Minister der EU-Staaten beraten über Vorschläge zur Senkung der hohen Gaspreise - Habeck setzt auf EU-Einkaufsmacht
Die für Energie zuständigen Minister der EU-Staaten beraten an diesem Dienstag in Luxemburg über die jüngsten Vorschläge der EU-Kommission zur Senkung der hohen Gaspreise.
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Konkret geht es darum, dass zumindest ein Teil der Gasnachfrage in der EU gebündelt werden soll, um bessere Preise auszuhandeln und das Risiko zu verringern, dass sich die Mitgliedstaaten auf dem Weltmarkt gegenseitig überbieten. Zudem liegt die Idee auf dem Tisch, einen Korrekturmechanismus zu schaffen, der extreme Preisspitzen im Gashandel verhindern könnte.
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Plus500: Beachten Sie bitte die Hinweise5 zu dieser Werbung.Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten hatten Ende vergangener Woche bei einem Gipfeltreffen in Brüssel ihre grundsätzliche Zustimmung für diese Maßnahmen signalisiert. Die Details müssen nun aber auf Expertenebene diskutiert und dann vom Ministerrat beschlossen werden. Die endgültige Entscheidung wird deswegen aller Voraussicht nach frühestens im November fallen.
Zu dem Treffen an diesem Dienstag in Luxemburg wird für Deutschland Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erwartet. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich beim Gipfel vor allem zum Vorschlag für den Preiskorrekturmechanismus zurückhaltend geäußert und gesagt, es sei noch an schwierigen Details zu arbeiten.
Grundsätzlich gilt, dass ein solcher Preisdeckel Bürger und Unternehmen ohnehin nicht direkt entlasten würde. Der vorgeschlagene Mechanismus soll so nicht das derzeitige Preisniveau drücken, sondern lediglich zum Einsatz kommen, wenn etwa Manipulationen wie der russische Lieferstopp über Nord Stream 1 die Preise hochtreiben. Bei den Plänen für ein europäisches Gasbeschaffungskonsortium geht es ebenfalls nicht um eine kurzfristige Maßnahme, sondern um eine kostengünstige Befüllung der Gasspeicher für den Winter 2023/2024.
Weiteres Thema beim Ministertreffen ist die geplante Überarbeitung einer EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden. Über sie könnten künftig verbindliche Mindestvorgaben festgelegt werden, um den Energieverbrauch von Gebäuden zu verringern, Emissionen zu reduzieren und Energiekosten zu senken. Nach EU-Angaben ist dies wichtig, da auf Gebäude zuletzt noch rund 40 Prozent des Energieverbrauchs und 36 Prozent der direkten und indirekten Treibhausgasemissionen im Energiebereich entfielen.
Umstritten ist allerdings, wie streng die Auflagen ausfallen sollen. Kritiker des aktuellen Vorschlags der EU-Kommission befürchten, dass zu ehrgeizige Ziele Immobilienbesitzer überfordern könnten, da vor allem an älteren Gebäuden teure und aufwendige Sanierungen notwendig würden. Die EU-Kommission hingegen argumentiert, dass für die Umsetzung von neuen Mindestnormen allein bis 2030 bis zu 150 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt zur Verfügung gestellt werden könnten.
Habeck setzt im Kampf gegen hohe Gaspreise auf EU-Einkaufsmacht
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hält gemeinsame Gaseinkäufe in der Europäischen Union für das effizienteste Instrument im Kampf gegen hohe Preise. "Europa hat eine große Marktmacht. Wenn sich die großen Akteure absprechen dürfen, Einkaufsgemeinschaften bilden sollen oder dürfen, dann wird sich die Marktmacht Europas auswirken", sagte der Grünen-Politiker am Dienstag am Rande von Beratungen der für Energie zuständigen Minister in Luxemburg. Diese konkurrierten dann nicht mehr miteinander und trieben den Preis dadurch nicht mehr nach oben.
Ein fixer Preisdeckel sei hingegen "nicht das richtige Instrument", betonte Habeck. Deswegen sollte derzeit lediglich an dynamischen Obergrenzen gearbeitet werden, die spekulative Ausschläge an den Börsen verhindern könnten. Durch die politische Arbeit seien die Gaspreise bereits deutlich heruntergegangen, sagte Habeck. Man habe zuletzt einen regelrechten Preissturz erlebt.
"Das ist für die Verbraucher erst eine mittelfristig gute Nachricht, weil die hohen Preise aus dem letzten Jahr im nächsten Jahr noch anfallen werden", sagte Habeck. Für die Märkte sei dies allerdings ein starkes Zeichen.
Bei dem Treffen in Luxemburg sollte am Dienstag erstmals auf Ministerebene über die jüngsten Vorschläge der EU-Kommission zur Senkung der hohen Gaspreise beraten werden. Konkret geht es darum, dass zumindest ein Teil der Gasnachfrage in der EU gebündelt werden soll, um bessere Preise auszuhandeln und das Risiko zu verringern, dass sich die Mitgliedstaaten auf dem Weltmarkt gegenseitig überbieten. Zudem liegt die Idee auf dem Tisch, einen Korrekturmechanismus zu schaffen, der extreme Preisspitzen im Gashandel verhindern könnte. Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten hatten Ende vergangener Woche bei einem Gipfeltreffen in Brüssel ihre grundsätzliche Zustimmung für diese Maßnahmen signalisiert.
Grünen-Chef verspricht Gaspreis-Entlastungen auch für Januar/Februar
Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour hat den Bürgern Entlastungen auch für Januar und Februar versprochen, falls die geplante Gaspreisbremse nicht vor März 2023 greift. Auch für diese Monate sei eine Entlastung nötig: "Es wird sie geben. Punkt. Und müssen", sagte er in der NTV-Talksendung "Beisenherz". "Es gibt jetzt einen Sofortzuschlag, eine Einmalzahlung für Dezember. Und wenn wir die Bremse nicht auf Januar vorziehen können, weil es technisch nicht geht, dann muss dieser Sofortzuschlag so ausgestattet sein, dass es auch für Januar und Februar trägt."
An den bisherigen Plänen - Einmalzahlung im Dezember und Gaspreisbremse ab März - hatte es Kritik gegeben, weil die Bürgerinnen und Bürger danach für Januar und Februar keine extra Unterstützung erhalten. Die Bundesländer hatten gefordert, die Gaspreisbremse deshalb von März auf Januar vorzuziehen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte zugesagt, diese Möglichkeit mit den Energieversorgern auszuloten.
Kommissionsvorsitzende Grimm gegen Preisbremse für Heizöl
Die Vorsitzende der sogenannten Gaspreiskommission, die "Wirtschaftweise" Veronika Grimm, lehnt die Einführung einer allgemeinen Heizkostenbremse ab. "Man sollte nicht den Eindruck erwecken, dass der Staat die gestiegenen Energiekosten für alle Bürger dauerhaft pauschal abfangen kann", sagte die Ökonomin der Zeitung "Welt" (Dienstag). Ergänzend zur Gaspreisbremse könne die Regierung lediglich über zusätzliche gezielte Hilfen für Haushalte nachdenken.
Dass einzelne Akteure mit Forderungen nach weiteren, breit angelegten Preisbremsen und Preisdeckeln versuchten, aus der Situation politisches Kapital zu schlagen, sei wenig überraschend, sagte Grimm mit Blick auf Vorstöße für zusätzliche Entlastungen für die Nutzer von Öl- und Pelletheizungen.
Grimm verwies darauf, dass es beim Gas um eine andere Dimension gehe. "Bei den Verbrauchern kommen Preise an, die um das Fünf- bis Achtfache gestiegen sind. Bei anderen Energieträgern sehen wir eine Verdoppelung, maximal eine Verdreifachung der Kosten auf die Verbraucher zukommen", sagte Grimm, die an der Universität Erlangen-Nürnberg Volkswirtschaft lehrt und als eine der sogenannten Wirtschaftsweisen Mitglied des Sachverständigenrates ist.
Grimm lehnte ein Vorziehen der zweiten Stufe der Gaspreisbremse von März auf Januar oder Februar ab, wie ebenfalls von einigen Politikern gefordert. "Bei der Gaspreisbremse wird es beim 1. März als Startdatum bleiben müssen", sagte sie. Die Versorger bräuchten die Zeit, um ihre IT-Systeme anzupassen. "Es bringt nichts, wenn einige wenige Anbieter auch schon den 1. Januar als Starttermin schaffen, es müssen alle gleichzeitig bereit sein. Alles andere würde zu Verstimmungen und Unzufriedenheit bei den Verbrauchern führen."
Energiekrise belastet Stadtwerke - teils Neukundenstopp
Wer angesichts rasant gestiegener Gasrechnungen seinen Energieanbieter wechseln will, könnte bei Versorgern außerhalb der eigenen Region vor verschlossener Tür stehen. Derzeit könnten mehrere Stadtwerke bereits keine Neukunden mehr aufnehmen oder ließen Verträge mit Kunden, die nicht in ihrem Versorgungsgebiet wohnen, auslaufen, erklärte ein Sprecher des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) auf dpa-Anfrage. "Das gilt für die Gasversorgung außerhalb der Grundversorgung."
Innerhalb der Grundversorgung sei dagegen eine Beschränkung auf Bestandskunden und eine Ablehnung von Neukunden gesetzlich nicht möglich. Als Grundversorger gilt nach dem Energiewirtschaftsgesetz jeweils das Energieunternehmen, das in einer Region die meisten Haushaltskunden mit Strom beziehungsweise Gas beliefert. In vielen Fällen handelt es sich um die örtlichen Stadtwerke oder Flächennetzbetreiber.
Kommunal- und Energieverbände hatten zuletzt in einem gemeinsamen Appell auf die durch die Energiekrise verursachten Probleme der Versorger bereits hingewiesen und staatliche Unterstützung für die Unternehmen gefordert. Da sich die Situation weiter zuspitze, brauche es Stabilisierungsmaßnahmen für Stadtwerke und weitere regionale Energieversorger, die in allen Bundesländern zugänglich sind und im Ernstfall Hilfen anbieten, hieß es in einem Brief an die Ministerpräsidenten.
In dem Schreiben hatten die Spitzenverbände auch auf den Kundenzustrom verwiesen, der dazu führe, dass die Grundversorger ungeplant mehr Energie beschaffen müssten - trotz des extremen Preisniveaus. "So nachvollziehbar die Idee vieler Menschen ist, sich aus Sorge vor den steigenden Preisen in die Grundversorgung fallen zu lassen, so schwierig ist dieses Unterfangen für die Stadtwerke", erklärte der VKU-Sprecher dazu.
So seien nicht nur die Beschaffungspreise stark gestiegen, auch der Zwischenfinanzierungsaufwand steige - also die Summe, mit der Stadtwerke die Zeit vom Einkauf bis zum Weiterkauf an ihre Kunden und bis zur Erhöhung der Abschläge überbrücken müssten. "Beides zusammen erhöht den Liquiditätsbedarf der Stadtwerke. Das beeinträchtigt wiederum die Möglichkeit, Kundenanfragen nach Strom und Gas zu bedienen", erklärte der Sprecher. Denn die Vor- und Zwischenfinanzierungslast erhöhe sich mit den zu beschaffenden Gasmengen. Die Folge sei, dass sich immer mehr Stadtwerke auf die Versorgung ihrer Bestandskunden konzentrierten. "Sie schränken das Neukundengeschäft ein, und auch Anschlussverträge stehen in Frage."
Auch wenn Kunden ihre Rechnung nicht mehr zahlen könnten, habe das Folgen für die Versorger: "Zahlungsausfälle von mehr als zehn Prozent können das Eigenkapital der Stadtwerke aufzehren und sie in Liquiditätsnöte bringen."
Auch der in München ansässige Stadtwerkeverbund Thüga sprach von einer unerwartet großen Anzahl an Neukunden, die von Discountanbietern im Rahmen der "Ersatzversorgung" aufgenommen werden müssten. "Sicher ist, dass kein Kunde von einem Grundversorger abgewiesen wird, sondern die Stadtwerke und kommunalen Versorger ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen und auch in Krisenzeiten die Energiekundinnen und -kunden sicher und zuverlässig versorgen", erklärte ein Thüga-Sprecher. Allerdings müssten sich vor allem Neukunden auf höhere Preise einstellen. Derzeit liefen immer mehr der langfristig ausgehandelten und im Vergleich zu aktuellen Bedingungen noch relativ günstigen Bezugsverträge für Erdgas aus - und neue Verträge hätten zu wesentlich höheren Preisen abgeschlossen werden müssen. "Dies führt insbesondere bei Verträgen für Neukunden zu höheren Preisen."
Der Verbraucherzentrale Bundesverband hatte zuletzt zwar über eine Vervielfachung der Beratungszahlen von Gas- und Stromkunden berichtet. Spezielle Schwierigkeiten bei einem Anbieterwechsel seien aber derzeit kein Thema in den Beratungsgesprächen, sagte eine Sprecherin.
Ein Sprecher des Vergleichsportals Verivox erklärte, die Einschränkungen beim Neukundengeschäft seien schon seit Beginn der Energiekrise nicht nur ein Thema von Stadtwerken, sondern auch anderen Anbietern. "Wir sehen schon, dass der Wettbewerb dadurch eingeschränkt ist", sagte der Sprecher. Angesichts der extremen Preisunterschiede nutzten derzeit viele Menschen das Portal, um sich über die Preise der Anbieter zu informieren.
LUXEMBURG / BERLIN / MÜNCHEN / LUXEMBURG (dpa-AFX)
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