Das Übernahmekarussell dreht sich schneller
Deutsche Unternehmen werden immer öfter zum Übernahmeziel internationaler Konzerne.
Nach dem Münchner Chipspezialisten Siltronic steht nun auch der schwäbisch-britische Apple-Zulieferer Dialog Semiconductor vor dem Verkauf. Dialog hat ein fast 4,9 Mrd. Euro schweres Übernahmeangebot des japanischen Halbleiterkonzerns Renesas angenommen. Der Infineon-Konkurrent verspricht sich von der Übernahme von Dialog nicht nur Einsparungen, sondern will sein auf Autos fokussiertes Geschäft auch auf andere Industriebereiche ausweiten. Für das Übernahmeziel wiederum bietet sich die Chance, die Abhängigkeit vom Hauptkunden Apple zu reduzieren. Analysten begrüßten den Deal. An der Börse legte die Dialog-Aktie am Tag der Bekanntgabe 20 Prozent zu, blieb aber etwas unter dem Angebotspreis von 67,50 Euro je Aktie.
Börsianer spekulieren nun auf die nächsten Ziele. Weitere heiße Kandidaten sind die Halbleiterzulieferer Aixtron und Süss Microtec, die Netzwerkfirma Adva Optical, der IT-Spezialist Cancom sowie die Kalifirma K+S. Allen Kandidaten gemeinsam ist, dass sie im Ruf stehen, über verborgene Substanzreserven zu verfügen, deren Wert durch eine Übernahme gehoben werden könnte. Als Käufer kommen strategische Investoren infrage wie Renesas bei Dialog, aber auch Finanzinvestoren.
Analysten zufolge könnte es in Deutschland im laufenden Jahr auch zu Megadeals im zweistelligen Milliardenbereich kommen. Als mögliche Ziele gelten der Baukonzern Bilfinger, der Stahlhändler Klöckner und die Adidas-Tochter Reebok. Und nicht immer muss es dabei friedlich zugehen wie bei Dialog oder Siltronic. Auch aggressive aktivistische Investoren stehen bereit. Als geeignetes Ziel unter den DAX-Konzernen erscheint insbesondere der Pharma- und Agrarkonzern Bayer, der noch unter den Folgen der Monsanto-Übernahme leidet und nach Einschätzung der Firmenjäger gemessen an der sogenannten Peergroup, also vergleichbaren Branchenunternehmen, viel zu breit aufgestellt ist. Aktivisten wie Elliott oder Cevian reicht es dabei schon, mit Minderheitsbeteiligungen einzusteigen und dann Druck aufzubauen. Exemplarisch führt das der Londoner Hedgefonds Petrus Advisers vor, der den Immobilienfinanzierer und MDAX-Konzern Aareal Bank immer unerbittlicher vor sich hertreibt.
Der Solactive German Mergers & Acquisitions Performance-Index enthält Aktien von Firmen, die mit einer vergleichsweise hohen Wahrscheinlichkeit das Ziel einer Übernahme werden könnten. Welche Unternehmen das sind, darüber entscheidet vierteljährlich ein Indexkomitee, das aus Vertretern der Redaktion des Münchner Finanzen Verlags besteht. Neben quantitativen Kriterien wie Mindestwerten bei Marktkapitalisierung und Handelsvolumen werden auch diverse qualitative Faktoren berücksichtigt. Zum einen sollten das Produktportfolio und/oder die Marktstellung des Unternehmens für einen Firmenkäufer interessant sein. Zum anderen müssten die Eigentumsverhältnisse eine Übernahme zulassen. Außerdem sollte die Börsenbewertung der Firma im Fall einer Übernahme noch Potenzial nach oben lassen. In der Vergangenheit hat das Indexkomitee viele Treffer gelandet. Geht es in diesem Stil weiter, dürfte das entsprechende Zertifikat von HVB onemarkets seine stramme Outperformance gegenüber den deutschen Auswahlindizes fortsetzen können (ISIN DE000HU5JPC0).