Was Kapitalanleger bei der Steuererklärung beachten sollten
Wer keinen Steuerberater hat, muss bis Ende Mai die Steuererklärung ausfüllen. Euro am Sonntag hilft dabei. Diesmal: Tipps für Kapitalanleger.
von Sophie Brandt, Euro am Sonntag
Seltsam, seltsam: Die FDP-Politiker Andreas Pinkwart und Herrmann Otto Solms haben gerade ein neues Steuermodell vorgelegt. Das Seltsame daran: Vor der Bundestagswahl im Herbst 2009 gab’s noch ein FDP-Konzept mit drei Stufen, nun sind daraus fünf geworden.
Zudem wurde der Eingangssteuersatz gegenüber dem Vorgängermodell von zehn auf 14 Prozent angehoben. Der Spitzensteuersatz soll dagegen bei 45 Prozent bleiben – anstatt auf die 35 Prozent des Dreistufenmodells gesenkt zu werden. So würden bei dem neuen FDP-Modell denn auch die Entlastungen deutlich geringer ausfallen als beim alten. Kein Wunder, jetzt regiert die FDP mit, und der Staat ist – gerade in der Finanzkrise – auf jeden Euro angewiesen, den er vom Steuerbürger bekommen kann.
Da bleibt dem Steuerzahler nur, alle Steuersparmöglichkeiten zu nutzen, die ihm der Gesetzgeber bietet. In einer Serie geben wir Tipps, wie Kapitalanleger, Vermieter, Arbeitnehmer und Familien die Steuerlast drücken können. Viele Kapitalanleger kommen trotz der seit Anfang 2009 geltenden Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge nicht darum herum, die Anlage KAP auszufüllen. Zum Beispiel immer dann, wenn sie Erträge hatten, bei denen die Abgeltungssteuer nicht greift. Dies sind etwa Zinsen aus privaten Darlehensverträgen, Zinsen von einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft, an der sie zu mindestens zehn Prozent beteiligt sind, oder Erträge aus Lebensversicherungen. Auch wer der Bank nicht mitgeteilt hat, dass er kirchensteuerpflichtig ist, muss die Anlage KAP abgeben und Kirchensteuer auf Kapitalerträge nachentrichten.
Hatten Sie dagegen lediglich Erträge, bei denen die Abgeltungsteuer greift, erübrigt sich die Anlage KAP auch nur dann, wenn Sie Ihren Freistellungsauftrag genau bei der Bank gestellt hatten, bei der Sie auch Ihre Erträge hatten. Hatten Sie als Single jedoch bei einer Bank einen Freistellungsauftrag über beispielsweise 300 Euro eingerichtet, erzielten aber 700 Euro Zinsertrag, und bei einer zweiten Bank hatten Sie einen „Freisteller“ über 501 Euro, aber nur 100 Euro Zinsen, dann wurden Ihnen bei der ersten Bank auf 400 Euro Abgeltungsteuer berechnet, obwohl Ihre Zinserträge insgesamt noch unter dem Sparerpauschbetrag von 801 Euro lagen. Sie sollten daher auf alle Fälle die Anlage KAP ausfüllen und die Erträge beider Banken deklarieren. Nur so kann das Finanzamt Ihren Sparerpauschbetrag voll berücksichtigen und zu viel einbehaltene Abgeltungsteuer mittels Steuerbescheid erstatten. Ganz wichtig: Kreuzen Sie auf der Anlage KAP das Feld für „Günstigerprüfung“ an.
Haben Sie Spekulationsgewinne – im Fachjargon „Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften“ – erzielt, hat auch hier Ihre Bank 25 Prozent Pauschalsteuer auf die Gewinne einbehalten. Haben Sie bei derselben Bank Verluste erzielt, hat das Institut Gewinne und Verluste selbst gegengerechnet und Ihnen eventuell bereits Abgeltungsteuer erstattet. Hatten Sie Ihre Depots jedoch auf mehrere Banken verteilt, müssen Sie aufpassen: Lagen Sie bei einer Bank per saldo zum Jahresende im Minus, können Sie dieses Minus nur dann mit Gewinnen bei anderen Banken verrechnen, wenn Sie von der Bank mit dem Negativsaldo eine Bescheinigung über die dort erzielten Verluste beim Finanzamt vorlegen können. Haben Sie diese Bescheinigung nicht beantragt, trägt die Bank die Verluste nur intern vor und verrechnet sie mit künftigen Gewinnen bei ihr.
Wollen Sie Gewinne aus dem vergangenen Jahr mit Verlusten der Jahre 2008 und früher verrechnen, müssen Sie Ihre Gewinne ebenfalls in der Steuererklärung 2009 angeben. Hier funktioniert die Verrechnung nur, wenn Ihr Finanzamt auf den 31.12.2008 einen Bescheid über die verbleibenden Verluste erstellt hat. Sollten Sie für 2008 noch keine Steuererklärung eingereicht haben, müssen Sie dies unbedingt nachholen, damit Sie in den Genuss dieser Verlustverrechnung kommen können.
Sie sollten auch dann die Anlage KAP ausfüllen und sich zu viel einbehaltene Abgeltungsteuer zurückholen, wenn ausländische Quellensteuer angerechnet werden soll und/oder wenn Ihr Grenzsteuersatz unter 25 Prozent liegt. Faustregel: Dies ist bei Singles mit zu versteuerndem Einkommen bis etwa 17.000 Euro der Fall. Bei Ehepaaren bis etwa 34.000 Euro. Auch wer zu Jahresbeginn ausländische thesaurierende Fonds verkauft hat, bevor diese ihre steuerlich relevanten Daten im E-Bundesanzeiger veröffentlicht haben, ist oftmals gut beraten, die Anlage KAP auszufüllen. Denn in diesen Fällen kann Ihre Bank die korrekte Besteuerung noch gar nicht vornehmen. Daher wird die Steuerlast hier erst mal geschätzt (siehe €uro am Sonntag, Ausgabe 13/2010). Finden Sie auf Bankbelegen Hinweise auf Besteuerung im „Schätzwege“ oder auf Basis einer „Ersatzbemessungsgrundlage“, ist die Abgabe der Anlage KAP meist vorteilhaft.
Noch zwei Tipps zu den Werbungskosten: Soweit auf Ihre Erträge Abgeltungsteuer fällig wurde, können laut Gesetz keine Werbungskosten mehr geltend gemacht werden. Diese sind mit dem neuen Sparerpauschbetrag vom 801 Euro pro Person ebenfalls abgegolten. Es sei denn, die Gerichte kippen diese Regelung irgendwann. Wer aber Erträge hat, die nicht unter die neue Steuer fallen – hierzu gehören Erträge aus Beteiligungen oder Privatdarlehen –, kann auch weiterhin damit zusammenhängende Kosten, etwa für Finanzierung, Porto oder Telefonate, ansetzen.
Übrigens: Bei Aktien- und anderen Börsendeals ist zu beachten, dass Transaktionskosten, also Aufwendungen, die in unmittelbarem sachlichem Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen, nicht als Werbungskosten zählen und weiter abzugsfähig sind.