Oktober-Ängste sind gut für die Rendite
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Lange Zeit schienen die Aktienmärkte gegen die zahlreichen Risikofaktoren immun zu sein. Nun wendet sich das Blatt und die Untergangspropheten haben Oberwasser. Dabei spielt sich an der Börse nur das altbekannte Spiel von Angst und Gier ab.
Bis vor wenigen Tagen war das Börsenjahr 2023 vor allem von geringen Schwankungen und damit einer niedrigen Volatilität geprägt. Abgesehen von der Bankenkrise im Frühjahr pendelten die Kurse ruhig seitwärts wie beim DAX oder liefen gen Norden wie bei Nvidia, Apple & Co. Doch mit der Ruhe scheint es nun vorbei zu sein, plötzlich wird an der Börse wieder Angst gespielt. Der Nasdaq 100 verlor im September zeitweise rund sieben Prozent, der DAX verließ sogar seine Seitwärtsrange und büßte gut fünf Prozent ein. Gefühlt waren die Verluste jedoch deutlich höher. Nach der ruhigen Phase der vergangenen Monate hatten offenbar viele vergessen, dass Kurse nicht nur steigen, sondern auch fallen können. "Der Zinsgipfel ist erreicht, aber die Verluste wachsen: Die Märkte sind heute schwächer, als man es zum Ende der Straffung im Sommer noch erwartet hatte." sagt Chris Iggo, CIO Core Investments bei AXA Investment Managers.
Kein Wunder, dass die Bären ihre Chance wittern. Sogenannte Experten verweisen auf die beiden Schreckensmonate September und Oktober, die für Panik bekannt sind. Die Weltwirtschaftskrise von 1929, der Schwarze Montag von 1987 und die Lehman-Pleite von 2008 passen da natürlich gut ins Bild.
Auf den ersten Blick ist die Argumentation auch schlüssig. So ist es vor allem die Angst vor einer weiter steigenden Inflation, die die Märkte beunruhigt, da der Ölpreis sich wieder anschickt, dreistellig zu werden. "Steigende Inflation bedeutet eine restriktivere Geldpolitik mit höheren Leitzinsen." sagt Salah-Eddine Bouhmidi vom Online Broker IG. "Wir sehen durch die Bank steigende Renditen. So haben die richtungsweisenden 10-jährigen US-Staatsanleihen mit 4,8 Prozent ein 16-Jahres-Hoch erreicht. Viele Unternehmen müssen sich in den kommenden Quartalen am Kapitalmarkt refinanzieren und künftig mit höheren Zinsbelastungen rechnen." so Bouhmidi.
Die zunehmende Unsicherheit lässt sich an der Volatilität ablesen. Angstbarometer wie der VIX für den S&P 500 kletterten erstmals seit Mai wieder in den Bereich von 20 Punkten. Noch stärkere Ausschläge zeigten kurzfristige Vola-Indikatoren wie die auf neun Tage berechnete Schwankungsbreite, die sogar den höchsten Stand seit März erreichte. Auch der Reflex, sich noch schnell abzusichern, war deutlich zu spüren. Gerade bei Einzelaktien waren Puts gesucht, die Put-Call-Ratio verfehlte das Jahreshoch nur knapp. Der viel beachtete Fear & Greed Index tauchte erstmals seit März wieder in den extremen Angstbereich ab. Dazu passt, dass weniger als ein Drittel der US-Anleger den S&P 500 auf Sicht von sechs Monaten höher sieht.
Dabei wird oft vergessen, dass sowohl die Aktivitäten am Optionsmarkt als auch die Stimmungsbilder zu den klassischen Kontraindikatoren zählen. "Wenn die Stimmung schlecht ist, Ängste aufkommen und Absicherungen gefragt sind, gibt es an der Börse Schnäppchen im Schaufenster. Wer jetzt kauft, strapaziert zwar seine Nerven, wird aber in der Regel mit weit überdurchschnittlichen Gewinnen belohnt. "erklärt Ricardo Evangelista, Senior Analyst bei ActivTrades. Der an dieser Stelle schon oft zitierte März ist dafür das jüngste Beispiel. Damals notierte der DAX kurzzeitig unter 14.500, neun Tage später zahlten Anleger bereits acht Prozent mehr. Auch die Statistik macht Mut: Lag der S&P 500 Ende September über seiner 200-Tage-Linie und seit Jahresbeginn zwischen zehn und 20 Prozent im Plus (wie in diesem Jahr), so lag der Index Mitte Januar in 13 von 14 Fällen höher. Auch jetzt gibt es natürlich keine Gewissheit für wieder steigende Kurse. Aber das Chance-Risiko-Verhältnis ist deutlich besser als noch vor zwei Wochen, weil mehr Ängste eingepreist sind.
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