Vermögensverwalter-Kolumne

Zins-Absurdistan

30.09.19 09:19 Uhr

Zins-Absurdistan | finanzen.net

Mit den Zinsen stimmt was nicht. Das ist Privatanlegern schon lange klar. Aber Besserung ist nicht in Sicht - ganz im Gegenteil meint Dr. Marc-Oliver Lux von Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München.

Die Europäische Zentralbank EZB lässt sich trotz vielfacher Kritik nicht beirren und hat vor kurzem neue Maßnahmen angekündigt, das Zinsniveau niedrig zu halten bzw. zusätzlich zu drücken. Der Basiszinssatz der EZB sinkt um weitere 0,10 Prozent auf nun minus 0,50 Prozent. Auch Anleihenkäufe sollen wieder aufgenommen werden. Damit dehnt sich die Blase am Rentenmarkt zwangsläufig noch mehr aus und treibt mittlerweile skurrile Blüten.

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Paradebeispiel sind die Deutschen Bundesanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren. Sie sind am europäischen Anleihemarkt das Maß aller Dinge. Alles orientiert sich an der Entwicklung der "Bunds" wie die deutschen Staatspapiere international genannt werden.

Doch was sich derzeit bei den Bundesanleihen - und abgeleitet daraus auch bei anderen Staats- und Unternehmenspapieren - abspielt, ist absurd. Investoren stürzen sich geradezu auf die Schuldtitel. Das treibt die Kurse immer weiter nach oben und im Gegenzug die Renditen nach unten. Auf bis zu minus 0,74 Prozent ist die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen im Tief gefallen. Damit hat sie ein neues absolutes Rekordtief markiert und fällt nochmals 0,60 Prozent tiefer unter das alte historische Minus kurz nach dem Votum der Briten gegen die Europäische Union. In diesem Jahr ging es unter Schwankungen kontinuierlich bergab.

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Das bedeutet: Wer der Bundesrepublik Deutschland Geld leiht, bekommt das nicht vergütet, sondern zahlt drauf. Das gilt seit August für alle deutschen Staatsanleihen - selbst für die mit der langen Laufzeit von 30 Jahren. Da gab es sogar eine Premiere der besonderen Art: Als erste Nation hat die Bundesrepublik eine 30-jährige Anleihe ohne Kuponzins auf den Markt gebracht. Die Auktion dieser Neuemission erbrachte laut Bundesbank eine durchschnittliche Rendite von minus 0,11 Prozent, das heißt der Staat verdient mit der Anleihe sogar noch Geld statt etwas zu zahlen. Es ist die niedrigste Rendite, die je bei einer Auktion der 30-jährigen Bundesanleihe erzielt wurde.

Mit der Emission einer Nullzins-Anleihe über 30 Jahre betritt der Bund Neuland: Die wichtigste langfristige Benchmark-Anleihe in der Euro-Zone wirft nun keine regelmäßigen Zinserträge mehr ab. Negative Renditen für Anleihen gelten an den Märkten bereits als neue Normalität. Sie setzen sich aus dem Kurs einer Anleihe und dem Kuponzins zusammen. Übersteigt der aktuelle Kurs den Rückzahlungsbetrag inklusive Zinsen ist die Rendite negativ.

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Doch das selbst die jährlichen Zinszahlungen entfallen, ist ein Novum. Noch vor einigen Jahren war dies nur für kurzfristige Geldmarktpapiere mit einer Laufzeit von drei Monaten denkbar. 2016 hat die deutsche Finanzagentur schließlich erstmals eine zehnjährige Anleihe mit einem Null-Prozent-Kupon begeben. Dass der Trend auch vor dreißigjährigen Papieren nicht Halt macht, war erwartet worden, denn der Kuponzins orientiert sich üblicherweise an den zur Emission vorherrschenden Marktrenditen.

Seit einigen Wochen befindet sich die gesamte Zinskurve Deutschlands im negativen Bereich. Dennoch markiert die bis 2050 laufende Nullzins-Anleihe einen neuen Höhepunkt der Anleihenrallye. Ende August hatte die 30-jährige Bundesanleihe bei minus 0,27 Prozent ein neues Allzeittief markiert.

Die Entwicklung bei den Bundesanleihen drückt die Renditen im kompletten Euro-Raum mit nach unten. In der Euro-Zone rentieren fast 90 Prozent aller Staatsanleihen im Minus, bei Unternehmensanleihen mit guter Bonität sind es mehr als 30 Prozent. Das zeigt: Am Anleihemarkt hat sich eine gigantische Blase aufgepumpt.

In den USA steht bei den Renditen zwar noch ein Plus vor dem Komma, mit aktuell 1,8 Prozent nähert sich die Rendite zehnjähriger US-Papiere aber ihrem ebenfalls im Sommer 2016 erreichten Rekordtief von unter 1,4 Prozent. Auch die Rendite 30-jähriger US-Staatsanleihen kommt mit weniger als 2,3 Prozent ihrem Allzeittief immer näher. Real, also unter Berücksichtigung der Inflationsrate von zuletzt 1,6 Prozent, verlieren Anleger auch mit US-Staatsbonds bis zu einer Laufzeit von neun Jahren Geld. In Deutschland drückt die Inflationsrate von zuletzt 1,1 Prozent die Real-Renditen noch tiefer ins Minus.

Ein Ende des allgemeinen Renditeverfalls sehen Analysten und Volkswirte zwar noch nicht, aber sie warnen, dass die schädlichen Nebenwirkungen der ultralockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank immer stärker werden.

Immer mehr Privatanleger in Deutschland vertrauen bei ihrer Geldanlage auf bankenunabhängige Vermögensverwalter. Frei von Produkt- und Verkaufsinteressen können sie ihre Mandanten bestmöglich beraten. Mehr Informationen finden Sie unter www.v-bank.com.

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

Bildquellen: ilikestudio / Shutterstock