Europäische Zentralbank bleibt bei lockerer Geldpolitik: Keine Leitzinsanpassung - PEPP läuft im März aus
Die Europäische Zentralbank hat nach ihrer jüngsten Sitzung über die aktuelle Geldpolitik informiert.
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Ein Ende des Zinstiefs im Euroraum ist nicht in Sicht: Die Europäische Zentralbank EZB hat die Leitzinsen für den Euroraum wie erwartet unangetastet gelassen. Der Tendersatz bleibt bei 0,0 Prozent auf dem historischen Rekordtief. Der Einlagensatz für Geschäftsbanken bleibt unverändert bei -0,5 Prozent. Keine Anpassungen gab es auch bei Spitzenrefinanzierungssatz, der bei 0,25 Prozent verbleibt.
EZB als Inflationstreiber?
Kritiker werfen der EZB vor, mit dem vielen billigen Geld die Inflation anzuheizen, die sie eigentlich im Zaum halten will. Oberstes Ziel der Notenbank sind stabile Preise bei einer Teuerungsrate von zwei Prozent. Eine höhere Inflation schwächt die Kaufkraft von Verbrauchern, weil sie sich für einen Euro dann weniger kaufen können als zuvor.
Sowohl in Deutschland als auch im Euroraum haben sich die Teuerungsraten in den vergangenen Monaten immer weiter vom Ziel der EZB entfernt. In Deutschland kletterte die Inflation im November auf 5,2 Prozent. Der für die EZB-Geldpolitik maßgebliche harmonisierte Verbraucherpreisindex HVPI lag in Europas größter Volkswirtschaft sogar um 6,0 Prozent über Vorjahresniveau. Im Euroraum legten im November die Verbraucherpreise im Jahresvergleich um 4,9 Prozent zu - das ist die höchste Inflation seit Bestehen des gemeinsamen Währungsraums.
Die EZB erklärt den sprunghaften Anstieg der Teuerung vor allem mit Sonderfaktoren, die sich im nächsten Jahr abschwächen sollten: etwa die Erholung der Ölpreise nach dem Corona-Schock und Lieferengpässe infolge gestiegener Nachfrage. Zudem schlage derzeit die Rücknahme der vorübergehenden Mehrwertsteuersenkung in Deutschland durch.
Der scheidende Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hatte wiederholt gemahnt, das Risiko einer zu hohen Inflation nicht zu unterschätzen. Die Geldpolitik solle "nicht zu lange an ihrem derzeit sehr expansiven Kurs festhalten". Am Donnerstag hatte Weidmann ein letztes Mal Gelegenheit, im EZB-Rat für seine Position zu werben: Er gibt sein Amt als Bundesbank-Präsident nach gut zehn Jahren zum 31. Dezember vorzeitig auf und scheidet damit auch aus dem höchsten EZB-Entscheidungsgremium aus.
PEPP läuft im März aus
Europas Währungshüter lassen ihr Corona-Notkaufprogramm für Anleihen im kommenden Jahr auslaufen. Die Europäische Zentralbank (EZB) werde "die Nettokäufe von Vermögenswerten im Rahmen des PEPP Ende März 2022 einstellen", entschied der EZB-Rat am Donnerstag. Beendet sind die milliardenschweren Wertpapierkäufe der EZB damit aber nicht.
Das zu Beginn der Pandemie im März 2020 aufgelegte Kaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) endet damit formal. Im Rahmen dieses besonders flexiblen Programms wird die EZB zunächst weiterhin Staatsanleihen und Unternehmenspapiere erwerben. Das Volumen des PEPP hatte die Zentralbank mit Sitz in Frankfurt von ursprünglich 750 Milliarden Euro zwei Mal auf 1,85 Billionen Euro erhöht.
Die Anleihenkäufe helfen Staaten wie Unternehmen: Diese müssen für ihre Wertpapiere nicht so hohe Zinsen bieten, wenn eine Zentralbank als großer Käufer am Markt auftritt. Führende Vertreter der EZB hatten zuletzt bekräftigt, die Notenbank werde die Wirtschaft auch 2022 mit Anleihenkäufen unterstützen. Denn die Unsicherheiten für den wirtschaftlichen Ausblick haben angesichts der neuen Coronavirus-Variante Omikron wieder zugenommen.
Kaufvolumen für APP wird aufgestockt
Auch nach einem formalen Auslaufen von PEPP will die EZB Gelder aus fällig werdenden Wertpapieren neu anlegen - und zwar nun bis mindestens Ende 2024.
Zudem sind Anleihenkäufe inzwischen fester Bestandteil des Werkzeugkastens der EZB. Im Rahmen des seit 2015 genutzten Programms APP hat die EZB bisher mehr als drei Billionen Euro in Staatsanleihen und Unternehmenspapiere gesteckt. Im zweiten Quartal 2022 stockt die Notenbank das Kaufvolumen des Programms APP von derzeit monatlich 20 Milliarden Euro auf dann 40 Milliarden Euro auf, wie der EZB-Rat ebenfalls entschied. Im dritten Quartal sollen Anleihen im Volumen von 30 Milliarden Euro monatlich gekauft werden, ab Oktober 2022 wird das Volumen wieder auf 20 Milliarden Euro verringert.
Lagarde: EZB sieht Inflation 2024 bei 1,8 Prozent
Die Europäische Zentralbank (EZB) stellt sich nach den Worten ihrer Präsidentin Christine Lagarde mittelfristig auf eine Inflation unterhalb ihres Zielwerts von 2 Prozent ein. Wie Lagarde in ihrer Pressekonferenz nach der jüngsten EZB-Ratssitzung mitteilte, sieht die Prognose des volkswirtschaftlichen Stabs der EZB für 2024 einen Verbraucherpreisanstieg von 1,8 Prozent vor. Die Inflationsprognosen für 2021 bis 2023 wurden auf 2,6 (bisher: 2,2), 3,2 (1,7) und 1,8 (1,5) Prozent angehoben.
Im November hatte die Teuerungsrate ein Allzeithoch von 4,9 Prozent erreicht. Lagarde zufolge ist der EZB-Rat weiterhin der Ansicht, dass die erhöhte Inflation überwiegend auf vorübergehenden Faktoren wie den hohen Energiepreisen sowie auf einer Kombination aus jeweils pandemiebedingt hoher Nachfrage und eingeschränktem Angebot beruht. "Die Inflation dürfte kurzfristig erhöht bleiben, aber im Verlauf des kommenden Jahres zurückgehen", sagte sie.
Ihre Prognosen für das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr erhöhte die EZB leicht. Für 2021 erwartet sie nun einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 5,1 (5,0) Prozent. Für 2022 bis 2024 werden Wachstumsraten von 4,2 (4,6), 2,9 (2,1) und 1,6 Prozent erwartet. Die Wachstumsrisiken betrachtet die EZB als "weitgehend ausgewogen". Die Gesellschaft habe gelernt, mit der Pandemie umzugehen, sagte Lagarde. Das Wachstum schwäche sich kurzfristig ab, werde sich aber 2022 wieder deutlich verstärken.
Zuvor hatte der EZB-Rat wie erwartet beschlossen, die Nettokäufe unter dem Pandemieprogramm PEPP Ende März 2022 einzustellen. Zugleich wurde aber eine vorübergehende Ausweitung der APP-Käufe von April bis September 2022 in die Wege geleitet.
Andere Notenbanken passen Geldpolitik an
Am Vortag hatte die US-Notenbank hat angesichts der extrem Preisanstiege einen zügigeren Ausstieg aus ihrem massiven Kaufprogramm beschlossen. Zudem werden in neuen Projektionen mindestens drei Zinserhöhungen im nächsten Jahr in Aussicht gestellt. Die Reduzierung der Anleihekäufe wird auf 30 Milliarden Dollar pro Monat beschleunigt, so dass das Programm bereits im März statt wie ursprünglich geplant im Juni 2022 enden könnte.
Die britische Notenbank BoE hat unterdessen am Donnerstag ihren Leitzins überraschend um 15 Basispunkte auf 0,25 Prozent erhöht und damit die Märkte überrascht.
Redaktion finanzen.net / Dow Jones Newswires / dpa (AFX)
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