Unter Verkaufsdruck

Ölpreis: Ordentlich abgeschmiert

19.11.14 17:00 Uhr

Ölpreis: Ordentlich abgeschmiert | finanzen.net

Die Welt produziert zu viel Öl, trotz Konflikten in ölreichen Ländern fallen die Preise Doch die niedrigen Notierungen verhindern Investitionen in den Nachschub von morgen.

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von Oliver Ristau, Euro am Sonntag

Gasstreit in Moskau, Terror im Irak, drohender Bürgerkrieg in Libyen - obwohl weltweit handfeste Krisen herrschen, rutscht der Ölpreis immer weiter ab. Vor wenigen Jahren waren vergleichbare Brandherde gleichbedeutend mit Rekordpreisen am Energiemarkt. Doch heute ist Öl so billig wie seit mehr als vier Jahren nicht mehr.

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Woran liegt der Preisverfall des "schwarzen Goldes"? Ist das Ölzeitalter vorbei? Sicher nicht. Rohöl ist nach wie vor der wichtigste Energieträger weltweit, auch die Industrie ist vom Öl als Schmierstoff oder Grundstoff für Plastik abhängig. Und auch Autos werden noch Jahre mit Benzin statt mit Strom betrieben.

Dennoch hat der Preis allein seit Anfang des Sommers um 30 Prozent nachgegeben. Der Grund ist simpel: Das Angebot ist wegen des Fracking-Booms in den USA und der anhaltend hohen Fördermengen der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) groß, die Nachfrage aber wegen der Konjunkturschwäche in Europa gedämpft. Und an Krisen in Ölstaaten ist die Welt gewohnt.

Das Kartell ist zerstritten
"In den vergangenen Jahren haben sich die Ängste vor Ölengpässen bei vergleichbaren Krisenfällen nie bewahrheitet", sagt Eugen Weinberg, Rohstoffanalyst der Commerzbank. Auch die Preismacht der OPEC sei derzeit nicht der Rede wert. Vor wenigen Jahren war das noch anders. Durch strenge Fördergrenzen trieb das Kartell die Notierung vor der Finanzkrise bis auf 130 Dollar je Barrel (159 Liter) und behielt auch nach dem kurzen Preiseinbruch im Jahr 2008 die Förderdisziplin bei.

"Heute ist das Ölkartell tief zerstritten", sagt Experte Weinberg. Die Quoten wurden seit drei Jahren nicht mehr angepasst. Derzeit liegen sie bei 30 Millionen Barrel pro Tag - etwa 30 Prozent der globalen Nachfrage. Vor allem Länder wie Venezuela, denen jeder Dollar weniger ein großes Loch in den von den Öleinnahmen abhängigen Staatshaushalt reißt, wehren sich gegen niedrigere Förderquoten. Und auch der weltgrößte Exporteur Saudi-Arabien macht keine Anstalten, seinen üppigen Ausstoß zu drosseln. Die Saudis wollen damit den Erzfeind Iran und die ungeliebten Russen treffen, für die hohe Energiepreise existenzieller sind als für sie selbst, lautet eine Vermutung.

So spricht derzeit wenig für wieder anziehende Notierungen - zumal auch das Bürgerkriegsland Libyen seine Produktion schneller als erwartet wieder hochgefahren hat und derzeit fünfmal so viel fördert wie noch vor einem halben Jahr. Auf der anderen Seite drückt die lahmende Konjunktur in Europa die Energienachfrage spürbar. 2014 wird es deshalb den niedrigsten globalen Verbrauchsanstieg seit fünf Jahren geben, erwarten Experten. Und auch für 2015 geben die Analysten keine Entwarnung. Drehe die OPEC den Hahn nicht zu, drohe eine regelrechte Ölschwemme, warnt die Investmentbank JP Morgan. Der Preis könne bis zum ersten Quartal 2015 auf 65 Dollar abrutschen.

Denn neben der OPEC sorgen auch die USA für bis zum Anschlag gefüllte Tanks. Der einst größte und zahlungswilligste Kunde des Kartells ist selbst Großproduzent geworden und fördert über Fracking Schieferöl, das in vielen Fällen deutlich günstiger als konventionelles Öl ist. Nach Auskunft von William Thomas, Chef der US-Schieferölfirma EOG Resources, könne seine Firma an einigen Lagerstätten sogar dann noch eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals von zehn Prozent erzielen, wenn der Preis auf 40 Dollar falle.

Das Ende des Fracking-Booms?
Die Regel ist das allerdings nicht. Viele Bohrlöcher brauchen eine Notierung von 70 Dollar, um marktübliche 15 Prozent Gewinn zu liefern wie JP Morgan vorrechnet. Je billiger das Öl wird, desto vorsichtiger werden die Firmen bei Neuinvestitionen - selbst in den USA, wo die Infrastruktur schon besteht und spezialisierte Servicefirmen für geringe Förderpreise sorgen. Nach Auskunft der Servicefirma Baker Hughes hat sich das Tempo beim Aufschluss neuer US-Förderstätten abgeschwächt. Continental Resources, Rosetta Resources und ConocoPhillips haben bereits Ausgabekürzungen für neue US-Bohrungen angekündigt.

Auf dem derzeitigen Preisniveau sinkt die Wirtschaftlichkeit von Schieferöl aber vor allem außerhalb der USA. Auch die Internationale Energieagentur (IEA) in Paris rechnet mit einem nachlassenden Schieferöl-Boom. 2015 könnten die Investitionen zehn Prozent unter denen des laufenden Jahres liegen. Die Folgen wären spürbar. Das liegt daran, dass das Schieferöl anders als konventionelles Öl nicht in riesigen unterirdischen Bassins, sondern in vielen kleinen, von Gestein umschlossenen Hohlräumen lagert, die durch Sprengung zugänglich werden. Weil diese schnell ausgebeutet sind, müssen die Produzenten kontinuierlich neue Felder erschließen.

Die IEA sorgt sich aber ohnehin schon um die Zeit nach dem Schieferöl-Boom. "Die Atempause, die durch die Steigerung der Nicht-OPEC-Produktion bis zum Ende des Jahrzehnts scheinbar geschaffen wird, ist in vieler Hinsicht eine Illusion", schreibt die Energieagentur in ihrem jüngsten Weltenergieausblick. Ab 2020 seien die Schieferölvorkommen allmählich erschöpft. Dann drohe Nachschub zu fehlen.

Denn um konventionelle neue Felder zu finden und anzuzapfen, sind viele Jahre Vorlaufzeit und milliardenschwere Investitionen nötig. Einfach erschließbare Quellen gibt es kaum mehr, neue Funde machen Konzerne fast nur noch in der Tiefsee oder in sensiblen Ökosystemen. Beispiele sind die Tiefseebohrungen vor Brasilien oder die aus ökologischen Gründen umstrittene Aufbereitung von Ölsanden. Nachdem die Ölindustrie im Jahr 2013 eine Rekordsumme von 720 Milliarden Dollar in bestehende und künftige Quellen investiert hatte, rechnet das US-Analysehaus IHS wegen des gefallenen Ölpreises für 2014 und 2015 mit spürbaren Rückgängen. Im laufenden Jahr werde es nur in Kanada, Russland, den USA und im pazifischen Asien noch gelingen, die Reserven zu steigern.

Unter den etablierten Vorkommen sind mit Ausnahme Saudi-Arabiens fast nur noch die Quellen im Irak ausbaufähig. Doch angesichts von Chaos, Terror und Bürgerkrieg am Euphrat und Tigris hat nicht nur die IEA daran ihre Zweifel. Ähnliches gilt für Libyen, wo die Lage weiter instabil ist. Verlässliche Perspektiven sehen anders aus. Aus diesen Gründen schätzen auch Branchengrößen wie Shell-Chef Ben van Beurden, dass die aktuellen Preise kaum von Dauer sein können.

Investor-Info

Weltweiter Ölkonsum
Verbrauch steigt stetig

Das Zeitalter fossiler Energie dauert wohl noch an. Der Ölkonsum stieg vor der Finanzkrise rapide und legte danach langsamer, aber trotzdem kontinuierlich auf in diesem Jahr 91,1 Millionen Barrel (je 159 Liter) je Tag zu. Dieser stetige Wachstumstrend wird laut Energieagentur IEA anhalten, sie rechnet für 2040 mit 104 Millionen Barrel Ölverbrauch pro Tag.

Ölpreis
Spekulation auf den Absturz

Obwohl der Ölpreis langfristig steigen sollte, sprechen Überangebot, starker US-Dollar und schwächelnde Wirtschaft derzeit eher für weiter sinkende Notierungen. Laut JP Morgan könnte US-Öl (WTI) bis März 2015 um mehr als zehn Prozent auf 65 US-Dollar abrutschen. Spekulative Anleger können mit einem Zertifikat (ISIN: DE 000 A0V 9XY 2) von ETF Securities auf einen fallenden Ölpreis setzen.

Aktie: Royal Dutch Shell
Gerüstet für den Rebound

Der gefallene Ölpreis hat auch die Shell-Aktie belastet. Doch die Niederländer decken die ganze Wertschöpfungskette ab: Vom Bohrloch bis zur Tankstelle - und profitieren derzeit davon, dass Benzin- und Dieselpreise weniger als der Ölpreis gefallen sind. Zudem hat Shell viele neue Förderprojekte laufen und bietet Aktionären steigende Dividenden. 

Lyxor World Energy ETF
Die gesamte Branche

Der kostengünstige Indexfonds, der den MSCI World Energy Index abbildet, beinhaltet das ganze Spek­trum an Energieunternehmen - von Versorgern und Technologiekonzernen bis hin zu Wind- und Solar­unternehmen. Die Branche dürfte vom steigenden Energiebedarf weltweit stark profitieren. Firmen aus den USA und Kanada bilden den Schwerpunkt.

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