Falken machen Kurse
Ereignisreiche Wochen liegen hinter uns: Zwei Halb-Wahnsinnige treffen sich in Singapur und schwenken das Abrüstungsfähnchen, nachdem sie zuvor beinahe aufeinander losgegangen wären.
Das Treffen zwischen USA und Nord-Korea war vielleicht für das Friedensnobelpreis-Komitee von Interesse - für die Börse war es ein Non-Event. Ohnehin kann keine der beiden säbelrasselnden Parteien als glaubwürdig gelten.
Mehr Einfluss auf die Kurse hatten da schon die Notenbanksitzungen der amerikanischen Fed und der europäischen Zentralbank EZB. Beide erfüllten zwar den von ihnen erwarteten Fahrplan, dennoch verteilten beide kleine Überraschungsbonbons:
Die Amerikaner haben - wie von den Marktteilnehmern bereits eingepreist - die Zinsen um weitere 0,25 Prozent auf eine Spanne von nunmehr 1,75 bis 2 Prozent angehoben. Gleichzeitig signalisierte die Notenbank aber einen strammeren Zinskurs für den Rest des Jahres. Die Wirtschaft in den USA liefe so gut, dass statt einer weiteren nun sogar zwei weitere Zinserhöhungen möglich erscheinen. Die Fed gibt sich damit "hawkisher" (aggressiver wie ein Falke) als vermutet, das heißt die Geldpolitik wird womöglich nochmals etwas straffer. Die US-Blue-Chips im Dow Jones hielten darauf erst mal inne, nachdem sie in den letzten Wochen einen 1000-Punkte-Spurt hingelegt hatten.
Auch Mario Draghi hat die Märkte zunächst zufriedengestellt, indem er nichts tat und die Zinsen unverändert lässt. Doch auch er signalisierte nun ein Ende der expansiven Geldpolitik für Mitte 2019. Noch in diesem Jahr soll das Anleihenkaufprogramm der EZB auslaufen; erste Zinserhöhungen sind dann in gut einem Jahr möglich. Die Marktteilnehmer trugen es mit Fassung, ja eher mit Erleichterung, denn es war klar, dass die Party irgendwann zu einem Ende kommen muss.
Für gut ein Jahr darf aber weiter getanzt werden. Das klingt schon mal nicht schlecht und gibt dem hiesigen Aktienmarkt Rückenwind. Die Suppe versalzen könnte nur wieder das leidige Thema Handelskrieg, denn nach Stahl und Aluminium hat sich Trump nun die Automobilwirtschaft vorgenommen und macht nun auch Richtung China mit Strafzöllen ernst. Der Wahnsinn treibt weiter Blüten.
von Dr. Marc-Oliver Lux von Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München
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