Geldanlage-Report Armin Brack

Finanztransaktionssteuer als Allheilmittel!?

30.09.11 09:41 Uhr

Finanztransaktionssteuer als Allheilmittel!? | finanzen.net

Finanztransaktionssteuer als Allheilmittel? Ein Witz!

Politiker müssen nicht besonders fantasiebegabt sein. Sonst würde ihnen auf klamme Haushaltskassen und Schuldenkrisen auch einmal anderes einfallen als nur die Steuern zu erhöhen. Erst die Brennelementesteuer, dann die Luftverkehrsteuer, und nun soll uns also die Finanztransaktionsteuer retten.

Man könnte fast darüber lachen, wenn es nicht so traurig wäre!

Ausgerechnet Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy haben sich verbündet, um sich für eine Finanztransaktionssteuer in Europa stark zu machen. Die beiden, die noch vor exakt 12 Monaten nichts davon wissen wollten.

Was bedeutet die Finanztransaktionssteuer für den Finanzmarkt? Wo liegen die Gefahren? Zunächst einmal: Die Idee einer Finanztransaktionssteuer ist nicht neu, sondern ein fast 40 Jahre alter Hut. Und immer schon heftig umstritten.

Die „Tobin-Tax“ (benannt nach dem US-Wirtschaftswissenschaftler James Tobin) belastet Finanztransaktionen mit einem bestimmten Satz i.d.R. zwischen 0,05 und 1,0 Prozent. Zweck der neuen Steuer, die laut Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble noch im Herbst „auf den Weg gebracht“ werden soll, soll angeblich sein, die Spekulation einzuschränken. Der wahre (und einzige?) Grund aber ist wohl, Anleger und die Finanzbranche an den Kosten der akuten Finanzkrise zu beteiligen.

Wie Schäuble überhaupt zu der Einsicht gelangt ist, die Finanztransaktionssteuer werde noch in den nächsten Wochen eingeführt, bleibt sein Geheimnis. Ihm fehlt nämlich die Mehrheit dies durchzusetzen. Sowohl im Bund als auch in der Europäischen Union.

Nicht nur die FDP stemmt sich dagegen. Die nimmt Schäuble ohnehin nicht sehr ernst. Gewichtiger sind die Differenzen unter den EU-Ländern.

Während neben den treibenden Kräften Deutschland und Frankreich auch Österreich, Belgien und Luxemburg die Steuer wenigstens in der Eurozone einführen wollen – global hätte die Abgabe keine Chance wegen des Widerstands der USA – weigern sich Großbritannien, Italien und Schweden hartnäckig, diesen Weg mitzugehen. Sie befürchten eine Abwanderung des Finanzhandels aus Europa. Und haben dafür gute Gründe.

Vor allem die Schweden wissen, wovor sie sich fürchten müssen. 1985 wurde von der schwedischen Regierung eine Börsenumsatzsteuer eingeführt. Dadurch erhoffte sie sich Mehreinnahmen von 1,5 Milliarden Kronen, 50 Millionen Kronen waren es dann tatsächlich. Nachdem die Handelsumsätze teilweise um 85 Prozent einbrachen, wurde die Steuer wieder ad acta gelegt.

Da eine neue Steuer in der EU nur einstimmig eingeführt werden kann – der Bundesfinanzminister weiß das natürlich – ist das Projekt eigentlich zum Scheitern verurteilt. Warum von den Befürwortern dennoch aufs Tempo gedrückt wird, hat zwei Gründe.

Worum geht es also wirklich bei der „Tobin-Tax“?

Zum einen lässt sich mit der Diskussion über die Transaktionssteuer ganz wunderbar über die bösen „Finanzhaie“ herziehen, denen man angeblich ans Leder will. Zum anderen von der eigenen Verantwortung ablenken.

Die Vorstellung, die neue Steuer könne exzessive Spekulation verhindern und damit nächste Schuldenkrisen verhindern, verkennt nämlich eines: Nicht die Spekulanten, sondern die Politiker haben der Idee der Europäischen Gemeinschaft geschadet, indem sie Griechenland in ihren Kreis überhaupt mit aufnahmen. Die Spekulanten waren in Wahrheit viel zu zahm!

Bereits 2006 war bekannt, dass das Land total überschuldet war. Wäre damals aggressiver von Marktteilnehmern darauf reagiert worden, wäre Athen bereits vor fünf Jahren unter Druck geraten, hätte Schulden abbauen müssen statt jahrelang fröhlich neue anzuhäufen.

Warum die Steuer bei einigen Regierungschefs so hoch im Kurs steht, liegt auf der Hand: Sie brächte Geld in klamme Kassen. Laut des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) könnte ein Steuersatz von 0,05 Prozent auf alle Finanztransaktionen in Deutschland rund 17 bis 36 Milliarden Euro einbringen. Für die gesamte EU wird mit Einnahmen von 150 bis 250 Milliarden Euro gerechnet.

Ein schönes Sümmchen, wenn auch angesichts der enormen Belastungen, die durch die Schuldenkrise entstanden sind, nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Bemerkenswert: Noch bevor der Bär erlegt ist, wird das Fell bereits verteilt: Im Haushaltsentwurf von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble von 2012 an sind jährlich zwei Milliarden Euro aus einer Finanzsteuer eingeplant!

MEIN FAZIT:

Die „Tobin-Tax“ ist eine Schnapsidee. Selbst wenn sie eingeführt wird, was ich nicht annehme, kommt es nicht zu Mehreinnahmen. Händler würden einfach auf andere Finanzmärkte wie zum Beispiel London ausweichen und die Steuer damit umgehen.

Treffen würde es die Kleinanleger. In Zeiten, in denen 10-jährige Bundesanleihen nicht einmal zwei Prozent Rendite bringen, sind zusätzliche Abgaben – in welcher Höhe auch immer – schmerzhaft. Zumal die Steuer zweimal fällig wird – bei Kauf und Verkauf. Privatanleger müssen zudem noch Abgeltungsteuer plus Soli und Kirchensteuer berappen.

Außerdem würde eine Erfassung aller Finanztransaktionen auch nur mit enormen Verwaltungsgebühren sowie mit hohen Bürokratiekosten der öffentlichen Hand zu stemmen sei. Eine Transaktionssteuer sei daher „ein Geschenk an die unregulierten Finanzmärkte und Finanzprodukte dieser Welt“, formulierte die Deutsche Börse es ganz richtig.

Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.