Gegen den Willen Erdogans

Türkische Notenbank strafft Geldpolitik

14.12.17 12:42 Uhr

Türkische Notenbank strafft Geldpolitik | finanzen.net

Entgegen wiederholten Forderungen des Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hat die Notenbank in der Türkei einen wichtigen Leitzins angehoben.

Man erhöhe den Lombardsatz um weitere 0,5 Prozentpunkte auf 12,75 Prozent, wie die Notenbank am Donnerstag mitteilte. Der Lombardsatz ist ihr derzeit am höchsten liegender Leitzins.

Allerdings blieben die Währungshüter mit ihrer Straffung noch eher vorsichtig. Viele Experten hatten angesichts des wirtschaftlichen Umfelds eine noch stärkere Anhebung auf 13,25 Prozent erwartet. Dementsprechend fiel der Kurs der türkischen Landeswährung Lira nach dem Beschluss deutlich - sowohl im Verhältnis zum Euro als auch zum US-Dollar um jeweils mehr als ein Prozent.

Zuletzt hatte die türkische Notenbank im April den Lombardsatz angehoben, der zurzeit von vielen Banken zu Refinanzierungszwecken in Anspruch genommen wird. Ihre übrigen Leitzinsen beließen die Währungshüter dagegen zwischen 7,25 und 9,25 Prozent.

Seit Ende 2016 hat die Notenbank ihre Geldpolitik bereits mehrfach gestrafft. Während die offiziellen Zahlen zum Wirtschaftswachstum sehr robust sind, hatte zuletzt ein eklatanter Wertverfall der Lira sowie eine stark gestiegene Inflation den Druck in Richtung weiterer Zinsanhebungen erhöht. Im Verhältnis zum Euro hat die Lira zuletzt binnen eines Jahres mehr als 20 Prozent an Wert verloren und ist im November auf ein Rekordtief gefallen. Die Inflation in der Türkei liegt unterdessen bei 13 Prozent und damit deutlich über dem längerfristigen Ziel der Notenbank von fünf Prozent. Experten der Commerzbank weisen darauf hin, dass der Realzins in der Türkei - also der Zinssatz unter Herausrechnung der Inflation - derzeit knapp unter Null liege.

Dessen ungeachtet fordert Präsident Erdogan die Notenbanker immer wieder dazu auf, die Zinsen niedrig zu halten. Hinter Experten, die für höhere Zinsen plädieren, sieht er eine ominöse "Zinslobby" mit "westlicher Geisteshaltung" agieren, die sich auf Kosten der Türkei bereichern möchte. Entgegen der gängigen Konjunkturlehre hält Erdogan hohe Zinsen nicht für ein Mittel gegen Inflation, sondern als deren Treiber./tos/jsl/jha/

ANKARA (dpa-AFX)

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