Work-Life-Balance

Beschäftigter aussehen, als man ist: Fake-Workaholics sind häufig Männer

14.09.15 14:30 Uhr

Beschäftigter aussehen, als man ist: Fake-Workaholics sind häufig Männer | finanzen.net

Arbeitnehmer, die 80 Stunden pro Woche arbeiten, sind der Traum eines jeden Arbeitgebers. Dass dies realistisch kaum zu leisten ist, animiert offenbar gerade Männer dazu, kreative Wege zu finden, mit Stress und Überlastung umzugehen: Sie täuschen sie einfach vor.

Laut einer Studie aus den USA sind Männer besonders gut darin, ihrem Arbeitgeber zu suggerieren, sie würden für ihren Job leben und teils übermenschliche Arbeitsleistungen vollbringen. Fake-Workaholics sind allerdings vorallem talentierte Schauspieler.

Work-Life-Balance im Fokus

Die US-Forscherin Erin Reid hat in einer Projektstudie untersucht, ob auf Frauen und Männer unterschiedlich starker Druck wirkt, wenn sie nach Work-Life-Balance streben. Zu diesem Zweck befragte die Juniorprofessorin an der Boston University gemeinsam mit ihrem Team 115 Berater einer großen, international tätigen Beraterfirma. Die Arbeitsbedingungen in diesem Unternehmen waren für die Studie ideal: Hohe Anforderungen an die Angestellten, nach Möglichkeit permanente Verfügbarkeit, hoher Workload. Reid ging der Frage nach, ob die weiblichen und männlichen Angestellten des Beraterunternehmens unterschiedlich auf die hohe Arbeitsbelastung reagieren und kam zu erstaunlichen Ergebnissen.

Männer sind häufiger Fake-Workaholics

Im Rahmen der Studie stellte Erin Reid fest, dass sich die Arbeitnehmer bei der Beratungsfirma in drei Gruppen einteilen ließen. Ein großer Teil der Berater agierte tatsächlich im Rahmen der Erwartungen. Sie arbeiteten lang, waren ständig verfügbar und wurden von ihren Vorgesetzten entsprechend positiv bewertet.


Die zweite Gruppe, in der sich oftmals Frauen wiederfanden, reagierte auf die hohen Anforderungen mit Protest und forderte von ihrem Arbeitnehmer entsprechende Maßnahmen zur Arbeitszeitreduzierung oder verhandelte über die Reduzierung ihrer Arbeitsstunden. Mit ihrer Forderung nach mehr Flexibilität, um die Work-Life-Balance zu erreichen, eckte sie bei ihren Vorgesetzten eher an.

Interessante Ergebnisse lieferte die dritte Gruppe: Die sogenannten Fake-Workaholics. Rund ein Drittel der männlichen Berater und immerhin elf Prozent der weiblichen Berater fanden sich hier wieder. Diese Gruppe hatte offenbar Strategien entwickelt, nach außen hin wie die Arbeitnehmer in Gruppe 1 zu wirken: Hart arbeitende, ständig verfügbare Wunsch-Angestellte. Tatsächlich täuschten sie die hohe Arbeitsbelastung und permanente Verfügbarkeit allerdings nur vor, während sie stattdessen deutlich mehr Kapazitäten für Freizeit und Familie zur Verfügung hatten als die Arbeitnehmer in der ersten Gruppe.

Clevere Strategien, Beschäftigung vorzutäuschen

Diese Fake-Workaholics schafften es, weniger zu arbeiten als vom Unternehmen verlangt, aber dennoch den Eindruck eines übereifrigen Arbeitnehmers zu vermitteln. Sie nutzten dabei unter anderem die Möglichkeit, Kundenbesuche in die Nähe des Heimatortes zu legen, um lange Dienstfahrten zu vermeiden. Ihren Feierabend kündigten sie nicht vollmundig an, sondern verließen mehr oder weniger heimlich das Büro. Geschäftigkeit auch über die üblichen Bürozeiten hinaus täuschten sie vor, indem sie am Morgen und am Abend gezielt einige wenige Anrufe tätigten und zeitgleich im Firmennetz eingeloggt blieben, um so ihre dauerhafte Verfügbarkeit zu suggerieren.
Zudem kam es unter den Fake-Workaholics offenbar zu Absprachen - Eltern decken sich gegenseitig, um ihre Bürozeit zu minimieren und die Zeit mit ihrer Familie zu maximieren.

Arbeitgeber bewerten Fake-Workaholics positiv

Bei ihrem Arbeitgeber kam die gespielte Geschäftigkeit offenbar an: Ein Großteil der Menschen in Gruppe 3, die ihre Überbelastung nur spielten, wurden von ihren Vorgesetzten positiv bewertet und früher befördert, als die Arbeitnehmer, die ihre Überforderung offen ansprachen und ihre Vorgesetzten um eine Reduzierung ihrer Stunden baten.

Studie nicht repräsentativ

Auch wenn die Studie von Erin Reid nicht repräsentativ ist, so zeigt sie doch, dass Arbeitgeber ihre Angestellten häufig danach bewerten, ob sie in der Lage sind, mehr zu leisten als ihre Kollegen. Diesem Druck, dem sich Arbeitnehmer in vielen Unternehmen ausgesetzt sehen, begegnen Angestellte mit unterschiedlichen Strategien. Die Ergebnisse der Studie zeigten laut Reid deutlich, dass nicht nur Frauen ein Problem damit haben, die Balance zwischen Arbeits- und Familienleben zu erreichen - es sei ein soziales Problem. Allerdings hätten beide Geschlechter unterschiedliche Methoden entwickelt, damit umzugehen.

Redaktion finanzen.net

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