Benjamin Feingold-Kolumne

Freuen Sie sich (nicht) über Zinsen

04.07.23 13:15 Uhr

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Sowohl EZB als auch die US-Notenbank ziehen die Zinsen merklich nach oben. Die Europäische Zentralbank ist bei vier Prozent angekommen und viele Sparer bleiben bei - null.

Ein großes Verbraucherportal hat sich im Juni angesehen, wieviel Zinsen denn Kunden von Volksbanken und Sparkassen momentan erwarten dürfen. Das Ergebnis ist so frech wie ernüchternd. Nicht einmal ein halbes Prozent Zinsen erhalten die Kunden auf ihre Girokonten, mitunter liegen die Zinsen sogar bei null. Dies alles passiert in Zeiten in denen die EZB die Zinsen rasant gesteigert hat. In Nullzinsphasen der EZB durften die Kunden also zahlreiche Gebühren zahlen, um ihr Geld zu parken. Jetzt, da wieder Zins möglich ist und angebracht wäre, arbeiten die Institute mit der sogenannten Zinsmarge. Nun könnte man auf die Idee kommen, dass man dem wehrlos gegenüber steht. Dem ist aber nicht so.

Um es klar zu sagen: Auf dem Girokonto hat nur der absolute Notgroschen etwas zu suchen. Parken Sie dort bei fünf Prozent Inflation 50.000 Euro für ein Jahr, könnten Sie genauso gut direkt 2.500 Euro in den Briefkasten ihrer Sparkasse oder Volksbank werfen. So hoch ist nämlich Ihre Geldvernichtung. Währenddessen liefert der Aktienmarkt ein hervorragendes Jahr und Aktien werfen überdies jährlich im Schnitt sieben Prozent ab. Mit intelligenten Zertifikaten lässt sich dies sogar im Risiko noch einmal minimieren und auf die gleiche Rendite kommen. Wie sinnvoll diese sein können zeigte zuletzt die Studie zu Discountzertifikaten am Aktienmarkt. Fünf bis sieben Prozent Rendite sind da Jahr für Jahr ziemlich stressfrei drin.

Was aber ist überhaupt los am Zinsmarkt?

Die US-Notenbank hat mit ihrem Zinspfad zuletzt ganz schön Gas gegeben. Der Zins könnte schon bald oberhalb der Inflationsrate liegen. Die Frage ist nun - schießt das den Aktienmarkt ab? Wann wird der Aktienmarkt per se unattraktiver, weil am Bondmarkt mehr zu holen ist, speziell für institutionelle Investoren? Dazu muss man wissen, dass die Inflation im Grunde seit Ewigkeiten oberhalb des Kapitalmarktzinses lag. Mit Bonds konnte man die Inflation also nicht wirklich ausgleichen.

Zinsen klettern immer weiter

Das könnte sich bei weiter sinkenden Inflationsraten bald ändern. Denn "auf ihrer Juni-Sitzung ließ die Fed die Zinssätze und die Bilanzpolitik unverändert, signalisierte aber, dass weitere Zinserhöhungen erforderlich sein könnten", bemerken die Vermögensverwalter von Pimco. "Die Zinsprognosen für 2023 wurden angehoben, so dass der Medianwert jetzt um 50 Basispunkte auf 5,6 Prozent gestiegen ist. Das ist schon ein kräftiger Schluck aus der Pulle und liegt eben nicht mehr weit unterhalb der aktuellen Inflationsrate", so Jürgen Molnar als Analyst vom Broker RoboMarkets.

…und weiter

Dass es noch weiter aufwärts gehen könnte mit den Zinsen in den USA sieht auch Dennis Austinat vom Asset-Manager Trive so: "Eine deutliche Mehrheit der Teilnehmer geht von einer weiteren Straffung um 50 Basispunkte in diesem Jahr aus. Damit schätzt die US-Notenbank ganz offensichtlich die Risiken einer zu mauen Inflationsbekämpfung höher ein als das Risiko einer zu starken Anhebung". Das mag so sein, es birgt aber kräftige Risiken. Das erste liegt beim Aktienmarkt. Denn bei derart attraktiver Zinsalternative könnten irgendwann doch große Adressen einen Wechsel von Aktien in Anleihen bevorzugen. Das könnte die Rally jäh ausbremsen, die den S&P 500 jüngst über 4.400 führte und ihm ein brillantes Aktienjahr 2023 bisher beschert. Für die Nasdaq gilt das umso mehr noch.

Hinzu kommt, dass am Anleihemarkt zeitweise eine Rezession eigentlich fest eingepreist war. Das ändert sich gerade, jedoch ist das Risiko angesichts der Zinsdynamik weiter greifbar. Ob die FED-Übung gelingt ist also eine große Unbekannte.

Risiken des Experiments

Denn steigende Zinsen bremsen den Konsum und erschweren die Refinanzierungsbedingungen für die Unternehmen - diesen Wirkungszusammenhang lernt jeder im Fach Volkswirtschaft. Theorie und Praxis weichen aber nicht selten zumindest für eine gewisse Zeit voneinander ab. Was jedoch jetzt hinzu kommt - Anleger drehen vor Freude fast durch. "Volatilitäten wie gegenwärtig, sprich Angstprämien, haben wir so niedrig im Prinzip seit 2019 nicht mehr gesehen und sie sind auch im 20-Jahresvergleich extrem niedrig", so Analyst Molnar von RoboMarkets. "Der Fear & Greed-Index in den USA hat zuletzt mit 82 Punkten den höchsten Stand der letzten Jahre erreicht", ergänzt Trive-Experte Austinat. Keiner verlangt großartige Risikoprämien - das ist ein Schlaraffenland für all jene, die antizyklisch ihr Portfolio absichern wollen.

Zuletzt mal ein Vergleich: Ein DAX-Put mit Laufzeit März 2024 und Basis bei 16.000 Punkten kostet aktuell wie bei der WKN MB5AYX 6,30 Euro. Bei einer Volatilität von 30 Punkten wie wir sie beispielsweise im Herbst 2022 hatten, würde ein solches Papier gut 13 Euro kosten - das Doppelte. Daran sieht man wie billig die Versicherung seiner DAX-Aktien geworden ist. Wer darüber hinaus ein normales Investmentprodukt erwerben möchte, hat für große US-Technologieaktien über Bonuspapiere spannende Möglichkeiten. Oben angesprochene sieben bis acht Prozent sind schon über ein Papier wie die WKN KH63N5 drin. Das Spannende obendrein - dieses Bonuspapier verfügt über 35 Prozent Puffer. Soweit könnte die Nasdaq fallen und die acht Prozent gäbe es dennoch.

150 Jahre Börsenerfahrung kombiniert technische Analyse, Trading, Börsenpsychologie und konkrete Investments. Benjamin Feingold ist Mit-Gründer von Feingold Research. Unseren Börsendienst finden Sie unter feingoldresearch.de!

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