Die Damen sollten mehr wagen
Die Frauenquote ist in Deutschland ein viel diskutiertes Thema, nicht nur am Weltfrauentag am 8 März.
Schwerpunktemäßig sind hierbei die Themen Aufsichtsratsmandate und Vorstandsjobs in börsennotierten Unternehmen, sowie die Besetzung von Ministerposten. Nicht zu Unrecht, denn mit einem Anteil von 52 Prozent an der deutschen Gesamtbevölkerung sind Frauen in wirtschaftlichen Spitzenpositionen deutlich unterrepräsentiert.
Eher im Hintergrund diskutiert wird hingegen die Quote der Frauen, die sich aktiv mit Finanzen im allgemeinem und mit den Finanzmärkten im Besonderen auseinandersetzen. Dabei wird dieses Thema in Zeiten niedriger Zinsen und einer immer größer werdenden Verantwortung für die private Altersversorge zunehmend wichtiger.
Doch im privaten Bereich halten sich nach wie vor klassische Rollenmuster: Um die Finanzen kümmert sich der Mann. Die internationale Fondgesellschaft Fidelity hat mit dem Meinungsforschungsinstitut Kantar Emnid unter anderem das Anlageverhalten von Frauen untersucht. Demnach geben tatsächlich über 35 Prozent aller Frauen in Deutschland die Verantwortung für Finanzentscheidungen an ihren Partner ab.
Für die Finanzjournalistin Isabell Pohlmann, die gerade im Auftrag der Stiftung Warentest einen "Finanzplaner Frauen" aufgelegt hat, ist diesen Zustand sehr bedenklich. Statistisch gesehen haben Frauen eine höhere Lebenserwartung als Männer. Dementsprechend muss die Einzahlung in die Rentenkasse oder eine sonstige Vorsorge höher ausfallen, da Frauen länger davon leben müssen. In der Realität sind Frauen jedoch überrepräsentiert in Berufen, die nicht die höchsten Vergütungsstufen ausweisen. Erschwerend hinzu kommt, dass im Rahmen von Familienplanung oft mit längeren Auszeiten und anschließenden Teilzeitphasen gerechnet werden muss.
Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung beziffert die Rentenlücke heutiger Rentnerinnen gegenüber Rentnern auf 53 Prozent. Die Tendenz ist zwar sinkend, da immer weniger Mütter komplett aus dem Beruf aussteigen, doch ein Gleichstand ist in weiter Ferne.
Nicht umsonst weist die Deutsche Rentenversicherung in der jährlich versandten Renteninformation alle Beitragszahler deutlich darauf hin, was auf die Versicherten in der Zukunft noch zukommt. So zeigt sie auf, dass sich die Differenz zwischen Erwerbseinkommen und Rente bis zum Rentenbezug noch weiter vergrößern wird, da die Löhne künftig stärker steigen werden als die Renten. Und auch der Hinweis auf die steigenden Lebenshaltungskosten und den damit verbundenen Kaufkraftverlust soll die Versicherten wachrütteln. "Eine zusätzliche Absicherung für das Alter wird wichtiger", so die DRV in ihrer Renteninformation.
Auch wenn am Anfang des Berufslebens nur kleine Sparraten möglich sind. Gerade junge Frauen mit Kinderwunsch sollten sich unbedingt frühzeitig um eine zusätzliche Vorsorge kümmern, um die Babypausen zu kompensieren. Und sie sollten mehr wagen. Wer in den Genuss einer betrieblichen Altersvorsorge kommt, sollte diese auf jeden Fall nutzen, da der Arbeitgeber sich finanziell beteiligt und der Eigenanteil aus dem Bruttogehalt bezahlt wird. Das "Arbeitgebergeschenk" wiegt die Nachteile der späteren Versteuerung auf jeden Fall auf.
"Riestern", in Deutschland nicht sehr beliebt, ist seit Januar 2018 durch die Änderung der gesetzlichen Zulagen deutlich attraktiver geworden. Neben der Erhöhung der Grundzulage von 154 auf 175 Euro gibt es für nach 2007 geborene Kinder nun 300 bzw. 185 Euro für davor geborene. Wichtig ist, bei diesen nicht ganz unkomplizierten Produkten auf die Kosten zu achten.
Eher konservative Modelle wie eine betriebliche Rente oder eine Lebensversicherung sind zwar besser als gar keine Vorsorge, in Anbetracht der niedrigen Zinsen ist ein Aktiensparplan auf lange Sicht jedoch deutlich attraktiver. Die Sorge vor schwankenden Kursen ist bei einer langen und kontinuierlichen Ansparphase überbewertet. Studien zeigen, langfristiger Vermögensaufbau mit Aktien ist auch dann erfolgreich, wenn das Timing nicht optimal ist.
Die einfachste und kostengünstigste Möglichkeit sich langfristig ein Aktienvermögen aufzubauen ist zum Beispiel der regelmäßige Kauf eines passiven Indexfonds, ETF genannt. Vorteile sind die breite Risikostreuung sowie die niedrigen Kosten.
Auch sollte das Thema Flexibilität nicht unterschätzt werden. Die staatlich geförderten Modelle sind attraktiv, können aber bei sich plötzlich verändernden Lebensumständen unflexibel sein. Ein privater Sparplan kann bei Bedarf auch für ein paar Monate ausgesetzt oder im Notfall auch aufgelöst werden.
Grundsätzlich sollten Frauen mehr Eigenverantwortung für die eigene Altersvorsorge übernehmen, die Ängste vor der vermeintlichen Komplexität der "Finanzwelt" überwinden und damit mutiger werden. Wer wagt - gewinnt!
Autor: Ralph Rickassel, PMP Vermögensmanagement in Düsseldorf, eine Niederlassung der Donner & Reuschel Lux S.A.
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