So werden Arbeitgeber und Angestellte eine unrentable betriebliche Altersvorsorge (bAV) durch eine Rückabwicklung los
In der Theorie ist die betriebliche Altersvorsorge in Form einer Direktversicherung eine sinnvolle Einrichtung.
Die Praxis sieht dagegen leider häufig anders aus. Viele Direktversicherungen knebeln Arbeitgeber und Arbeitnehmer und erweisen sich unter anderem aufgrund hoher Kosten als völlig unrentabel. Eine Rückabwicklung kann helfen, aus einer solche Falle zu entkommen.
Die Rückabwicklung von Lebensversicherungen steht schon seit geraumer Zeit im Fokus. Dabei geht es darum, dass sich Versicherte mit Hilfe eines Widerspruchs von einer Lebensversicherung lösen können. Sind die Widerspruchsinformationen des Versicherungsvertrags fehlerhaft oder unklar formuliert oder fehlen sie gänzlich, dann beginnt die normale Widerspruchsfrist nicht zu laufen. Verbraucher haben in diesen Fällen ein ewiges Widerrufsrecht.
Als Konsequenz muss die Versicherung rückabwickelt werden. Das Versicherungsunternehmen muss sämtliche Zahlungen des Kunden verzinst zurückzahlen - abgezogen werden darf lediglich ein kleiner Anteil für den Todesfallschutz. Die häufig üppigen Vertriebs- und Verwaltungskosten einer Lebensversicherung trägt bei einer solchen Rückabwicklung die Versicherung - und nicht der Versicherte. Allein deshalb ist eine solche Rückabwicklung für die meisten Versicherten deutlich lukrativer als eine Kündigung der Lebensversicherung. Aufgrund der Nullzinsen ist der Widerspruch oft auch die bessere Alternative zu einer Fortführung.
Was für individuelle Lebensversicherungen gilt, funktioniert auch bei Direktversicherungen, also bei der betrieblichen Form der Altersvorsorge. Dort schließt der Arbeitgeber eine Versicherung für seine Angestellten ab und zahlt Bestandteile des Gehalts ein. Insofern liegt das Recht zum Widerruf einer solchen Versicherung beim Arbeitgeber. Wichtigstes Argument für eine solche Direktversicherung ist häufig die Ersparnis bei Sozialbeiträgen und der Steuer: Denn jene Gehaltsbestandteile, die in die Versicherung einbezahlt werden, reduzieren das Gehalt und damit die Abgaben.
Doch diesem Vorteil stehen sowohl für Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer etliche Nachteile gegenüber. So erweist sich eine Direktversicherung als höchst unflexibel, wenn der Arbeitnehmer die Stelle wechselt. Häufig weiß der neue Arbeitgeber nicht, ob die Versicherung weitergeführt werden kann. Der bestehende Vertrag wird dann nicht selten beitragsfrei gestellt und dem Mitarbeiter wird angeboten, eine neue Direktversicherung abzuschließen.
Darüber hinaus bestehen bei einer Direktversicherung große Risiken, über die sich häufig weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer im Klaren sind. So haftet der Arbeitgeber für die zugesagten Leistungen. Dies ist insbesondere bei fondsgebundenen Produkten von angelsächsischen Anbietern ein echtes Problem: Das Gesetz sieht vor, dass mindestens 50 Prozent der eingezahlten Beträge jederzeit vorhanden sein müssen. Dies ist jedoch in der Praxis häufig nicht der Fall. Für den Arbeitgeber können hier ein bilanzielles Risiko sowie ein enormes Haftungspotenzial entstehen.
Zudem leiden auch Direktversicherungen unter dem grundsätzlichen Problem, das Lebensversicherungen im aktuellen Niedrigzinsumfeld haben: Häufig gelingt es aufgrund der hohen versteckten Kosten sowie der Kosten für Vertrieb und Verwaltung nicht, eine positive Rendite auf die eingezahlten Beiträge zu erwirtschaften. Zwar existiert immer noch eine (wenn auch geringe) Garantieverzinsung. Diese bezieht sich jedoch nicht auf die gesamten Beiträge, sondern auf das, was nach Abzug von Kosten und Risikoschutz übrig bleibt.
Unter dem Strich gilt also für viele Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer: Es gibt gute Gründe, eine bestehende Direktversicherung zu überdenken - insbesondere dann, wenn das Produkt hinter den Erwartungen zurückbleibt. Das ist leider bei vielen Anbietern eher die Regel als die Ausnahme. Eine Kündigung solcher Produkte ist dabei die schlechtere Lösung - denn dann bleibt angesichts der hohen Kosten, die zwischenzeitlich angefallen sind, wenig übrig.
Gelingt jedoch eine Rückabwicklung dann muss die Versicherung diese Kosten erstatten. Zudem schuldet die Versicherung bei kapitalgedeckten Produkten eine Nutzungsentschädigung für die eingezahlten Beiträge. Nicht selten können daher bei einem Widerspruch und der folgenden Rückabwicklung Rückflüsse erzielt werden, die massiv über jenen bei einer Kündigung liegen.
Arbeitgeber, die einige der genannten Schwierigkeiten bei ihrer betrieblichen Altersvorsorge erkennen, sollten daher die Möglichkeit eines Widerspruchs durch einen spezialisierten Berater für betriebliche Altersvorsorge prüfen lassen. Die Chancen dafür stehen gut: Experten schätzen, dass weit mehr als die Hälfte aller Verträge fehlerhaft sind und rückabwickelt werden können.
Voraussetzung für den Widerspruch einer betrieblichen Altersvorsorge ist, dass der Arbeitgeber keine Kapitalgesellschaft (GmbH/AG) ist, da diese nicht als Verbraucher eingestuft werden. Dieser Weg steht daher nur Unternehmen offen, die als Personengesellschaften firmieren (GmbH & Co KG, OHG, KG, GbR).
Im Rahmen einer Überprüfung durch einen Experten wird zum einen betrachtet, ob die Rückabwicklung juristisch möglich ist. Zum anderen können geeignete Sachverständige aufzeigen, welche wirtschaftlichen Auswirkungen der Widerspruch einer Direktversicherung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer hat. So kann bei Direktversicherungen mit schwacher Wertentwicklung die Rückabwicklung zu einem Notausgang werden, der sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmern nutzt.
Eine erste Anlaufstelle für eine solche Prüfung ist die Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info), die mit entsprechenden Experten zusammenarbeitet.
Roland Klaus arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info). Sie dient als Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Widerruf von teuren Kreditverträgen informieren und austauschen wollen und bietet eine kostenlose Prüfung von Widerrufsklauseln in Immobiliendarlehen an. Bekannt wurde Klaus als Frankfurter Börsenreporter für n-tv, N24 und den amerikanischen Finanzsender CNBC sowie als Autor des Buch "Wirtschaftliche Selbstverteidigung". Sie erreichen Ihn unter kontakt@widerruf.info
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.