Geldanlage-Report Armin Brack

TomTom: Google mischt den Navimarkt auf!

04.11.09 09:14 Uhr

TomTom: Google mischt den Navimarkt auf! | finanzen.net

Die Niederländer TomTom galten hierzulande lange fast schon als Synonym für Navigationsgeräte.

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Zumindest diese marktdominierende Stellung ist nun nicht mehr zu halten. Im Gegenteil: Es droht massives Unheil von einem neuen Konkurrenten, der das ganze Geschäftsmodell des etablierten Anbieters (und auch des bisherigen Widersachers Garmin) gefährden könnte. Die Rede ist von niemand geringerem als Google.

Der Suchmaschinen-König aus Mountain View, Kalifornien, integriert die eigene neue Software "Google Maps Navigation" in sein Mobilfunk-Betriebssystem Android und stellt sie dann den Käufern der Geräte kostenlos zur Verfügung. Der Clou: Die Software läuft über das Internet, greift direkt auf Google Maps und sogar das umstrittene StreetView zu, wo sich Nutzer ganze Straßenzüge in Fotoform ansehen können.

TomTom-Aktionäre stießen nach Bekanntwerden dieser Nachricht ihre Papiere in einem ohnehin schwachen Gesamtmarkt fast schon panisch ab. Die Aktie fiel von über zehn Euro am Mittwoch auf ein Freitags-Tief von nur noch 6,23 Euro. Das bedeutet einen Verlust von fast 40 Prozent.

Die Ratio hinter den Verkäufen scheint einleuchtend: Wer kauft noch ein Navigationsgerät für rund 100 Euro, wenn es anderswo das Gleiche umsonst gibt. Thilo Koslowski, Analyst beim Marktforscher Gardner, glaubt, dass in 2012 die Geräte keine 50 Euro mehr kosten werden. Das bedeutet einen extremen Margendruck für die etablierten Hersteller.

*Alles zu spät für TomTom & Co.?

Doch ist wirklich bereits jede Hoffnung für die traditionellen Anbieter verloren? Ich meine "nein", denn noch steht nicht fest ob sich "Maps Navigation" am Markt tatsächlich durchsetzen wird.

Beim Google-Navi handelt es sich um ein so genanntes Offboard-Navi. "Offboard" deshalb, weil das Kartenmaterial nicht an Bord ist. Neben Vorteilen wie der hohen Aktualität und dem Zugriff auf die riesige Google-Datenbank hat dieses System aber auch eine Kehrseite: Ohne Mobilfunkanbindung ist keine Navigation möglich. Befinden Sie sich also in einem Funkloch warten Sie vergeblich auf die Instruktionen der freundlichen Dame aus dem Navigationsgerät.

Hinzu kommt: Wenn Sie keine Flatrate haben, oder sich im Ausland aufhalten, fallen Kosten für den mobilen Datenverkehr an. Datenschützer warnen zudem davor, dass eine permanente Positionsfeststellung und damit theoretisch eine Überwachung des Users möglich ist.

Ganz sicher werden also die bisherigen Geräte nicht vom Markt verschwinden. Zunächst ist Maps Navigation ohnehin nur in den USA erhältlich und das auch nur in einem neuen Handymodell, dem Motorola Droid.

*Arbeit an alternativen Geschäftsmodellen

Trotzdem können sich TomTom und Co. natürlich nicht einfach auf einen etwaigen Misserfolg von Google verlassen. Neue Ideen müssen her. Wichtig für die Niederländer ist die Kooperation mit Apple beim Navigationssystem für das iPhone.

Zudem verfügen die eigenen Spitzenmodelle ebenfalls bereits über Online-Anbindungen.

Die jüngsten Quartalszahlen weisen zwar einen höheren Gewinn als erwartet aus, der aber nur durch hohe Kosteneinsparungen zustande kam. Der Umsatz enttäuschte leicht, was den enormen Druck auf die Aktie teilweise erklärt.

Kosten können nicht unbegrenzt eingespart werden. Der Weg zu weiter steigenden Gewinnen führt damit nur über wieder steigende Umsätze - und das geht nur mit neuen Ideen, die dem Kunden einen Mehrwert bieten.

Bewertungstechnisch wird die Aktie momentan exakt mit den für 2009 erwarteten Umsätzen von 1,6 Milliarden Euro gehandelt. Das 2009er-KGV von elf bzw. 18 für 2009 und 2010 erscheint nicht zu teuer.

Das Problem: TomTom hat sich mit der im nachhinein viel zu teuren Übernahme des Datenanbieters Teleatlas übernommen. Die Übernahme kostete 2,9 Milliarden Euro, doppelt soviel wie die gesamte aktuelle Marktkapitalisierung von TomTom. Ein Schuldenberg von über einer Milliarde Euro lastet nun auf den Niederländern. Ein erneutes Absacken in die roten Zahlen, wie im ersten Quartal geschehen, kann sich das Unternehmen nicht leisten.

Wahrscheinlich reagierten die Anleger auch deshalb so panisch auf die Google-News.

MEIN FAZIT:

- Eine charttechnische Gegenreaktion auf die extremen Verluste ist überfällig. Die Aktie ist daher für Trader interessant.

- Mittelfristig drängt sich allerdings auf Grund der schwierigen Aussichten und der gleichzeitig hohen Verschuldung trotz moderater Bewertung ein Einstieg nicht auf.

Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

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