Warum?
Diese Frage stellen sich in diesen Tagen Medien und Politik in ganz besonderer Weise.
Warum hat sich die Mehrheit der Briten für einen Austritt aus der EU entschieden? An Schuldzuweisungen mangelt es dabei nicht, was aber letztendlich nichts an der Tatsache ändert, wie das britische Volk entschieden hat. Die Fehler dürften weit in der Vergangenheit liegen und nicht nur der britischen Politik anzulasten sein. Vielmehr dürfte es dem aufmerksamen Beobachter nicht entgangen sein, dass nationale Bestrebungen keinesfalls ein britisches Phänomen sind. Die Unzufriedenheit der europäischen Bürger mit der "Politik aus Brüssel" hat im Falle des Brexits nun ein Zeichen gesetzt, dass zum Umdenken genutzt werden sollte. Denn sonst wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis aus dem nächsten Land ähnliche Bestrebungen deutlicher werden.
Abstimmen, bis es passt?
Eigentlich wäre es schön gewesen, wenn mit der Abstimmung am vergangenen Donnerstag nun Klarheit geschaffen worden wäre. Denn Unsicherheit führt an den Börsen nicht zu geradlinigen, verlässlichen Trends. Nun ist das Gegenteil der Fall, denn viele Fragen sind nun neu und ungelöst. So wünschen sich die Brexit-Gegner eine neue Umfrage, was aber schon aus politischer Glaubwürdigkeit schwierig durchzusetzen wäre. Daneben strebt Schottland ein eigenes Referendum zum Verbleib in der EU an (und damit zu einer Abspaltung von Großbritannien). Was würde in diesem Fall Nordirland machen? Die Entscheidung, aus der EU auszutreten, könnte doch eine Kettenreaktion mit sich bringen, deren Ende - vor allem in Großbritannien - aktuell nicht absehbar ist.
Interessanterweise zieren sich sowohl die politischen Befürworter als auch die Gegner des Brexits nun mit Eile, den formellen Austritt aus der EU zu beantragen. Damit würde zwar in Bezug auf den Austritt selbst ein unwiderruflicher Schritt getan, zu mehr kalkulierbarer Sicherheit würde auch dieses aktuell nicht führen.
Es wird schon, war ja immer schon so...
Die Überraschung nach dem Ergebnis des Referendums ist der Tatsache geschuldet, dass trotz des Kopf-an-Kopf-Rennens niemand offenbar so richtig an den Brexit geglaubt hatte. Nun ist er aber da, der berühmte Schwarze Schwan und zeigt damit, dass man eben doch mit den kleinen Dingen rechnen muss, die eigentlich überhaupt nicht vorkommen dürften. Dies ist eben auch an der Börse so, so dass auch die vermeintlich günstige Kaufgelegenheit sich das eine Mal als völlige Fehlentscheidung erweisen kann. Besser ist es auch hier, unnötige Risiken zu vermeiden. Und zumindest diese lassen sich einigermaßen gut bestimmen!
Stephan Feuerstein ist Chefredakteur des Börsenbriefes Hebelzertifikate-Trader. Bereits seit Anfang der 90er Jahre beschäftigt er sich mit dem Thema Börse, speziell der Technischen Analyse. Infos: www.hebelzertifikate-trader.de Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.