Börse Frankfurt-News: Woche im Zeichen der Notenbanken (Anleihen)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Inflation und Geldpolitik, Omikron und Evergrande bleiben die Themen im Anleihenhandel. Was die Geldpolitik angeht, dürfte die kommende Woche viel Neues bringen.
10. Dezember 2021. Frankfurt (Börse Frankfurt). Gleich vier wichtige Notenbanksitzungen stehen nächste Woche an: der EZB, der US-Notenbank Fed, der Bank of England und der Bank of Japan. "Das Drehbuch für die Rentenmärkte könnte spannender kaum sein", kommentiert Anleihenanalyst Hauke Siemßen von der Commerzbank.
Er geht davon aus, dass die Fed eine schnellere Reduzierung der Anleihekäufe beschließen wird. Bei der Bank of England sehe der Markt immer noch knapp eine 50/50-Chance für die erste Zinserhöhung. "Und auch wenn die EZB wohl lieber auf Sicht fahren würde, dürfte sie um eine Entscheidung nicht herumkommen, wie es mit den Anleihekäufen ab April weitergeht."
Omikron-Nachrichten prägen Sicherheitsbereitschaft
Zur Wochenmitte waren sichere Anlagen wie Bundesanleihen aufgrund positiv aufgenommener Corona-Nachrichten unter Druck geraten: Die Impfstoffe hätten ihre Wirksamkeit gegen die neue Variante zumindest nicht vollständig verloren, hieß es. Die jüngsten Nachrichten sind aber wieder ernüchternder.
Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe verharrt weiter tief im negativen Bereich: Am Freitagmittag liegt sie bei minus 0,34 Prozent. US-Anleihen gleicher Laufzeit weisen 1,51 Prozent Rendite auf.
Im Handel macht sich zwei Wochen vor Heiligabend schon Weihnachtsstimmung breit. "Die Bücher bei vielen Banken sind für 2021 geschlossen, kaum eine Bank ist mehr gewillt, Risiko aufs eigene Buch zu nehmen", berichtet Tim Oechsner von der Steubing AG. Wie nachhaltig die rückläufigen Schwankungen und die Erholungstendenzen seien, werde man noch sehen. "Das Risiko von Rückschlägen ist da."
Evergrande: "Vieles ist eingepreist"
Unter Abgabedruck bleiben Oechsner zufolge Evergrande- (XS1982036961) und Kaisa-Anleihen (XS2101310196) - genau wie die Aktien der chinesischen Immobilienkonzerne. "Die negativen Nachrichten zum chinesischen Immobiliensektor reißen nicht ab, die Krise spitzt sich sogar noch zu." Erstmals habe Evergrande eine US-Dollar-Schuld nicht bezahlen können.
Evergrande steht offenbar kurz vor der Insolvenz, eine Rettung durch Peking wird immer unwahrscheinlicher: Chinas Notenbankchef Yi Gang hat am gestrigen Donnerstag die Evergrande-Risiken als "Angelegenheit des Markts" bezeichnet, die nach marktwirtschaftlichen und rechtsstaatlichen Prinzipien abgehandelt würden. Mit Fitch hat nun auch erstmals eine Ratingagentur den chinesischen Immobilienkonzern als zahlungsunfähig eingestuft.
Laut Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank ist nicht mehr viel los bei Anleihen von Evergrande (XS1627599654) und der anderen chinesischen Immobiliengesellschaften wie Fantasia, Kaisa und Modern Land, "Da ist vieles eingepreist." Die Evergrande-Anleihen haben ohnehin Stückelungen von 200.000 US-Dollar.
Ekosem macht Satz nach oben
Ein großes Thema im Handel mit Unternehmensanleihen bleibt Ekosem Agrar, die deutsche Holdinggesellschaft der auf Milchproduktion in Russland ausgerichteten Ekoniva Gruppe. Die Anleihekurse haben diese Woche eine Sprung nach oben gemacht, wie Daniel meldet. "Hintergrund war die Nachricht, dass die russische Landwirtschaftsbank dem Unternehmen die bestehenden Kreditlinien für Betriebsmittel weiter zur Verfügung stellen will", berichtet der Händler. Die bis 2024 laufende Anleihe mit Kupon von 7,5 Prozent (DE000A2YNR08) kletterte vom Tief um 40 Prozent auf 90 Prozent, am Freitagmittag sind es 85 Prozent. "Anleger nutzen den hohen Kurs wohl für einen Ausstieg."
UniDevice-Kurs wieder erholt
Deutlich erholt hat sich laut Oechsner die bis 2024 laufende Anleihe von UniDevice mit Kupon von 6,5 Prozent (DE000A254PV7). Der B2B-Broker für Kommunikations- und Unterhaltungselektronik mit Schwerpunkt auf hochpreisigen Handys hatte für November und rund um Black Friday sowie Cyber Monday ein hervorragendes Geschäft gemeldet. "Die Anleihe erholte sich weiter und handelt bei 99 Prozent, nach 90 Prozent Ende November."
BTD: von 50 auf 95 Prozent
Ruhigeres Fahrwasser nach dem Kurssturz vom November hat die Anleihe der BDT Media Automation (DE000A2E4A94) erreicht, wie Oechsner außerdem feststellt. Die nur 5 Millionen Euro schwere Anleihe des Entwicklers und Produzenten von Datenspeicherlösungen sowie Systemlösungen für Druck- und Automatisierungstechnik handelt nach dem Tief von 50 Prozent nun bei relativ breitem Bid-Offer-Spread zwischen 90 und 95 Prozent. Die Anleihe ist 2024 fällig und bietet 8 Prozent.
Rasant nach unten geht es seit gestern hingegen für Papiere von Deutsche Lichtmiete (DE000A2TSCP0, DE000A3H2UH3, (DE000A2NB9P4). Staatsanwälte durchsuchten den Leuchtspezialisten in Oldenburg, wie das Handelsblatt meldet. Ermittelt werde wegen des Verdachts auf gemeinschaftlichen Betrug. Die Kurse der zwischen 2023 und 2027 fälligen Anleihen fallen von rund 100 Prozent auf um die 10 Prozent.
von: Anna-Maria Borse, 10. Dezember 2021, © Deutsche Börse
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)