DAX: Parallelen zur Lehman-Pleite?
Was soll man von den Märkten in diesen Tagen halten?
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Auch Experten tun sich schwer mit einer Einschätzung, was an den Aktiencharts unschwer abzulesen ist. Der DAX und die anderen Indizes durchlaufen eine Achterbahnfahrt – keine Kinderachterbahn, sondern eine mit Dreifach-Looping und 180-Grad-Kehre. Die neuesten Nachrichten und Entwicklungen legen die Vermutung nahe, dass diese Schaukelbörse immer noch nicht vorbei ist.
Häufung von Warnsignalen
Da sind zum einen die heftigen Kursverluste zwischen 20 und 25 Prozent an den Aktienmärkten. Seit dieser Woche ist zudem die Angst vor einem neuen Bankencrash zurück. Vor allem die französischen Banken bekamen dies zu spüren. Die Société Générale Aktie verlor am Mittwoch zeitweise mehr als 20 Prozent an Wert, als Gerüchte über höhere Belastungen und eine mögliche Bonitätsherabstufung Frankreichs die Runde machten. Auch Crédit Agricole und unser Short-Trading-Tipp vom 27. Juni, die italienische UniCredit-Aktie, rauschten in die Tiefe. Schon zuvor war in den USA die Bank of America regelrecht abgestürzt. Wenn sogenannte „systemrelevante“ Bankaktien innerhalb kürzester Zeit um rund 25 Prozent oder mehr fallen, dann läuten die Alarmglocken.
Fed legt sich fest
Zwischenzeitlich kam aus New York die erstaunliche Meldung, dass die US-Notenbank Fed sich bis Mitte 2013 darauf festgelegt hat, das ultraniedrige Zinsniveau beizubehalten. Das kann schon als Verzweiflungstat interpretiert werden, da die Fed sich nicht nur ihrer Handlungsmöglichkeiten beraubt, sondern auch erneut ein Schlaglicht auf die US-Konjunktur wirft, die offenbar schlechter läuft, als bislang vermutet. Bei Bedarf will die Fed weitere stimulierende Maßnahmen ergreifen inklusive neuer Käufe von Staatsanleihen – QE3 ist also angekündigt, wenn auch nur durch die Blume. Ob das alleine aber helfen wird, um die Vertrauenskrise zu überwinden, darf bezweifelt werden.
Analogie zur Lehman-Pleite nur teilweise zutreffend
Im Vergleich zur Lehman-Pleite gibt es also schon einige Parallelen wie zum Beispiel das erneut ausufernde Misstrauen im Interbankenmarkt. Es gibt jedoch auch gravierende Unterschiede. Während damals die Staaten zur Rettung bereit standen, sind heute die Staaten Teil des Problems. Bislang wurden neue Schulden aufgenommen, um Schuldenprobleme in den Griff zu bekommen. Während diese aus heutiger Sicht absurde Taktik damals eine wirksame Beruhigungspille war, wirkt sie aktuell nicht einmal einige Börsentage. Die Wirkung des neuen Rettungspaketes für Griechenland ist beispielsweise schon verpufft, bevor die Beschlüsse überhaupt umgesetzt wurden. Das ist ein Wink mit dem Zaunpfahl für die Politik, nicht nur medienwirksame Gipfel mit Luftnummern zu produzieren, sondern die Schuldenproblematik endlich ernsthaft anzupacken. Das gilt für die angelsächsischen Länder genauso wie für Euroland inklusive Deutschland. Bislang jedoch hat man das Gefühl, dass die Politiker glauben, sich weiter durchwursteln zu können. Bestes Beispiel ist Angela Merkel, die sich erst unnachgiebig gibt und ihre Positionen für unverrückbar erklärt, dann aber still und heimlich eine Stellung nach der anderen räumt und sich dennoch traut, dies als alternativlos darzustellen. Auch in den anderen Ländern sieht es nicht besser aus. Ich will aber auch nicht zu schwarz malen. Es gibt durchaus auch Hoffnungssignale. Dass die Konjunktur so stark einbrechen wird, wie es die Kursrückgänge der letzten Tage vermuten lassen, ist keineswegs ausgemacht. Die stark rückläufigen Rohstoffpreise werden der Industrie und den Konsumenten helfen. Auch wird das Wachstum in den Schwellenländern weiter hoch bleiben. Zwar wird auch China eine Rezession in der westlichen Welt spüren, doch alleine der riesige Binnenmarkt von über 1,3 Mrd. Menschen steht für ein riesiges Wirtschaftspotenzial. Ähnliches gilt auch für Indien mit 1,2 Mrd. Menschen. Zum Vergleich: In den USA leben 0,3 Mrd. Menschen, in der EU 0,5 Mrd. Menschen. Die Gewichte der Weltwirtschaft haben sich bereits zugunsten der Schwellenländer verschoben. Die aktuelle Krise wird diesen Trend weiter beschleunigen.
DAX bleibt schwankungsanfällig
Trotz zwischenzeitlicher Erholungstendenzen konnte der DAX bislang noch kein eindeutiges Signal für das Ende des Crashs liefern. Aktuell kristallisiert sich die Marke von 5.500 Punkten als Support heraus. Immerhin stieg der Index dank teilweise wieder ermutigender US-Konjunkturdaten am Freitag erneut bis auf 6.000 Punkte. Doch erst ein deutlicher Anstieg über diese Marke würde charttechnisch wieder etwas Entspannung bringen – eine Wende nach oben wäre aber auch das noch nicht.
Fazit:
Die Schuldenproblematik der Staaten ist nach wie vor ungelöst und droht auf die Banken überzuspringen. Große Kursschwankungen am Aktienmarkt sind daher auch weiterhin nicht nur möglich, sondern auch zu erwarten.
Stefan Böhm (Diplom-Volkswirt) ist Chef-Redakteur des DaxVestor Börsenbriefs. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dax-vestor.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.
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