessen, was pro Jahr via Kreditkarte abgewickelt wird.

Apple hat es allerdings schon mehrfach geschafft, das Verbraucherverhalten zu verändern und damit neue Märkte zu schaffen - etwa beim Vertrieb digitaler Musik oder eben mit der Erfindung des iPhone. Dem Konzern trauen es deshalb viele am ehesten zu, ein zugleich einfaches und nutzerfreundliches, aber auch sicheres mobiles Bezahlsystem auf die Beine zu stellen - auch wenn hier kürzlich der Datenskandal um den Speicherdienst iCloud Zweifel säte. Die Voraussetzungen dafür, dass es gelingt, sind nicht schlecht: Das Pay-Experiment ist zunächst auf die USA beschränkt, die Sicherheitsstandards für Kreditkarten gelten dort als vergleichsweise niedrig. Apple hat Kooperationen mit den führenden Karten­firmen wie American Express oder Mastercard geschlossen, Konsumriesen wie McDonald’s sind Partner.

Der Ertrag von Apple Pay könnte langfristig gewaltig sein: Die Bindung der Kunden an das Ökosystem der Kalifornier würde noch stärker, wenn Apple erst Zugriff auf die Geldbörse und damit zu noch wertvolleren persönlichen Daten hat.

Für Tim Cook wird das kommende Quartal in mehrfacher Hinsicht ein Prüfstein: Werden seine ersten Neuheiten ähnlich erfolgreich wie die früherer Zeiten? Die Erwartungen sind hoch. Im Schnitt rechnen Analysten mit einem Umsatzanstieg von 39,5 Milliarden Dollar im laufenden auf stolze 62,5 Milliarden im Weihnachtsquartal. Cook braucht Trümpfe, die stechen.

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Reifeprüfung

Kann Tim Cook auch Innovation? Die Chancen stehen gut. Weitaus wichtiger als das Trendprodukt Watch ist das iPhone, der Hauptumsatzträger. Die größeren Displays sollten das Interesse von Stammkunden, aber auch von Käufern anderer Marken wecken. Mit Apple Pay kann der Konzern zudem einen neuen Markt entwickeln. Barreserven über 160 Milliarden Dollar relativieren die Bewertung. Attraktiv.

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Bildquellen: Andrey Bayda / Shutterstock.com, IgorGolovniov / Shutterstock.com

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