Selbstanzeigen im Blick

Achtung Steuerhinterzieher! Ausgang erschwert

04.10.14 03:00 Uhr

Achtung Steuerhinterzieher! Ausgang erschwert | finanzen.net

Ab 2015 gelten für Steuerhinterzieher strengere Regeln, wenn sie Schwarzgeld weiß waschen wollen. Der Fiskus kommt bald an Daten aus aller Welt.

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von Stefan Rullkötter, Euro am Sonntag

Es war ein kurzes Intermezzo in Freiheit für Uli Hoeneß. Nach 111 Tagen hinter Gittern durfte der wegen Steuerhinterziehung inhaftierte Ex-FC-Bayern-Präsident vor zwei Wochen acht Stunden Freigang genießen.

Hoeneß’ missglückte Selbstanzeige und seine Verurteilung hatten im März die Debatte befeuert, ob die "goldene Brücke zur Straffreiheit" noch tragbar ist - oder nur ein überflüssiges "Privileg der Reichen".

Die Politik zieht daraus nun Konsequenzen. Am 24. September billigte das Bundeskabinett einen Gesetzesentwurf zur Änderung der Abgabenordnung. Weitere Änderungen sind unwahrscheinlich: Vertreter von Bund und Ländern haben sich bereits im Mai auf die nun präsentierten Verschärfungen für reuige Steuerhinterzieher verständigt.

Wird das Papier nach Billigung von Bundestag und -rat am 19. Dezember wie geplant Gesetz, gelten ab 2015 strengere Voraussetzungen für strafbefreiende Selbstanzeigen. Hier die Kernpunkte:
• Künftig gilt bei einer Selbstanzeige eine Grenze von 25.000 Euro an hinterzogenen Steuern, um mit nachgezahlten Steuern plus sechs Prozent Hinterziehungszinsen pro Jahr davonzukommen. Wer mehr hinterzieht, muss in jedem Fall einen "Strafzuschlag" zahlen. Derzeit liegt die "Verschonungsgrenze" noch bei 50.000 Euro hinterzogenen Steuern.
• Die fälligen Zuschläge werden grundsätzlich von bisher fünf Prozent des Hinterziehungsbetrags auf zehn Prozent angehoben und neu gestaffelt. Ab einem Hinterziehungsbetrag von 100.000 Euro werden künftig 15 Pro­zent Strafzuschlag fällig, ab hinterzo­genen Steuern in Höhe von einer Million Euro sind es sogar 20 Prozent.
• Neben der hinterzogenen Steuer­ schuld müssen in Zukunft auch die Hinterziehungszinsen so­fort nach Zustellung der korrigierten Steuerbescheide entrichtet werden.
• Die strafrechtliche Verjährungsfrist bei der einfachen Steuerhinterziehung verlängert sich ab 2015 von bislang fünf auf zehn Jahre. Parallel dazu wird auch der Nacherklärungszeitraum für Selbstanzeiger von fünf auf zehn Jahre ausgedehnt. Die Folge: Um Straffreiheit zu erlangen, müssen Selbstanzeiger alle notwendigen Unterlagen für die zurückliegende Dekade vorlegen können.
• Die "Anlaufhemmung" - für den Be­ginn der Verjährungsfrist - wird für nicht deklarierte Kapitalerträge auf den Zeitpunkt hinausgeschoben, zu dem der Steuerpflichtige sie offenlegt oder diese dem Fiskus bekannt werden. Die Frist beginnt jedoch spätestens zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres zu laufen, in dem die Steuer entstanden ist. Das gilt, wenn nicht deklarierte Erträge von Staaten außerhalb Europas stammen oder im automatisierten Datenaustausch bekannt werden.
• Wer als Unternehmer Lohnsteuer­anmeldungen und Umsatzsteuer­voranmeldungen beim Finanzamt verspätet einreicht oder diese korrigieren muss, kann dies in der Praxis als wirksame "Teilselbstanzeige" behandeln lassen, er wird so nicht strafrechtlich für seine Versäumnisse belangt.

Überlegt und schnell handeln
"Wer als Betroffener noch von den günstigeren rechtlichen Rahmen­bedingungen profitieren will, sollte seine Selbstanzeige rechtzeitig vor dem Jahresende anfertigen oder in Auftrag geben", rät der Hamburger Rechtsanwalt Gunter Kramper, der sich auf Steuerstrafrecht spezialisiert hat.

Ein Unterfangen, das bei unversteuerten Geldern auf Auslandskonten zu einem Nervenspiel werden kann: "Steuerdokumente ausländischer Banken sind in der Regel erst ab dem Jahr 2009 gut verwertbar", weiß Alexandra Kindshofer, Fach­anwältin für Steuerrecht bei der Kanzlei LKC in München, aus ihrer täglichen Arbeit. Entsprechend länger kann es dauern, bis eine Selbstanzeige vollständig und korrekt aufgesetzt ist.

Bei komplizierten Sachverhalten, etwa einer Vielzahl von Wertpapiertransaktionen, sollte ohnehin stets ein Experte hinzugezogen werden. Der persönliche Steuerberater ist ­dafür kein guter Ansprechpartner: Wird eine geplante Selbstanzeige schließlich doch nicht abgegeben, kann dieser sich bei der Bearbeitung der aktuellen und künftigen Steuererklärungen seines Mandanten ­wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung strafbar machen.

Ebenfalls wichtig: Steuerpflichtige sollten ihre Selbstanzeige nicht vorab beim Finanzamt ankündigen - etwa durch einen Telefonanruf, per E-Mail oder Fax. Später nach­gereichte Erklärungen und Dokumente wirken dann in der Regel nicht mehr strafbefreiend.

Auch wer seine Ankündigung beim Finanzamt schriftlich macht, sollte in keinem Fall im Anschreiben an das Finanzamt das Wort "Selbstanzeige" verwenden. Der zuständige Sachbearbeiter könnte die ­ Unterlagen in diesem Fall sofort an die Straf- und Bußgeldsachenstelle weiterleiten und die Beamten dort würden beginnen, strafrechtlich zu ermitteln. Statt "Selbstanzeige" sollte man in der Überschrift besser "Berichtigung meiner Steuererklärungen für die Jahre ..." schreiben.

Steuerdatenaustausch in Planung
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will sich trotz neuer Rekordwerte bei den Selbstanzeigen nicht nur darauf verlassen, dass verschärfte Regeln alle Steuerhinterzieher zum Umdenken bewegen. Nach seinem Willen soll es schon bald für Schwarzgeldbesitzer keine sicheren Zufluchtsorte mehr geben.

Auf einer "Weltsteuerkonferenz", die Deutschland in Kooperation mit der OECD am 28. und 29. Oktober 2014 in Berlin ausrichtet, will Schäuble mit Regierungsvertretern von mehr als 120 Staaten ein internationales Abkommen über den ­Informationsaustausch bei Finanzkonten unterzeichnen.

Über 60 Staaten haben bereits ihre Bereitschaft signalisiert, die Standards für einen automatischen ­ Datenaustausch einzuhalten - da­runter auch als Steueroasen verrufene Länder wie die Schweiz, Liechtenstein, Luxemburg, Singapur und die Kaimaninseln.

Setzen diese Staaten dieses Abkommen nach der Konferenz in nationales Recht um, hätte der deutsche Fiskus einen umfangreichen Datenzugriff auf Auslandskonten von Privatpersonen, Stiftungen und Firmenkonten, die Privatpersonen zurechenbar sind: Gemeldet werden sollen künftig neben dem Namen, der Adresse und der Kontonummer auch die Kontostände von Depots und Einzelkonten. Selbst Transaktionen sollen für deutsche Steuerbehörden transparent werden: Zinsen, Dividendenzahlungen und Wert­papiergeschäfte müssen getrennt ausgewiesen werden.

Für Schwarzgeldbesitzer dürfte damit die Zeit knapp werden: Das Abkommen sieht vor, dass die Daten ausländischer Bankkunden ab 2016 zwingend erfasst werden müssen - und ab 2017 automatisch von den Steuerbehörden des jeweiligen Heimatlandes abrufbar sind.

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