Angebotsdefizit erwartet: Bank of America hebt Ölpreis-Prognose an
Seit dem historischen Einbruch im April haben sich die Ölpreise wieder deutlich erholt - dank Produktionskürzungen und einer Erholung der Nachfrage nach dem Corona-Lockdown. Nun reagieren auch immer mehr Analysten auf diese Entwicklung und heben ihre Prognosen für das schwarze Gold an. Allzu große Sprünge trauen sie dem Rohstoff momentan allerdings mehrheitlich nicht zu.
Werte in diesem Artikel
• Bank of America und Barclays korrigieren Prognose für den Ölpreis nach oben
• Bank of America erwartet Angebotsdefizit bei Öl zum Jahresende
• Abwärtsrisiken bleiben bestehen
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Plus500: Beachten Sie bitte die Hinweise5 zu dieser Werbung.Immer mehr Analysten zeigen sich aktuell bullish für den Ölpreis. Während die Experten der US-Investmentbank JPMorgan einen Öl-Superzyklus mit Preisen von bis zu 190 US-Dollar pro Barrel Rohöl für möglich halten, sind andere Analysten jedoch - trotz ebenfalls optimistischer Prognosen - nicht ganz so euphorisch.
Bank of America sieht langfristigen Preisanstieg bei Öl
In einer Analyse vom vergangenen Freitag, die der Nachrichtenagentur "Reuters" vorliegt, hat die Bank of America ihre Schätzung für den Ölpreis deutlich angehoben. Für Rohöl der Sorte Brent erwarten die Analysten des US-Instituts für das Jahr 2020 nun einen Durchschnittspreis von 43,70 US-Dollar pro Barrel, WTI soll es auf einen Schnitt von 39,70 US-Dollar pro Barrel schaffen. Zuvor lagen die Prognosen der Bank mehrere Dollar tiefer: Für Brent bei 37 US-Dollar und für WTI bei 32 US-Dollar.
Auch für die kommenden zwei Jahre zeigen sich die Experten optimistisch: Im Jahr 2021 soll das Barrel Brent-Öl durchschnittlich 50 US-Dollar kosten, 2022 dann 55 US-Dollar, während für WTI im kommenden Jahr im Schnitt 47 US-Dollar pro Barrel und 2022 50 US-Dollar pro Barrel bezahlt werden dürften. Damit würden die Ölpreise vor allem auf längere Sicht klares Aufwärtspotenzial bieten, denn mit einem aktuellen Kurs von 42,55 US-Dollar für Brent und 40,18 US-Dollar für WTI liegen die Preise für das schwarze Gold aktuell bereits nah an den Durchschnittswerten, die die Bank of America für das aktuelle Jahr erwartet (Stand: 24. Juni).
Mehrere Faktoren sprechen für Preisanstieg bei Öl - aber Restrisiken bleiben
Als Gründe für die optimistischere Prognose werden in der Analyse die branchenweiten Kürzungen aufgrund des niedrigen Ölpreises, der die Rohstofförderung zeitweise unattraktiv werden ließ, ebenso genannt, wie die von der OPEC+ vereinbarten Produktionskürzungen und eine Erholung der Nachfrageseite. Vor allem mit Bezug auf die Entwicklung der Nachfrage und die OPEC+-Kürzungen ist die Bank of America inzwischen optimistischer als noch vor einigen Monaten. "Wir glauben, dass sich die Nachfrage aus dem Transportsektor mit einer höheren Geschwindigkeit erholen könnte, als wir ursprünglich angenommen haben", schreiben die Experten der Bank laut "Reuters" in ihrer Studie. Auch die OPEC+ werde "wahrscheinlich größere Fördermengen zurückhalten, als wir es vor drei Monaten erwartet haben", heißt es weiter.
Alle diese Faktoren dürften laut dem US-Institut dazu beitragen, dass sich die immensen Öllagerbestände, die in der Corona-Krise aufliefen, in den meisten Regionen in der zweiten Jahreshälfte 2020 deutlich reduzieren werden. Zum Jahresende könnte es laut den Analysten dann bei Brent sogar zu einer Backwardation kommen. Dabei würde dann der Preis für Futures mit einer kürzeren Laufzeit über dem für Futures mit einer längeren Laufzeit liegen - ein Signal für ein Angebotsdefizit. Tatsächlich erwartet die Bank of America, dass es am Ölmarkt bereits in der zweiten Jahreshälfte 2020 ein Defizit von 2,5 Millionen Barrel pro Tag geben wird. 2021 soll dieses Defizit dann noch bei 1,7 Millionen Barrel pro Tag liegen.
Doch trotz dieser optimistischen Einschätzung warnen die Experten, dass auch weiterhin zwei Abwärtsrisiken für den Ölpreis bestehen bleiben. Als kleineres Risiko werten die Analysten der Bank of America dabei eine zweite Corona-Welle, da ein ähnlicher Lockdown wie im Frühjahr - der einer der Hauptgründe für den Kurseinbruch am Ölmarkt war - nach ihrer Einschätzung nicht sehr wahrscheinlich ist. Eine größere Gefahr für die Preisentwicklung bei Rohöl kommt laut der Studie hingegen von den Produzenten, die ihre Geschäftstätigkeiten heruntergefahren haben, da diese aufgrund der tiefen Ölpreise nicht mehr lukrativ genug waren. Sollte der Ölpreis nun wieder steigen, könnten diese Marktteilnehmer ihre Produktionseinschränkungen aufheben - und so dem Abbau des Überangebots am Markt entgegenwirken. In diesem Fall könnte der bullishe Ausblick auf die Probe gestellt werden, gibt die Bank of America laut "Reuters" zu.
Auch Barclays verhalten optimistisch für Rohöl
Doch die Analysten der Bank of America sind nicht die einzigen, die eine hellere Zukunft für den Ölpreis sehen. Auch die Experten der britischen Bank Barclays haben in der ersten Juni-Hälfte ihren Ausblick für den Ölmarkt aktualisiert. Ihr Preisziel für Brent liegt nun bei 41 US-Dollar pro Barrel, das für WTI bei 37 US-Dollar pro Barrel - und damit jeweils um 4 US-Dollar höher als zuvor, wie "Reuters" schreibt.
Allerdings warnen die Experten der britischen Bank davor, zuviel von der Ölpreis-Erholung zu erwarten. "Die Geschwindigkeit der Preiserholung wird sich unserer Meinung nach voraussichtlich verlangsamen, da der steilste Rückgang bei der Förderung und die schnellste Verbesserung der Nachfrage wahrscheinlich hinter uns liegen", zitiert "Reuters" die Barclays-Analysten. Sie liegen mit ihrer Einschätzung, dass die jüngste Erholung womöglich etwas zu schnell ging, somit nahezu auf einer Linie mit den Experten der Investmentbank Goldman Sachs, die Anfang Juni davon sprachen, dass die Preise auf den Rohstoffmärkten den Fundamentaldaten davonlaufen würden. Goldman Sachs erwartet daher eine Korrektur der Ölpreise - und auch laut den Barclays-Experten dürfte es 2020 zwischenzeitlich noch einmal nach unten gehen: Für das dritte Quartal sagen sie für Brent einen durchschnittlichen Preis von 37 US-Dollar je Barrel voraus, für WTI soll der Durchschnittspreis bei 34 US-Dollar pro Barrel liegen. Zum Jahresende gehen jedoch auch sie von einem höheren Defizit aus - und von höheren Ölpreisen.
Redaktion finanzen.net
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